D: Bischöfe wollen Entschädigung für Missbrauchs-Opfer ausweiten
Ackermann ist der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz; er trat zusammen mit Matthias Katsch, dem Sprecher des Opferverbands ‚Eckiger Tisch‘, vor die Journalisten.
„Es geht nicht um die Anerkennung des Leids, sondern um die Frage der Übernahme von Verantwortung für das angerichtete Unrecht“, so Katsch. „Und es geht auch nicht nur um die Tat oder die Taten, sondern es geht um die Folgen aus diesen Taten im Leben der Betroffenen.“
Verantwortungsübernahme durch Täter, aber auch durch Kirchenverantwortliche
Das sah Bischof Ackermann genauso. „Um noch einmal die Begrifflichkeit zu schärfen: Es geht hier um Anerkennung des erlittenen Unrechts, um die Verantwortungsübernahme durch Täter, aber auch durch Kirchenverantwortliche. Ich denke, diese begriffliche Schärfung ist hilfreich und richtig.“
Eine gemischte Kommission hat zwei Modelle ausgearbeitet, die liegen jetzt auf dem Tisch. Erstes Modell: Pauschale Entschädigung für Opfer – etwa 300.000 Euro pro Fall. Katsch stellte es so dar:
„Ein pauschales Verfahren, wo der Betroffene nicht jede einzelne, lebensbeeinträchtigende Folge des sexuellen Missbrauchs darstellen und belegen muss, wie das zum Beispiel im heutigen Opferentschädigungsgesetz der Fall ist, erspart den Opfern eine Menge. Es sorgt aber vor allem dafür, dass das Verfahren beschleunigt werden kann. Und da es zwar hohe Korrelationen gibt zwischen sexuellen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit und Jugend und bestimmten Folgen in der Lebensführung und im medizinischen Bereich, aber auch in der wirtschaftlichen Aktivität, der Berufstätigkeit von Betroffenen, kann man diese Folgen auch pauschal darstellen und sagen: Wir gehen davon aus, dass diese Folgen auch in deinem Falle in der von dir geschilderten Weise eingetreten sind und sprechen dir daher eine pauschale Entschädigung zu.“
Die Alternative? Ein individuell ausgerichtetes Entschädigungs-Verfahren, bei dem zwischen 40.000 und 400.000 Euro fließen sollen – je nach Schwere des Falls. Dieses Modell bräuchte nach Katschs Einschätzung „einen längeren Zeitraum, ein entsprechendes Entscheider-Gremium, einen Aufwand, einen Apparat, der dann tatsächlich im Einzelfall die angeführten Folgen analysieren, bewerten, kategorisieren muss“, so Katsch.
Beide Modelle haben Vor- und Nachteile
„Aus Sicht von Betroffenen ist die Pauschalisierung schonender und fairer, weil es im anderen Fall auch wieder davon abhängt, welche Tatbestände Betroffene geltend machen und wie sprachfähig sie sind und wieviel sie sich engagieren wollen in diesem Verfahren. Das kann auch wieder zu neuen Ungerechtigkeiten führen…“
Bischof Ackermann wollte sich vor der Presse noch auf keines der zwei Modelle festlegen; das werde „zügig“ von den Bischöfen entschieden. Beide Modelle hätten Vor- und Nachteile, die gelte es abzuwägen.
Bisher ca. neun Millionen Euro gezahlt
„Dazu sind eine Reihe von Fragen zu klären, insbesondere: Soll es künftig ein kombiniertes System aus einem Grund-Schmerzensgeld (Anerkennung) geben und einer darüber hinausgehenden Form der Entschädigung? Strebt man eine Fondslösung an? Wie sieht die Struktur der Gremien aus, die über die Anerkennungsleistungen entscheiden? Wie wird die Höhe der Anerkennungsleistungen so gestaltet, dass für die Betroffenen eine höhere Zufriedenheit erreicht wird, die aber von den Bistümern und Ordensgemeinschaften auch geleistet werden kann?“
Bisher galt ein System von Pauschalzahlungen – etwa 5.000 Euro pro Fall. Ackermann gab an, dass seit 2011 2.100 Missbrauchsopfer Anträge auf Entschädigung gestellt hätten; alles in allem seien etwa neun Millionen Euro geflossen. Für welches der zwei neuen Modelle die Bischöfe sich nun auch entscheiden werden: Es wird auf jeden Fall teurer als bislang.
(vatican news – sk)
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