D: „Laute Stimmen“, „persönliche Grenzen“
„Das Thema der Rolle der Frau beschäftigt uns und auch mich persönlich auf verschiedenen Ebenen“, so Kohlgraf. Tatsächlich seien auch in den Leitungsaufgaben des Bistums Mainz „zu wenige Frauen vertreten“. „Das stellt mich nicht zufrieden, und es wird Zeit brauchen, bis hier gerechtere Verhältnisse herrschen.“ Über das Thema müsse im Rahmen des „Pastoralen Wegs“ des Bistums „konkret“ gesprochen werden.
Zur Frage, ob die Kirche Frauen zu den Weiheämtern zulassen sollte, geht Kohlgraf von der lehramtlichen Erklärung von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1994 aus. Sie habe versucht, die entsprechende Debatte „ein für alle Mal zu beenden“. Dabei habe Johannes Paul allerdings „die Dynamik unterschätzt und gleichzeitig massiv unterschätzt, welches Gefühl von Ungerechtigkeit und Diskriminierung die kirchliche Praxis und Lehre bei vielen Gläubigen auslöst“. Kohlgraf wörtlich: „So kann man eine Debatte nicht (mehr) unterdrücken, und sie wird ja in zunehmender Heftigkeit geführt.“ Der synodale Weg, auf den sich die Kirche jetzt mache, müsse in diesem Bereich mehr hervorbringen als „gut gemeinte Erklärungen“.
Als Bischof nehme er jedoch auch „eine andere Seite“ wahr, die er nicht einfach „ignorieren und verschweigen“ könne, so der Mainzer Bischof. „Und ich gebe zu, dass die Unvereinbarkeit der Sichtweisen mich auch ratlos macht.“ Die lehramtliche Entscheidung von Papst Johannes Paul II. lasse sich heute nicht einfach „kippen“. „Es bedürfte meines Erachtens eines Konzils der Weltkirche, um überhaupt neu an diese Frage heranzugehen.“ Er sehe in dieser Frage „derzeit keine realistische Perspektive der Veränderung“.
Als Bischof stehe er hier auch „in einer Loyalitätsverpflichtung“, bemerkt Kohlgraf. „Regionale Sonderlösungen“ könne er sich in diesem Bereich nicht vorstellen. Auch weltkirchlich werde es „hier keine Mehrheit geben“. Die Frage habe „erhebliches Spaltungspotential“. „Und wenigstens ein bisschen bewegt mich die Frage, ob die letzten 2.000 Jahre Kirchengeschichte den Willen Jesu tatsächlich derart missverstanden haben sollten. Diese persönliche Gewissensfrage ist für mich nicht einfach zu beantworten.“
Leitungsfunktionen werden „zu sehr mit dem Weiheamt in der Kirche“ verbunden
Im Übrigen erreichten ihn auch „Stimmen, die aus einer anderen Richtung Druck machen“, schreibt der Bischof. „Die etwa bei Maria 2.0 vertretenen Positionen zur Rolle der Frau werden nicht von allen in der Kirche geteilt, bis hin zur Androhung einer Spaltung, wenn die deutschen Bischöfe den Weg der Öffnung weiter verfolgen.“ Die „lauten Stimmen von beiden Seiten“ führten ihn „oft an die persönlichen Grenzen“. Aus seiner Sicht würden Leitungsfunktionen „zu sehr mit dem Weiheamt in der Kirche“ verbunden. „Ich glaube, dass es realistische Möglichkeiten für Leitungsaufgaben für Nicht-Ordinierte gibt, die wir in keiner Weise ausgeschöpft haben. Vielleicht entwickeln sich neue Dienste und Ämter.“
(bistum mainz/vatican news – sk)
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