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Auf die Wurzeln Europas könne man sich in der Beschäftigung mit dem heiligen römischen Reich besinnen, so Rektor Brandmayr Auf die Wurzeln Europas könne man sich in der Beschäftigung mit dem heiligen römischen Reich besinnen, so Rektor Brandmayr  

Brandmayr: Europa in der Anima

Die Europäische Union ist ein Friedensprojekt, ein Verbund von derzeit 28 Mitgliedstaaten, dessen Gründung auf die 1950er Jahre und auf das Trauma zweier Weltkriege in Europa zurückgeht. Der Rektor der deutschsprachigen Kirche Santa Maria dell’Anima in Rom, Franz Xaver Brandmayr, macht auf einen viel älteren europäischen Verbund aufmerksam, das Heilige Römische Reich, auf welches die „Anima“ genannte Kirche zurückgeht.

Die Anima feierte an diesem Wochenende ein wichtiges 500-Jahr-Jubiläum mit der Veröffentlichung eines prachtvollen Buches.

Christina Höfferer - Vatikanstadt

„Rektor Brandmayr, es gibt zwei wichtige Jahreszahlen für die Anima, und zwar das Jahr 1406 und das Jahr 1518. Inwiefern sind diese beiden Jahre bedeutsam für diesen Ort?“

Rektor Franz Xaver Brandmayr: „1406 ist sehr bedeutsam. Das ist die kanonische Gründung, wie wir sagen. Wir existieren seit 1350, aber 1406 wurden wir unmittelbar dem Papst unterstellt, und das sind wir bis heute. 1518 haben wir die Reichsunmittelbarkeit bekommen. Da wurden wir vom Kaiser Maximillian in Augsburg, am 12. Februar 1518 in den Stand der Reichsunmittelbarkeit, also in den Stand von Reichsfürsten erhoben.“

Vatican News: Warum ist diese Reichsunmittelbarkeit so nachhaltig wichtig für die Anima im Laufe der Jahrhunderte?

Rektor Franz Xaver Brandmayr: „Im Lauf der Jahrhunderte war es immer wichtig, weil wir uns immer entscheiden entscheiden mussten, wenn Papst und Kaiser gerade gegeneinander waren, auch wenn sie meistens miteinander gegangen sind, mit wem wir gehen. Da haben wir uns meistens für den Kaiser entschieden, muss ich sagen. Aber dann ist eines wichtig, dass im Jahr 1803 im Reichsdeputationshauptschluss ja alle reichsunmittelbaren kirchlichen Institutionen säkularisiert wurden. Die kleinen Fürstentümer wurden damals mediatisiert. Es sind damals zwei Dinge übrig geblieben: Das eine ist Liechtenstein, welches als einziges kleines Fürstentum nicht mediatisiert wurde. Und die Anima ist als einziges reichsunmittelbares kirchliches Institut nicht säkularisiert worden. Das kommt daher, dass Össterreich als einziges auf beide Fürstentümer, also auch die Anima, zurückgreifen konnte, und Österreich sich bewusst nicht beteiligt hat an diesem Raubzug, der der Reichsdeputationshauptschluss war.

„Die Anima müsste von Rechts wegen ein souveräner Staat sein“

Und dann geschieht noch etwas. 1806 wird das Reich aufgelöst, und alle Gebiete organisieren sich neu. Da bleibt als einziges Liechtenstein übrig, das daher ein souveräner Staat ist, und die Anima, die auch von Rechts wegen ein souveräner Staat sein müsste. Das anerkennen die Italiener natürlich nie. Aber für uns ist der Bezug zum Heiligen Römischen Reich immer noch wichtig. Denn die Priester, die hier sind, die können kommen aus allen Ländern, die einmal zum Heiligen Römischen Reich gehört haben.

Vatican News: Dieser Bezug zum Heiligen Römischen Reich manifestiert sich ja auch im Wappen der Anima.

Rektor Franz Xaver Brandmayr: „Im Wappen sind verschiedene Elemente. Am Brustschild ist die Mutter Gottes mit dem Kind und den beiden Seelen. Das war wahrscheinlich ein Hauszeichen, das der Anima auch den Namen gegeben hat. Dann kommt der Doppeladler dazu, der ist seit Martin V. Im Wappen. Da hat man wahrscheinlich schon vorbereitet, dass der Kaiser Sigismund, der dann nach Martin V. Kaiser wurde, 1433, den Doppeladler übernommen hat. Ich glaube, das ist jetzt eine Vermutung von mir, dass man damals schon einen Weg bereitet hat, um das byzantinische zu übernehmen. Der Doppeladler ist das Wappen des Kaisers.“

Vatican News: Inwiefern ist da der Bezug zu Byzanz gegeben, im Doppeladler?

Rektor Franz Xaver Brandmayr: „Weil Byzanz den Doppeladler schon früher geführt hat. Der Kaiser Sigismund ist der erste, der aufgrund der Kaiserkrönung dann den Doppeladler führt. Die Kaiser führen dann immer den Doppeladler.”

Vatican News: Im Überblick über die Geschichte der Anima bringen Sie eine europäische Dimension im Sinne eines modernen Europa ein. Wie sehen Sie die Anima im modernen Europa?

Rektor Franz Xaver Brandmayr: „Wir waren immer Europa. Wir waren immer mehr als nur eine Nation. Ich bin auch sehr stolz darauf, dass die Anima nie ein deutsches Nationalkolleg war. Das ist zwar oft auch aufgetaucht, dass wir die deutsche Nationalkirche sind, aber wir waren nie deutsch- national. Wir waren immer für dieses ganze Heilige Römische Reich zuständig, das auch ganz Skandinavien umfasste.

„Im Heiligen Römischen Reich hat man auch Kriege geführt, aber man hat nie aufgehört, miteinander zu reden. Das ist das Entscheidende“

Wir haben bis heute Leute aus Skandinavien im Haus. Das geht über Dänemark, denn irgendwie haben auch die skandinavischen Länder einmal zum Heiligen Römischen Reich gehört. Im Heiligen Römischen Reich hat man auch Kriege geführt, aber man hat nie aufgehört, miteinander zu reden. Das ist das Entscheidende. Ich glaube, das ist auch für Europa das Wichtige. Wir dürfen nicht aufhören miteinander zu reden, und dann wieder weiterzukommen. Dieses heilige römische Reich hat tausend Jahre existiert.“

(vatican news)

 

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29. Oktober 2018, 09:33