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Österreich: Landau warnt vor politischem Klimawandel

In Sorge ob eines politischen wie gesellschaftlichen Klimawandels in Österreich zeigt sich Caritas-Präsident Michael Landau. In einem Interview am Sonntag ortete er u.a. „Empathie-Defizite“ in der Regierung, Maßnahmen wie die Kürzung der Mindestsicherung gingen an der Lebensrealität der Menschen vorbei.

Die von Innenminister Herbert Kickl angedachte Asyl-Verweigerung für Menschen, die mithilfe von Schleppern geflüchtet sind, bezeichnete Landau als „unanständig“. Ohne faire Verfahren zwinge die Regierung Menschen in die Hände der Schlepper und wolle sie zugleich dafür bestrafen, sagte er im APA-Interview.

„Wer in Europa Schutz sucht, muss diesen Schutz finden können, und die Grenzen Europas dürfen keine Grenzen des Todes sein“, so Landaus Standpunkt. „Im Gegenzug erwarte ich von Schutzsuchenden die Bereitschaft, sich einzugliedern und sich an die Gesetze zu halten. Das sind aus meiner Sicht klare Spielregeln.“ Ebenso müsse aber auch klar sein, dass Flucht kein Verbrechen und ein Generalverdacht gegen schutzsuchende Menschen eine Missachtung der Menschwürde sei.

„Die Bundesregierung ist die Ergebnisse schuldig geblieben“

Wer Schleppern das Handwerk legen will, müsse die Hilfe vor Ort ausweiten und legale Wege, wie Resettlement, auch umsetzen. „Die Bundesregierung ist hier die Ergebnisse schuldig geblieben“, verwies der Caritas-Präsident auf das Koalitionsabkommen. „Wenn die Bundesregierung Menschen, die auf verzweifelter Herbergssuche sind und vor Krieg und Verfolgung fliehen, nicht mehr helfen und keinen Schutz mehr gewähren will, wäre es zumindest ehrlicher, das offen zuzugeben.“

Im Zuge von Verhaltensregeln Asylwerber in Quartieren festzuhalten ist für Landau kein gangbarer Weg. „Hausordnungen sind sinnvoll, deshalb gibt es sie schon heute in allen unseren Einrichtungen“, meinte er dazu. „Und gerade wo es um Jugendliche geht, halte ich es für ganz wichtig, dass die Caritas, wie auch das Rote Kreuz, wie auch SOS Kinderdorf sich genau an die Bestimmungen des Jugendschutzes der jeweiligen Länder halten. Das tun wir selbstverständlich.“

Die Politiker sagen Hausordnung und meinen Stacheldraht...

Das Problem für Landau ist aber, „dass man manchmal den Eindruck gewinnt, die politisch Verantwortlichen sagen Hausordnung und meinen Stacheldraht, Securitys und scharfe Wachhunde. Das ist keine Hausordnung, das sind gefängnisähnliche Zustände“. Die kirchliche Position zum Thema Flucht sei jedenfalls klar: „Asyl ist heiliges Recht, und wir sollten dieses Heilige Recht auch in Österreich künftig achten.“

Zu seinem Resümee nach einem Jahr türkis-blauer Regierung befragt, meinte Landau wörtlich: „Wichtiger als neuer Stil ist guter Stil.“ Maßnahmen wie die Kürzung der Mindestsicherung gingen an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Stattdessen forderte Landau einen Pakt für soziale Sicherheit und gegen den „sozialen Klimawandel“.

„Der Ton wird rauer, das Klima kälter“

„Mit Sorge beobachten wir einen Klimawandel in unserem Land“, so der Caritas-Präsident: „Der Ton wird rauer, das Klima kälter.“ Über Menschen in Not werde abschätzig gesprochen, „ich habe den Eindruck, hier ist der gesellschaftliche Wertekompass ein Stück weit abhandengekommen oder verrutscht“. Für 2019 sollte für den Caritas-Präsidenten wieder gelten: „Armutsbekämpfung anstatt Bekämpfung armutsbetroffener Menschen.“

An die Bundesregierung und das Parlament appellierte Landau daher, die Reform der Mindestsicherung noch einmal zu überdenken, denn: „Dass hier ausgerechnet bei klassischen Familien gekürzt werden soll, ist aus Sicht der Caritas nicht nachvollziehbar.“ Es dürfe weder zu einem Anstieg der Kinderarmut, noch der Altersarmut kommen. „Hier erwarte ich mir von der Bundesregierung das unmissverständliche Versprechen: Kein Hartz IV in Österreich.“

Ein neues Gesetz zur Mindestsicherung darf für den Caritas-Präsidenten nicht an Ideologien Maß nehmen. „Ich habe den Eindruck, die Bundesregierung ist hier erstaunlich weit weg von der Lebensrealität armutsbetroffener Menschen. Da gibt es schwere Empathie-Defizite in diesem Bereich“, befand Landau.

„Härte nicht mit Größe verwechseln“

„Wer mit den Ängsten der Menschen spielt, schadet unserem Land“, richtete Landau der Regierung nach einem Jahr im Amt aus. „Heute glauben offenbar manche, wieder hart gegenüber Schwachen auftreten zu müssen, doch man sollte Härte nicht mit Größe verwechseln. Größe hat mit Menschlichkeit und Barmherzigkeit zu tun. Mitunter kann man den Eindruck gewinnen, dass manche Berater der Bundesregierung ein Interesse haben, gesellschaftliche Ängste zu bewirtschaften.“

Aufgabe jeder Bundesregierung sollte es für den Caritas-Präsidenten jedoch sein, Hoffnung und Zuversicht in den Menschen eines Landes zu stärken. „Ich wünsche mir für 2019 eine Kultur des Gesprächs, der fairen Suche nach Lösungen, des Bemühens um einen gemeinsamen Weg. Es liegt auch an uns, den Wertekompass neu auszurichten.“

(kap – sk)
 

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23. Dezember 2018, 13:32