D: Debatte über staatliche Seenotrettung
Während die Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen weitergeht, suchen immer noch viele Schiffe auf dem Mittelmeer einen sicheren Hafen. UNHCR-Sprecher Chris Melzer betonte in der „Rheinischen Post“ an diesem Samstag: „Wir fordern schon lange mehr Seenotrettung, weil man Menschen einfach nicht ertrinken lässt." Im Mittelmeer gehe es um eine vergleichsweise kleine Zahl an Flüchtlingen: „Das kann für die EU kein Problem sein.“ Melzer erklärte, nicht alle Migranten müssten dauerhaft aufgenommen werden. Man müsse sie jedoch anhören.
CDU-Innenexperte Armin Schuster reagierte skeptischer auf Merkels jüngste Aussagen: Staatliche Rettungsaktionen animierten womöglich noch mehr Menschen, in die Boote zu steigen. Erfolgversprechender wären seiner Ansicht nach Vereinbarungen mit Ländern südlich der Sahara, nach dem Vorbild des EU-Türkei-Abkommens. Diese Länder könnten dafür finanzielle Hilfen und Visa-Erleichterungen für Fachkräfte bekommen. So könne illegale Migration verhindert werden. „Auch mir ist sehr daran gelegen, dass keine Menschen mehr im Mittelmeer ertrinken," so Schuster.
Sofortige Lösung für Aufnahme
Bislang seien etwa 15 EU-Länder dazu bereit, sich an einer sofortigen Lösung zu beteiligen, sagte Außenminister Heiko Maas am Sonntag in Berlin. Derzeit sprächen die Länder über eine konkrete Ausgestaltung einer solchen Lösung. Wenn es eine Einigung gebe, könne auch wieder über die Aufnahme der staatlich organisierten Seenotrettung nachgedacht werden. Dass es noch keine Einigung bei der Verteilung von Flüchtlingen gebe, bezeichnete Maas als „Armutszeugnis“ der EU. Zugleich betonte er, es müssten mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Situation von Menschen in Afrika zu verbessern.
Spanien bietet Hafen auf Menorca an
Während die Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland weitergeht, hat Spaniens Regierung dem Schiff „Open Arms" offenbar den nächstgelegenen spanischen Hafen auf Menorca angeboten. Das berichtete die Online-Ausgabe der spanischen Zeitung „El Pais“ am späten Sonntagabend. Zuvor hatte sich die Besatzung geweigert, den fünf Schiff-Tage entfernten südspanischen Hafen Algeciras anzulaufen.
Seit Mittwochabend liegt die „Open Arms“ vor Lampedusa; Menorca ist gut 900 Kilometer entfernt. Auf das Angebot, die Balearen-Insel anzusteuern reagierte Kapitän Marc Reig kritisch. Die Lage an Bord sei verzweifelt, man müsse die Menschen im nächstgelegenen Hafen an Land lassen, und das sei das 800 Meter entfernte Lampedusa. Allenfalls müssten sie dort zunächst versorgt und dann auf ein geeignetes Schiff gebracht werden, um nach Menorca zu gelangen.
Gerangel um Flüchtlinge
Italiens Transportminister Danilo Toninelli habe der „Open Arms“ in Aussicht gestellt, dass ein italienisches Schiff sie nach Menorca begleite und die nötige Unterstützung leiste, berichtete die italienische Zeitung „La Repubblica“ an diesen Montagmorgen. Wegen widersprüchlicher Anweisungen und Äußerungen italienischer Behörden verließ in Lampedusa bislang jedoch nur ein Teil der 134 Migranten die „Open Arms“, unter ihnen in der Nacht zu Sonntag 27 Minderjährige.
Vor allem Innenminister Matteo Salvini weigert sich nach vor, die verbliebenen 107 Menschen in Italien an Land zu lassen. Bereits am Mittwoch hatte ein italienisches Gericht dem Schiff das Einlaufen in nationale Gewässer erlaubt. Am Donnerstag hatte Italiens Regierungschef Giuseppe Conte erklärt, sechs EU-Länder seien bereit, die Menschen von der „Open Arms“ aufzunehmen. Französischen Medien zufolge würde Paris 40 Menschen aufnehmen. Über den Umgang mit der „Open Arms“ ist es nicht nur in der italienischen Regierung zu einem Zerwürfnis gekommen. Wie „El Pais“ weiter berichtet, kritisierte auch das spanische Außenministerium Salvini. Madrid drohe Rom mit Konsequenzen bis hin zum Menschengerichtshof in Den Haag.
(kna – vm)
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