Mariazell: Traditionelle Roma-Wallfahrt
Die Pilgerreise der Roma (vor allem aus dem Burgenland) in das steirische Marienheiligtum weist eine jahrhundertelange Tradition auf, die während des NS-Regimes unterbunden wurde. Im August 1996 ließen die österreichischen Roma-Vereine und der ehemalige langjährige Superior von Mariazell, Pater Karl Schauer, sie wieder aufleben.
Weihbischof Scharl ist in der Österreichischen Bischofskonferenz seit 2015 für die Roma und Sinti zuständig. Seither bemüht er sich, die Roma und Sinti verstärkt ins kirchliche Leben zu integrieren.
Auch finanziell noch viel Luft nach oben
Immer noch gebe es Ausgrenzungen von Roma und Sinti – in der Kirche wie in der Gesellschaft. Sie müssten überwunden werden, so Scharl im Interview mit der Nachrichtenagentur kathpress. „Wir müssen unser ehrliches Interesse an den Roma und Sinti unter Beweis stellen und ihnen zeigen, dass sie zur Kirche, zur Familie Gottes dazugehören."
Das seien nicht nur fromme Wünsche, es müsse sich auch in barer Münze zeigen, so der Bischof: Die Roma- und Sinti-Seelsorge brauche mehr Geld von den Diözesen. Finanziell, personell und inhaltlich gebe es in diesem speziellen Feld der Seelsorge noch „viel Luft nach oben“, appellierte der Bischof.
Sinti-Wallfahrt auch nach Karnabrunn
Die Mariazell-Wallfahrt der Roma ist nicht die einzige derartige Initiative in Österreich. Seit 2016 gibt es auch eine Wallfahrt der Sinti in die Weinviertler Pfarre Karnabrunn. Die jüngste Wallfahrt, der wieder Scharl vorstand, fand am 19. Mai statt. Zum Gottesdienst hatte der Sinti-Musiker Zipflo Weinrich bereits 2017 im Auftrag von Scharl eine eigene Komposition mit Sinti-Musik verfasst. Scharl begründete die Initiative damit, die Kultur der Sinti und Roma stärker in den katholischen Gottesdienst integrieren zu wollen. Ähnliche Messgesänge brauche es auch noch in der Musik der Roma, so Scharl.
Am 2. August war der Weihbischof auch erstmals bei einer Veranstaltung in Wien aus Anlass des internationalen Gedenktags des Roma-Genozids mit dabei. Insgesamt wurden von den Nazis während des Zweiten Weltkriegs rund eine halbe Million Roma und Sinti ermordet. Symbolisch dafür steht die Nacht vom 2. auf den 3. August, als 2.897 Roma und Sinti, Männer, Frauen und Kinder, in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ermordet wurden.
In Österreich leben rund 40.000 Roma und Sinti. Seit den 1990er Jahren bemüht sich die katholische Kirche verstärkt um die Roma und Sinti, sei es im Rahmen der Bischofskonferenz oder in einzelnen Diözesen wie im Burgenland. Viele Roma und Sinti sind römisch-katholisch, es gibt aber auch evangelische, orthodoxe und muslimische. Vor allem in den Städten wenden sich auch immer mehr Roma den Freikirchen zu.
Sorge um die Jenischen
Ein besonderes Anliegen ist Scharl auch die Seelsorge an den Jenischen. So nahm er etwa Mitte Juli an einer einwöchigen Wallfahrt der Jenischen ins Schweizer Kloster Einsiedeln teil. Die von der Schweizer Bischofskonferenz organisierte Woche war geprägt von Katechesen, Gottesdiensten, Bibelarbeit und der Vorbereitung vieler Jenischen auf Taufe, Erstkommunion und/oder Firmung, berichtete Scharl. Von diesen Erfahrungen wolle er auch für seine Arbeit mit den Jenischen in Österreich profitieren.
Die Volksgruppe der Jenische („Fahrendes Volk“) ist in Österreich offiziell nicht anerkannt. Demnach gibt es auch nicht einmal Schätzungen, wie groß die Zahl der Jenischen in Österreich ist. Für Deutschland, die Schweiz und Österreich zusammen wird oft die Zahl 100.000 genannt.
(kap – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.