Frère Alois zu Missbrauch in Taizé: „Scham und Traurigkeit“
Mario Galgano und Hélène Destombes - Vatikanstadt
Die Missbrauchsvorwürfe machte die Gemeinschaft am Dienstagabend mit einem Brief öffentlich. Demnach haben sich fünf Betroffene an die im französischen Burgund ansässige Gemeinschaft gewandt. Zwei der beschuldigten Männer sind den Angaben zufolge seit mindestens 15 Jahren tot, der dritte lebt weiterhin in Taizé.
Er sei aber bereits „seit längerem“ nicht mehr an der Organisation der Taizé -Jugendtreffen beteiligt. Zur Nationalität von Beschuldigten und Opfern machte die ökumenische Gemeinschaft unter Verweis auf den Persönlichkeitsschutz keine Angaben.
Die Begleitung der Opfer sehe er als Priorität, betonte Bruder Alois im Gespräch mit uns.
„Ich glaube den Worten der Ankläger. Wir haben ihnen zugehört, denn im Laufe der Jahre haben wir gesehen, dass wir in unserem Ansatz weiter gehen müssen und dass wir der Staatsanwaltschaft über die Situation berichten müssen. Andererseits habe ich mit den Brüdern die Entscheidung getroffen, diese sehr traurigen Ereignisse, die Teil der Geschichte der Gemeinschaft sind, zu veröffentlichen.“
Opfer zuhören
Er habe viel daraus gelernt, indem er den Opfern zugehört habe, meint der Leiter der Taizé-Gemeinschaft. Das seien „solch tiefe Traumata“ und „unvorstellbar“ gewesen, was er gehört habe, doch hätten sich die Opfer auch „erleichtert“ gezeigt, „ein hörendes Ohr zu finden“.
„Ich empfinde Scham und tiefe Traurigkeit, besonders als ich den Opfern zugehört habe, weil die jungen Menschen uns vertrauen und in manchen Situationen wurde dieses Vertrauen verraten.“
Die Gemeinschaft von Taizé weist in ihrem Brief darauf hin, dass jede Aggression, ob alt oder neu, ob gegen einen Minderjährigen oder Erwachsenen und unabhängig davon, ob sie durch einen Bruder oder durch eine andere Person der Gemeinschaft ausgeübt wurde, per Mail an protection@taize.fr gemeldet werden könne. Ebenso empfiehlt die Gemeinschaft den Betroffen, sich an eine Opfervereinigung oder an die nationale Ansprechstelle für Missbrauchsopfer zu wenden.
Seit 70er Jahren kommen Tausende Jugendliche nach Taizé
Seit den 1970er Jahren kommen jedes Jahr Tausende Jugendliche aus Frankreich, der Schweiz und ganz Europa nach Taizé. Zuletzt waren es jährlich rund 70.000. Viele nehmen für mehrere Tage oder Wochen am geistlichen Programm der Gemeinschaft teil. Neben Gebeten und Gottesdiensten steht der Austausch über religiöse Fragen im Zentrum.
Der 1944 von Frère Roger Schutz gegründeten Gemeinschaft gehören aktuell rund 100 Männer aus 25 Staaten an. Drei Viertel leben in Taizé, ein Viertel in verschiedenen kleinen Niederlassungen in Asien, Afrika und Südamerika. Leiter der ökumenischen Gemeinschaft ist seit 2005 der aus Stuttgart stammende Frère Alois Löser (64).
(vatican news/kath.ch)
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