Obdachlose in Hamburg: „Wir sind da, wir folgen deinem Ruf“
Mario Galgano - Città del Vaticano
„Wir sind da, wir folgen deinem Ruf“ - sie können sie fast alle auswendig, die Hymne von Fratello und damit das Lied der Romreise, auf die sich die meisten hier im Kirchenschiff des Kleinen Michel 2016 gemacht haben. Sie waren damals so voller Hoffnungen, so voller Erwartungen. Etwa 100 waren sie, darunter 70, die von Obdachlosigkeit betroffen oder geprägt sind, so wie Jan, der sich erinnert an Rom, als wäre es gestern gewesen:
Sein zum Zopf geflochtener Vollbart wackelt, Lachfalten knautschen in die fröhlichen Augen, nach der gemeinsamen Andacht sitzt er so in einer der Kirchenbänke und denkt gern an Rom.
Noch immer treffen sie sich einmal im Monat. Singen, beten, essen zusammen. Und das Erstaunliche: die Gruppe ist nicht kleiner geworden - sondern immer größer.
Pia-Mareike Heyne vom Betreuerteam fühlt sich da ganz ähnlich. Immer, wenn vorne viele ihre Fürbitten in den Weihrauch sprechen, und die mit ihren Gedanken und Gebeten in Gitarrenbegleitung ins Kirchenschiff aufsteigen, ist da kein „die“ und „ich“ mehr, sondern ein großes „wir“.
Der Jesuit Jan Roser hat damals nicht nur die Romreise für die Hamburger organisiert, er ist noch immer in Sachen Fratello engagiert dabei. Der geistliche Rektor der katholischen Akademie hier im Hause sitzt hemdsärmelig draußen auf der Stufe des Kirchenportals und sieht dem ersten Welt-Tag der Armen entgegen. Sie alle zusammen haben überlegt und geplant, und herausgekommen ist.
Dazu kommen dann noch Ausstellungen, Musik, Workshops, Gespräche und ein Film über die Pilgerreise zum Papst - also das ganz große Gedeck, wenn man so will.
Alle gehen gemeinsam
Und das ist das Geheimnis des Zusammenhalts im Fratello-Projekt: Es ist nicht ein weiteres Hilfsangebot für Menschen in prekären Lagen – nein, hier gehen sie alle gemeinsam: Betreuer, Arme, Bedürftige, Helfer, Sozialarbeiter. Das hat zur Folge, dass die sonst übliche professionelle Distanz sich auflöst. Philipp, der mal obdachlos war, schätzt genau diese Atmosphäre, gerade bei den Fürbitten:
Und Pia-Mareike Heyne auch. Ihr ist klar: genau diese früher ungehörten Stimmen sollen weiter einen Raum haben.
Und so wie es derzeit aussieht, wird es noch lange mit Fratello so weitergehen, vielleicht noch weiter wachsen. Und wer weiß, vielleicht übernächstes Jahr sind sie aus Hamburg dann wieder unterwegs nach Rom.
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