D: Bistum Limburg gesteht Vertuschung von Missbrauch
Die Ergebnisse der juristischen Untersuchung hat Gatzka nun in einem Bericht zusammengefasst, der auf der Internetseite des Bistums Limburg dokumentiert ist. Dort finden sich auch die Stellungnahmen des Altbischofs Kamphaus sowie des damals zuständigen Personaldezernenten des Bistums, Helmut Wanka.
Den Erkenntnissen des Juristen zufolge hatte die Diözese erstmals 1997 von dem noch nicht verjährten Missbrauchsfall Kenntnis erhalten und mit dem Angebot von Therapien für Opfer und Täter reagiert. Außerdem habe der Personalverantwortliche auf das Opfer eingewirkt, um eine Strafanzeige zu verhindern. Seinerzeit habe es noch keine kirchliche Selbstverpflichtung zur Weitergabe von Informationen an die Strafverfolgungsbehörden gegeben, doch auch eine „kirchenstrafrechtliche Wertung“ der Handlungen des Priesters sei mit diesem Verhalten letztlich vereitelt worden, so der Bericht, der mit dem ehemaligen Personaldezernenten hart ins Gericht geht. Denn das völlige Fehlen von Vermerken in der Personalakte des Beschuldigten lege nahe, „dass der Personaldezernent agiert hat, ohne seine Vorgesetzten zu unterrichten, und das Geschehen bistumsintern nicht publiziert wurde“, schreibt Gatzka.
Nach einer mehrmonatigen Therapie sei der Priester wieder an seiner alten Wirkungsstätte eingesetzt worden, „ohne dass Vorkehrungen getroffen wurden, um der Wiederholung von Missbrauchstaten entgegenzuwirken“, heißt es in der erläuternden Pressemeldung des Bistums Limburg. Der Priester habe keinerlei Auflagen erhalten, und es habe keine Hinweise über die Missbrauchsvorfälle an seine direkten Vorgesetzten gegeben. Die Vorwürfe seien auch beim Wohnortswechsel und bei der Versetzung in eine andere Diözese unerwähnt geblieben.
Personaldezernent Wanka: „Ich bedauere zutiefst“
In einer persönlichen Erklärung bedauert der langjährige und damals verantwortliche Personaldezernent Helmut Wanka seine schwerwiegenden Fehler und bittet bei dem Betroffenen um Entschuldigung. Er schreibt: „Ich bedauere zutiefst, dass ich schwerwiegende Fehler in der Wahrnehmung und anschließenden Einschätzung eines nun feststehenden schweren sexuellen Missbrauchs an Herrn Moritz durch seinen Pflegevater Pfarrer B. gemacht habe. Ich bitte vorrangig und an erster Stelle das Opfer und dann auch die Gläubigen des Bistums Limburg um Verzeihung.“ Heute sei ihm klar, dass er entschiedener, hartnäckiger und präziser hätte nachfragen müssen, als der Betroffene sich an ihn gewandt hatte und heute habe er einen anderen Wissensstand, der dazu führe, dass er den erlittenen sexuellen Missbrauch anders bewerte und zu anderen Einschätzungen komme.
Hintergrund
Das Erzbistum Bamberg hatte Ende Dezember 2018 Strafanzeige gegen einen Priester des Bistums Limburg bei der Staatsanwaltschaft Marburg gestellt. Der Beschuldigte soll von 1986 bis 1993 einen minderjährigen Jungen mehrfach sexuell missbraucht haben. Die Taten sollen im Bistum Limburg verübt worden sein. Im Zuge der Berichterstattung zur MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch durch Kleriker in der katholischen Kirche hatte sich das Opfer bei der Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums Bamberg gemeldet. Während der Untersuchung der Vorfälle sei dem Priester die Ausübung jeglichen priesterlichen Dienstes untersagt worden. Nun liege der Fall bei der Glaubenskongregation, die über das weitere Verfahren gegen den Priester entscheiden müsse, so das Bistum Limburg in seiner Presseerklärung von diesem Mittwoch.
Die Aufklärung von Fällen sexuellen Missbrauchs im Bistum Limburg sei mit dem Bericht des externen Juristen jedoch nicht beendet, unterstreicht die Diözese mit Blick auf das im September gestartete Aufarbeitungsprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern. Konsequenzen aus der MHG-Studie“.
Neun Teilprojekte, um künftigen Missbrauch zu verhindern
In neun Teilprojekten, die grundsätzlich von Experten außerhalb des Bistums geleitet werden und je zur Hälfte mit Mitarbeitern und Externen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen besetzt sind, soll systemischen Problemen auf den Grund gegangen werden, die Missbrauch bisher begünstigt haben.
Dabei gehe es beispielsweise um die Überarbeitung der Aus- und Weiterbildung oder um die Weiterentwicklung von Konzepten zur Personalführung, aber auch um die katholische Sexualmoral und eine Neubewertung von Homosexualität, um die Rolle der Frau in der Kirche, um Klerikalismus und Machtmissbrauch, Kommunikation und Information oder kirchenrechtliche Konsequenzen im Sinne einer Gewaltenunterscheidung. Teilprojekt I. widmet sich der Aufarbeitung bisheriger Fälle sexualisierter Gewalt und nimmt umfassende Akteneinsicht. Ein weiteres Teilprojekt soll schon während des Prozesses für die Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen sorgen, indem rasch umzusetzende Ideen direkt eingeführt werden, erklärt das Bistum.
(pm - cs)
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