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Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, nach der Audienz bei Papst Franziskus Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, nach der Audienz bei Papst Franziskus 

NRW-Ministerpräsident beim Papst: Gemeinsame Sorge um Europa

Gute Nachrichten für die Fakultät für katholische Theologie in Bochum: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hatte bei seinem Besuch bei Papst Franziskus eine Zusage im Gepäck, dass das Land die Fakultät weiter finanzieren werde – auch wenn dort keine Priester mehr ausgebildet werden.

Christine Seuss - Vatikanstadt

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Die Zusage werde in den kommenden Tagen durch einen „Notenaustausch“ zwischen dem Nuntius und dem Land festgelegt, erläuterte Laschet am Montag vor Journalisten. Das Überleben theologischer Ausbildungsstätten zu sichern, sei ein Thema, das dem Vatikan „sehr wichtig“ sei, sagte er mit Bezug auf sein Treffen mit Kardinalstaatsekretär Pietro Parolin, das im Anschluss an die Papstaudienz stattfand. Doch auch auf Landesebene bestehe großes Interesse daran, die Auseinandersetzung mit katholischer Theologie weiter zu fördern, betont der deutsche Politiker: „Weil wir es für wichtig halten, dass das, was katholische Theologie vermittelt, auch ihren Platz in der Wissenschaft hat. Gerade in dem Wandlungsprozess, in dem wir uns befinden.“

„Denn sonst erörtert man künstliche Intelligenz nur noch technisch, aber ohne den gesellschaftspolitischen Hintergrund, den man auch braucht.“

Mit Auslaufen der Steinkohleförderung beginne eine neue Ära der Industriegeschichte, die neue Arbeitsplätze sowohl in der industriellen Produktion als auch im Bereich der künstlichen Intelligenz, Cybersicherheit und ähnlichen Gebieten hervorbringen werde, umreißt Laschet seine Pläne für eine Zeit nach der Zeche:

„Und ich finde, gerade wenn man in so einem Wandlungsprozess ist, ist die Rolle der Geisteswissenschaften und der Theologie auch mit ethischen Antworten auf diese Grundfragen wichtiger denn je. Denn sonst erörtert man künstliche Intelligenz nur noch technisch, aber ohne den gesellschaftspolitischen Hintergrund, den man auch braucht. Das ist ja die Kernfrage selbst schon beim autonomen Fahren, entscheidet irgendwann der Algorithmus über Leben und Tod. Will man das? Will man eine Gesellschaft, in der das so ist? Wenn Sie da eine ethische Orientierung wollen, brauchen Sie den wissenschaftlichen ethischen Input in der Debatte. Und den kann man natürlich nur leisten, wenn man einen Apparat, eine Fakultät und Möglichkeiten des Forschens hat.“

„Deshalb wird man auch zu neuen Formen der Beteiligung von Laien kommen müssen - und ich habe den Eindruck, dass der Papst sowohl über die Stärkung der Rolle der Frau als auch des Diakonenamtes intensiv nachdenkt.“

 

Beteiligung von Laien und die Sorge um Europa

 

Ganze 40 Minuten dauerte das Gespräch zwischen Papst Franziskus und Armin Laschet, innerkirchliche wie internationale politische Fragen standen auf der Themenliste. Angesichts leerer Kirchen und Priesterseminare in Deutschland stelle sich die Frage, wie Gemeindeleben in 20 Jahren aussehen könne, gibt der engagierte Katholik Laschet zu bedenken. Für seine Sorgen sieht er bei Papst Franziskus ein offenes Ohr und auch Lösungsansätze am Horizont: „Deshalb wird man auch zu neuen Formen der Beteiligung von Laien kommen müssen - und ich habe den Eindruck, dass der Papst sowohl über die Stärkung der Rolle der Frau als auch des Diakonenamtes intensiv nachdenkt.“

„Wir erleben ja zurzeit eine Situation, dass immer mehr Leute sich aufs christliche Abendland beziehen, aber gar nicht mehr wissen, was das eigentlich ist“

Es ging bei der Privataudienz auch um Fragen des Zusammenhalts der Gesellschaft in Europa – ein Thema, bei dem Laschet sich ganz auf einer Linie mit dem Papst sieht:

„Wir erleben ja zurzeit eine Situation, dass immer mehr Menschen sich auf das christliche Abendland beziehen, aber gar nicht mehr wissen, was das eigentlich ist. Und dass sie es auch nicht mehr leben, sondern es vor allem als Abgrenzung gegen andere nutzen. Diese Debatte, dass viele Menschen christliche Symbolik betonen, aber der Inhalt vielleicht nicht mehr gelebt wird, das war schon Thema. Der Papst ermutigt, in diesem Dialog der Religionen, zwischen Juden, Christen und Muslimen weiter zu gehen, bei den Flüchtlingen den einzelnen Menschen in den Blick zu nehmen und ihn nicht einfach über seine Religion zu definieren. Sorge macht ihm, genauso wie mir auch, was in den europäischen Gesellschaften derzeit passiert.“

„Für diese europäische Idee zu werben - das ist schon etwas Besonderes, dass ein Papst aus Argentinien den Europäern so etwas ins Stammbuch schreibt.“

Denn die Verfechter des europäischen Projektes, so die Einschätzung des Ministerpräsidenten auch mit Blick auf die schwierige Regierungsbildung in Italien und das Aufkommen rechtspopulistischer Strömungen in allen europäischen Mitgliedsstaaten, würden immer weniger. „Hier für diese europäische Idee zu werben, das ist schon etwas Besonderes, dass ein Papst, der aus Argentinien kommt, das den Europäern ins Stammbuch schreibt“, so Laschet.

 

Papst setzt auf Deutschland

 

Der Papst setze sehr stark auf Deutschland und die Bundeskanzlerin, sowohl bei der Bewältigung der Flucht- und Migrationskrise als auch in der Krise der europäischen Idee, betont der CDU-Politiker. Dabei müsse die Suche nach gemeinsamen Werten der einzelnen Religionen in den Vordergrund gestellt werden, unterstreicht Laschet, der Deutschlands erster Integrationsminister überhaupt war – ein Detail, von dem sich auch der Papst sehr interessiert gezeigt habe: „Es gibt Dinge, die in allen Weltreligionen ähnlich sind, und auch über die zu sprechen, ist für Politik relevant. Glaube ist Privatsache, aber was hat die Religion für eine gesellschaftliche und politische Wirkung? Das können (in instrumentalisierter Form, Anm.) Hass und Abgrenzung sein, so wie einige sie auslegen, aber das kann auch manches Gemeinsame sein. Und das ist natürlich das, was den Papst auch bewegt.“

„Der Zwiespalt, in dem man sich bewegt: auf der einen Seite ein Diktator, auf der anderen Seite ein Garant für christliche Minderheiten und ihre Rechte.“

Bei den internationalen Themen standen der Nahost-Konflikt und die Lage der Christen in der Region, insbesondere im kriegsgemarterten Syrien, im Fokus: „Die Christen sind hier in einer besonderen Situation, vor dem Krieg waren die Lebensbedingungen für die Christen in Syrien mit die besten der ganzen arabischen Welt. Und das ist immer der Zwiespalt, in dem man sich bewegt: auf der einen Seite ein Diktator, aber auf der anderen Seite ein Garant für christliche Minderheiten und ihre Rechte. Und nun wird man in diesem Friedensprozess zu einer Situation kommen müssen, in der auch die Christen als Minderheit ihren Lebensraum im Nahen Osten behalten, in der Region, in der noch die Sprache Jesu gesprochen wird. Diese Wurzeln dürfen nicht verloren gehen. Und deshalb glaube ich, dass man da auch zu differenzierten Antworten kommen muss.“

Dies schließe das Bewusstsein dafür ein, dass der Westen in der Vergangenheit Fehler gemacht habe, unterstreicht Laschet das Nachwirken des Irakkrieges bis in die heutige Zeit: „Ein neuer Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten, aber bei jedem kriegerischen Konflikt waren die Christen die ersten Opfer - und das Bewusstsein auch in unseren Gesellschaften wachzuhalten, ist unsere Aufgabe.“

Mit dabei: Thomas Sternberg und Navid Kermani

 

Der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes hatte besondere Gäste bei seinem Vatikanbesuch mit dabei: Neben dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, war der muslimische Schriftsteller Navid Kermani Mitglied der Delegation. „Ich habe ihn mitgenommen, weil er Teil Nordrhein-Westfalens ist,“ erklärt Laschet seine Entscheidung, Kermani beim Papst einzuführen; „er ist der Staatspreisträger des Landes des letzten Jahres und publiziert sehr viel zum Zusammenhalt der Gesellschaft. Insofern sollte das auch ein Signal sein, dass er mitkommt.“

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28. Mai 2018, 14:42