Schweiz: „Fitnesszentren ja, Gottesdienste nein - das geht nicht!“
Für die Religionsgemeinschaften wäre es an der Zeit, die wegen des Versammlungsverbots verfügten Schließungen von Kirchen, Moscheen und Synagogen rasch aufzuheben. Wir sprachen darüber mit der Sprecherin der Schweizer Bischofskonferenz, Encarnacion Berger-Lobato.
Gemäß der aktuell geltenden Regelung dürfen Kirchen und Gotteshäuser anderer Religionen in der Schweiz erst ab 8. Juni wieder für ordentliche Gottesdienste geöffnet werden. Die Schweizer Bischofskonferenz hatte vor einer Woche eine Öffnung der Kirchen rechtzeitig zu Auffahrt (21. Mai) und Pfingsten (31. Mai) gefordert. Warum sind derzeit in der Schweiz im Gegensatz zu anderen Ländern keine Beteiligung an Gottesdiensten möglich?
Die Schweiz kommt erst jetzt aus dem Lockdown in Folge der Corona-Krise heraus. Der Bundesrat (die Regierung des Landes, Anm. d. Red.) hat entschieden, dass dies womöglich in zwei Etappen geschehen soll. Die erste Etappe hatte Stichtag 11. Mai, was bereits am 29. April bekannt gegeben wurde. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften waren da nicht berücksichtigt worden. Die nächste Etappe beginnt am 8. Juni. Die Schweizer Regierung wird am 27. Mai bekannt geben, welche Öffnungen dann möglich sein werden. Die Schweizer Bischofskonferenz hofft natürlich ganz fest, dass die Gottesdienste spätestens ab dem 8. Juni wieder möglich werden.
Was sind denn die Argumente der Bischofskonferenz zur Wiederzulassung der Teilnahme an den Heiligen Messen?
Die Schweizer Bischofskonferenz hat bereits am 27. April der Regierung ein Rahmenschutzkonzept vorgelegt. Das war zwei Tage vor der Bekanntgabe der Lockerung des Lockdowns. Wir sind bereit und haben das Konzept. Das Ganze ist sehr detailliert. Wir legen selbstverständlich großen Wert auf die Sicherheit sowohl der Gläubigen in den Kirchen als auch für die Mitarbeiter im kirchlichen Dienst. Aus unserer Sicht gibt es derzeit keine Argumente, die in der Schweiz gegen eine Öffnung der Gottesdienste für das Volk sprechen würden.
Ihr habt euch in der Zwischenzeit mit Vertretern der Politik getroffen. Gibt es denn gemeinsame Aktionen aller Landeskirchen und Religionsgemeinschaften oder gar gemeinsame Vorstöße, um von den Behörden grünes Licht zu bekommen?
Ja, da gab es verschiedene Aktionen. Im April fand ein Treffen zwischen der Bundesrätin Kathrin Keller-Sutter und den Vertretern der drei Landeskirchen statt. Das war zwar in einem anderen Zusammenhang, aber dort wurden bereits die Anliegen der Landeskirchen vorgetragen. Damals hoffte man auf eine schnellstmögliche Öffnung der Gottesdienste. Dann gab es einen Brief des Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Felix Gmür, an den Gesamtbundesrat. Darin äußerte er sein Verständnis für die Maßnahmen der Regierung, zeigte aber dennoch die Unlogik auf, gewisse Aktivitäten zuzulassen, wie beispielsweise die Öffnung von Fitnesszentren, aber den Zugang zu den Gottesdiensten nicht zu gestatten. Zusätzlich gab es am Dienstagnachmittag ein Treffen zwischen Bundesrat Berset, der Gesundheitsminister ist, und dem Schweizerischen Rat der Religionen, an dem auch der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz teilnahm. Da wurde wieder die Bitte vorgetragen, die Gottesdienste wieder zuzulassen. Wir hoffen, dass mit Auffahrt und Pfingsten wieder die Teilnahme an Messfeiern möglich sein wird. Diese Bitte hat der Präsident der Bischofskonferenz in einem Schreiben an den Gesamtbundesrat gerichtet. Bis heute ist noch keine Antwort bei uns eingetroffen.
Wie geht denn generell die katholische Kirche in der Schweiz und die Bischofskonferenz mit dem Corona-Problem um? Was sehen die Richtlinien vor, die ihr erlassen habt?
Die Bischofskonferenz hat jedes Mal, wenn der Bundesrat Maßnahmen bekanntgab, sofort darauf reagiert. Die Bischofskonferenz hat auch dargelegt, wie die einzelnen Bistümer damit umgehen. Vor allem stützen wir uns auf das erwähnte Rahmenschutzprogramm. Das regelt sehr detailliert, wie Gottesdienste in Zukunft wieder möglich werden sollen. Aus unserer Sicht spricht nichts dagegen, Gottesdienst-Teilnahme zu erlauben. Es ist schwer zu vermitteln, dass dies derzeit nicht möglich sein soll. Wir bekommen auch immer mehr Anfragen und Reaktionen, die sich dazu äußern.
Das Gespräch führte Mario Galgano.
(vatican news)
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