Fünf Jahre Enzyklika Laudato si'
„Die Botschaft des Papstes zur Überwindung weltweiter Armut, zu mehr Gerechtigkeit, zur Sorge um das gemeinsame Haus und zu einem anderen Umgang mit der Schöpfung bleibt hochaktuell“, sagt Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des deutschen bischöflichen Hilfswerks Misereor. In der Coronakrise und bei der Frage ihrer Bewältigung unterstreiche das Schreiben des Papstes seine Bedeutung und Dringlichkeit.
„Indigene werden kaum Zugang zu Intensivstationen bekommen, keine Beatmungsgeräte, kein Sauerstoff – das ist einer der Schmerzensrufe, die uns aus dem peruanischen Amazonasgebiet erreichen. Wie die Klimakrise bedroht das Coronavirus uns alle, aber nicht in der gleichen Weise“, so Spiegel. Sie verfolge Indigene, die afro-brasilianische Bevölkerung und Menschen, die in einkommensschwachen Gemeinden leben, besonders, weil diese Bevölkerungsgruppen bereits an unverhältnismäßig hohen Raten von Lungenkrankheiten leiden.
Die Pandemie bedrohe Sicherheiten existentiell und hebe Ungerechtigkeiten der Welt hervor. „Diese Schmerzensrufe klingen wie ein langanhaltendes Echo der Enzyklika Laudato si', die die soziale und ökologische Krise zusammen denkt“, so Spiegel. „Das Klima ist ein gemeinsames Gut von allen und für alle“, schreibt Papst Franziskus, und ein moderner Gemeinwohlbegriff sehe den Zugang zu Gesundheitssystemen, Bildung und weltweiten Rohstoffen ebenso für alle. Dies seien Güter, die nicht exklusiv sein sollten. Solche Gedanken und Worte von Papst Franziskus von gemeinschaftlichen Gütern wirkten in Politik und soziale Bewegungen hinein und beeinflussten die internationale politische Agenda.
Die Coronakrise bewältigen und daraus für andere Krisen lernen
„Die wirtschaftlichen Konjunkturprogramme öffnen eine Möglichkeit, das Gemeinwohl zu rehabilitieren. Der Wiederaufbau während und nach den Pandemie-Einschränkungen bieten eine Chance, um Produktionsmodelle und Konsumgewohnheiten an den Bedürfnissen der Verletzlichsten weltweit und der Schöpfung auszurichten, so wie es Papst Franziskus in Laudato si' gefordert hat“, sagt der Misereor-Hauptgeschäftsführer.
Spiegel appelliert an die Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Konzepte zur Erholung der Wirtschaft auf ihre Tauglichkeit für einen sozial-ökologischen Transformationsprozess und auf das Gemeinwohl hin zu überprüfen: „ Wir werden starke Stimmen brauchen, um Zukunftsinvestitionen sozial-ökologisch und vom Gemeinwohl her zu gestalten. Dazu wird es keinen Automatismus geben“. Gemäß den Forderungen in Laudato si’ werde deutlich, dass es einen Wandel unserer Lebens- und Produktionsweise brauche und die Überwindung eines zu stark ausgeprägten Individualismus.
Gestaltungsmöglichkeiten bei EU-Ratspräsidentschaft
Der Zeitpunkt für die Weichenstellungen eines solchen Wandels könne z.B. mit der Erhöhung des europäischen Klimaziels deutlich weitergeführt werden, was Konsequenzen für den fossilen Rohstoffverbrauch und für Investitionen in erneuerbare Energien habe. Eine konkrete Gestaltungsmöglichkeit ergebe sich für Deutschland bei der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte, die stark von den Auswirkungen der Pandemie geprägt sein werde.
(pm – sk)
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