Österreich: Großquartiere wären „für christliche Asylwerber gefährlich“
Kämen Flüchtlings-Großquartiere in Österreich zur Umsetzung, würden darunter vor allem die zum Christentum konvertierten Asylwerber massiv leiden: Davor hat die Leiterin des Koordinationsbüros der Österreichischen Bischofskonferenz für Katechumenat und Asyl, Friederike Dostal, gewarnt. Dostal gab am Donnerstag im Interview mit „Kathpress" Einblicke in die Situation der Flüchtlinge und Asylwerber, die sich katholisch taufen lassen wollen. Dieser Schritt wird in den Herkunftsländern teils mit Todesstrafe oder Lynchjustiz geahndet. Mehr als die Hälfte der Erwachsenentaufen in Österreich fallen in diese Gruppe.
Derzeit seien zum Christentum konvertierte Asylwerber in Österreich grundsätzlich keiner Verfolgung ausgesetzt, wohl gebe es laut Dostal jedoch Berichte von Mobbing: „Immer wieder kommt es vor, dass sie in Flüchtlingswohnheimen die Waschküche oder das Bad nicht verwenden dürfen, da sie als unrein gelten." Gewalttätige Übergriffe wie in manchen deutschen Asylunterkünften gebe es nicht, was Dostal als Verdienst der „aufmerksameren Heimleitungen" hierzulande bezeichnete. Im Fall der Bildung von großen Grundversorgungszentren für Asylwerber, wie Regierungskreise sie vorgeschlagen hatten, würde sich die Situation jedoch schlagartig verschlechtern.
Eine Art von Mobbing sei auch, dass muslimische Vermieter konvertierten Asylwerbern oft die Wohnung kündigten. Es falle nämlich dem Umfeld auf, wenn sich jemand dem Christentum zuwende, erklärte Dostal: Die Taufbewerber zeigten „Veränderungen im Verhalten, die sich nicht verheimlichen lassen." Die Inhalte der einjährigen Taufvorbereitung, jedoch auch die dabei vorgesehenen Schritte, Riten und Gebete in der Pfarrgemeinde, zögen immer sichtbare Wirkungen nach sich.
Aus demselben Grund hält es Dostal für sehr unwahrscheinlich, dass die Taufe als schnelle Lösung für ein rechtliches Problem missbraucht werden könne. „Wer sie als Vorwand verwendet in der Hoffnung, dadurch als Flüchtling anerkannt zu werden, gibt in der Regel bald auf. Die Vorbereitung ist so intensiv, dass fehlendes Interesse am Glauben leicht auffällt. Man kann nicht ein Jahr oder länger eine Show durchhalten", so die Verantwortliche für das Erwachsenenkatechumenat. Sofern seitens der Kirche Unklarheit über die Motivation bestehe, würden Taufen immer wieder auch aufgeschoben. In manchen Fällen dauert das Katechumenat zwei bis drei Jahre, vor allem bei Verständnisproblemen und noch unzureichenden Deutschkenntnissen.
„Theologische” Asylprüfungen
Trotz der sorgfältigen Taufvorbereitung seitens der Kirchen würden Österreichs Behörden teils fragwürdig mit konvertierten Flüchtlingen umgehen, kritisierte Dostal. Einige Verfahrensleiter prüften etwa Fragen ab, „die auch österreichische Christen kaum wissen“, oder verwechselten selbst die Gebräuche der unterschiedlichen christlichen Konfessionen. So komme es vor, dass freikirchliche Asylwerber nach dem katholischen Messablauf oder nach Marienfeiertagen gefragt werden. Von Behördenseite heiße es, die Mitarbeiter würden dahingehend geschult.
Bereits seit dem Jahreswechsel 2016/17 sind laut Dostal die Chancen, mit christlicher Taufe Asyl zu bekommen, in Österreich rapide gesunken. In Extremfällen kämen die Asylbehörden zu „furchtbaren Fehleinschätzungen", besonders hinsichtlich der Lage im Herkunftsland. Afghanistan aufgrund der in der Verfassung festgeschriebenen Religionsfreiheit etwa als „sicheres Land" zu sehen – „mit der Begründung, es passiert einem eh nichts, wenn man Christ ist und zuhause bleibt" - sei „haarsträubend". Dostal sprach hier von einer „Vermischung von Fremden- und Christentums-Feindlichkeit". Insgesamt dürfe man die Behörden dennoch „nicht in Bausch und Bogen verurteilen".
Kurs für Taufvorbereitungs-Leiter
Weiterhin böten die österreichischen Pfarren den Flüchtlingen wertvolle Integrationshilfe, berichtete die Leiterin des Koordinationsbüros. „Sie unterstützen beim Sprachlernen, bei den Behördengängen, bei der Suche nach den Jobs oder der Wohnung, teils auch finanziell. Wichtig für die Integration ist zudem die Möglichkeit, dadurch mit Österreichern ins Gespräch zu kommen", so Dostal. Dieses Engagement laufe in vielen Pfarrgemeinden mittlerweile mit großer Routine.
Speziell für die Gruppe der christlichen Flüchtlinge würden zudem Glaubenskurse angeboten. Diese Aufgabe übernehmen Dostal zufolge meist hauptamtliche Mitarbeiter, ständige Diakone oder theologisch gebildete Menschen, denn gegenüber ehemaligen Muslimen sei fundiertes Wissen und Glaubensverständnis gefragt. „Gleichzeitig gibt es bei Katholiken noch eine große Unsicherheit, über den eigenen Glauben zu sprechen. Es ist für uns noch zu wenig selbstverständlich", befand die Expertin. Um die Situation zu verbessern, ist in der Erzdiözese Wien derzeit eine Schulung für Katechisten in Vorbereitung. Start des Pilotkurses ist im Herbst im Vikariat Nord.
Täuflinge aus Iran, Afghanistan und Irak
Weit mehr als die Hälfte der österreichweit 600 Erwachsenen, die laut Schätzungen im laufenden Jahr katholisch getauft werden, sind Asylbewerber oder anerkannte Flüchtlinge mit muslimischem Hintergrund. Sie stammen meist aus Iran, Afghanistan und Irak. Die erwartete Zahl liegt somit unter dem Vorjahresrekord von 863 Erwachsenentaufen, jedoch deutlich über den 433 Erwachsenentaufen im Jahr 2016 und den 323 im Jahr 2015.
(kap – gs)
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