D: Beratungen über Missbrauch
„Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals wird zeigen, ob die Institution Kirche diese tiefe moralische Krise bewältigen kann“, so das Statement, das nahezu einstimmig verabschiedet wurde. Gelinge das nicht, stehe zu befürchten, „dass unsere Kirche in den Augen vieler Menschen sogar ihre Daseinsberechtigung verliert“.
Die Beratungen in Bonn beschäftigten sich vorwiegend kritisch mit den bisherigen Aufklärungsbemühungen der deutschen Bischöfe. Es fehle an konkreten Vereinbarungen, Zielen und Zeitplänen, so die mehr als 150 Vertreter von Räten, Verbänden, Vereinen und geistlichen Gemeinschaften.
Gegen „innerkirchliche, klerikalistische Machtstrukturen“
Mit „innerkirchlichen, klerikalistischen Machtstrukturen“ geht das ZdK hart ins Gericht. Laien und Geweihte müssten gleichermaßen an der Leitung von Kirche beteiligt, Frauen müsse Zugang zu allen kirchlichen Ämtern verschafft werden. Das Statement fordert auch die Abschaffung des Pflichtzölibats und mehr Anerkennung für „die vielfältigen Lebensformen und Lebenswirklichkeiten“ in der kirchlichen Sexualmoral.
Sternberg für unabhängiges Monitoring
ZdK-Präsident Thomas Sternberg sprach sich für eine unabhängige Kommission aus, die die Präventionsarbeit der 27 Bistümer in Deutschland kontrollieren und vereinheitlichen könne. Die sogenannte Gemeinsame Konferenz aus Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZdK solle ein solches Gremium aus Frauen und Männern bilden, die nicht in einem kirchlichen Anstellungsverhältnis stehen. „Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass wir zu einer einheitlichen Frage von Aufarbeitung, Bearbeitung und Prävention in Deutschland kommen. Das kann nicht 27mal unterschiedlich laufen!“
Außerdem dürften Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit in der Kirche nicht länger in einer Hand liegen. „Das ist übrigens alles andere als neu; vor vierzig Jahren wurde das bereits bei der Würzburger Synode gefordert. Jetzt liegen aber Vorarbeiten so vor, dass man das auch machen kann.“
Nicht verjährte Straftaten oder Beschuldigungen müssten der Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden. „Jedenfalls, solange die Staatsanwaltschaften noch nicht selbst tätig geworden sind. Das ist in einigen Bistümern bereits der Fall.“ Sternberg forderte außerdem eine neue „Reflexion über das Wesen von Kirche“. „Das bedeutet in der Konsequenz, diejenigen Strukturen aufzubrechen, die den Skandalen Vorschub geleistet haben. Echte Synodalität auf allen Ebenen, echte Verantwortung und Beteiligung für alle Gläubigen, für Männer und Frauen, gehört dazu.“ Die Kirche müsse auch ihr Verständnis von Sexualmoral der Welt gegenüber „dringend neu formulieren“.
„Die jüngsten Ankündigungen der deutschen Bischöfe wecken die vorsichtige Hoffnung, dass nun endlich konkrete Schritte folgen, insbesondere die Absicht, ein verbindliches, überdiözesanes Monitoring für die Bereiche Intervention und Prävention zu erarbeiten. Auch die Bereitschaft zum Aufbau einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit weist in die Richtung unserer Erwartungen.“ An erster Stelle müsse allerdings das Hören auf die Opfer von Missbrauch stehen, so Sternberg. „Es ist jetzt und nicht irgendwann die Zeit zum Handeln! Wenn sich in nächster Zeit nichts Entscheidendes tut, dann wird das verlorengegangene Vertrauen nicht mehr zurückzugewinnen sein!“
Kardinal Woelki: „Wir müssen uns schämen“
Der Kölner Kardinals Woelki machte in Bonn die Missbrauchsskandale mitverantwortlich für den Rückzug des katholischen Glaubens aus der Gesellschaft. Die „verbrecherischen Übergriffe von kirchlichen und nicht zuletzt von geistlichen Verantwortungsträgern gegenüber wehrlosen Kindern, die man ihnen guten Glaubens anvertraut hatte“, machten ihn fassungslos, so Woelki. „Schämen müssen wir uns auch der anfangs zögerlichen und halbherzigen Aufklärungsbemühungen.“
Erneut verwies der Kardinal auf die Bemühungen des Kölner Erzbistums, mit externer, unabhängiger Hilfe sowie in Kooperation mit den zuständigen staatlichen Instanzen, alle Fälle rückhaltlos zu klären und den Opfern so viel Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen, wie es jetzt noch irgend möglich sei.
Angesichts des Vertrauensverlustes sei es umso wichtiger, sich nun nicht in eine Wagenburgmentalität zu flüchten. Ausdrücklich hob Woelki die Bedeutung von katholischen Laienorganisationen für die Sicherung der Zukunft der Kirche und auch der Demokratie hervor.
(faz/domradio – sk)
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