Kardinal Kasper sieht Ökumene in „Zwischenphase“
Die Ökumene, die ein „Geschenk des Heiligen Geistes“ sei, befinde sich in einer „Zwischenphase“, in der man nichts überspringen oder erzwingen dürfe, so Kasper: „Wir dürfen darauf vertrauen, dass der Heilige Geist nun auch weiterführt, was er angestoßen hat.“
In der Zeit seiner Jugend und seiner ersten Priesterjahre hätte es noch „furchtbare Schimpfwörter für die Lutheraner“ gegeben, erinnerte sich der heute 85-jährige aus Deutschland stammende Kardinal zurück. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) sei jedoch „viel in Bewegung gekommen“, Neues gewachsen und oft auch tiefe Freundschaft entstanden, und zwar auf persönlicher Ebene wie auch auf offizieller im Verhältnis der Kirchen zueinander. „Es vergeht keine Woche in Rom, wo der Papst nicht irgendwelche Repräsentanten anderer Kirchen empfängt – als Brüder und Schwestern. Und ein evangelischer Bischof ist für den Papst nicht einfach ein Laie“, verdeutlichte Kasper.
Wesentliche Fragen weiterhin offen
Wesentliche Fragen im Verhältnis zwischen den Kirchen seien jedoch weiterhin offen, bemerkte der frühere vatikanische „Ökumeneminister“. Er selbst halte es zudem für eine „Utopie, dass einmal alle Christen in einer Kirche sein werden“, sagte Kasper. „Aber ich sehe sehr viele Gruppen von anderen Christen, Orthodoxe wie Evangelische, die sehr nahe bei uns sind.“ Es sei daher eine „Frage der Zeit“ und erfordere Geduld, „dass zusammen wächst, was zusammen gehört“. Wesentlich sei dabei nicht nur die Theorie, sondern die gelebte christliche Praxis, so Kasper: „Ich habe manchmal den Eindruck, es gibt evangelische Christen, die sind mir näher als manche Katholiken, seien es ganz Liberale oder seien es Ultrakatholische.“
Klares Ziel sei für ihn eindeutig die „Eucharistiegemeinschaft“ als Zeichen der Kirchengemeinschaft, sagte Kasper in dem Interview. Man sei derzeit noch nicht soweit, um diese Gemeinschaft zu vollziehen. Hätten sich aber evangelische Christen mit katholischen Ehepartnern in einer katholischen Gottesdienstgemeinde beheimatet, sollten sie nach Kaspars Meinung zur Kommunion gehen können – „wenn sie persönlich überzeugt sind, dass sie den Leib des Herrn empfangen. Das ist schon die Bedingung. Und das Leben muss zum Sakrament passen.“
Eucharistie muss von Priestern geleitet werden
Die Eucharistie sei „Zentrum und Höhepunkt kirchlichen Lebens“ und könne nur von Priestern geleitet werden, betonte der Kardinal. Entsprechend könne auch die katholische Kirche zwar viele Aufgaben an Laien übertragen, dürfe dabei als „sakramentale Kirche“ jedoch „nicht ohne Priester sein“, weshalb die fehlenden Priesterberufungen in westlichen Ländern eine „Existenzfrage“ für die Kirche darstellten.
Dabei gebe es „vermutlich mehr Berufungen als wir denken. Viele kommen nicht zum Durchbruch“, fügte Kasper hinzu. „Viri probati“ – also in Ehe und Gemeinde bewährte verheiratete Männer, die zu Priestern geweiht werden – könne er sich in Einzelfällen vorstellen, und auch über die Änderung der Zulassungsbedingungen zum Amt „soll man diskutieren“. „Aber darin liegt nicht die erschöpfende Antwort“, betonte der Kardinal.
Wichtiger wäre es, in den Familien und Gemeinden „das Bewusstsein der Mitverantwortung für Berufungen wecken“, jungen Menschen in ihrem persönlichen Ringen „positive Unterstützung“ zu bieten und Mut zur bewussten Beziehung mit Jesus zu machen. „Versuchen wir wieder zu vermitteln, dass Priesterberufung etwas Positives ist“, sagte Kasper. Dazu gelte es auch der Überbelastung und Vereinsamung von Pfarrern entgegenzuwirken, u.a. durch Formen gemeinschaftlichen Lebens.
(kap - mg)
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