Unser Sonntag: Die Kirche, Werkzeug des Friedens
Kaplan Thomas Widmer - Schweizer Garde
Hochfest Pfingsten
Joh 20,19-23
Wir feiern Pfingsten. Pfingsten hatte schon im Alten Testament seine Bedeutung. Die Juden feierten Pfingsten 50 Tage nach Ostern. Aufgrund dieser 50 Tage erhielt das Fest die rabbinische Bezeichnung: Fest der fünfzig Tage – Pentekoste, woraus das deutsche Pfingsten entstanden ist. Es handelt sich dabei nicht um ein Erinnerungsfest an irgendein Ereignis aus der Geschichte des Volkes Israels, sondern war im Grunde genommen ein Erntedankfest.
Dabei pilgerten die männlichen Juden zum Tempel nach Jerusalem. Später kam die Erinnerung an die Gesetzesübergabe auf dem Berg Sinai dazu. Ja, 50 Tage nach der Befreiung aus der Sklaverei der Ägypter, 50 Tage nach dem jüdischen Ostern, wurde dem Volk das Gesetz des Mose gegeben. So waren also die gläubigen Juden in Jerusalem versammelt. Sie dankten Gott für seine Gaben und ihnen war gleichzeitig bewusst, dass sie die Gebote Gottes empfingen. Es waren in Jerusalem aber auch die Jünger Jesu, welche nach der Himmelfahrt ihres Herrn sich im Abendmahlsaal versammelten, um inständig um die Herabkunft des Beistandes zu beten. Der Herr hatte ihnen ja einen Beistand verheissen.
In dieser Situation geschieht es, dass vom Himmel her ein heftiges Brausen kommt. Der heilige Geist kam herab und in der Gestalt von Feuerzungen legte er sich auf Maria und die Apostel.
Und dann heisst es in der Apostelgeschichte: «Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab»(Apg 2,4).
In der Tat, die zahlreichen Männer aus den verschiedensten Regionen und Ländern konnten einander verstehen. Petrus begann in der Kraft des Heiligen Geistes zu sprechen. Alle konnten ihn verstehen. Seine Worte führten nicht zu Auseinandersetzung und Zurückweisung. Im Gegenteil: Es entstand Einheit und Geschwisterlichkeit, ganz anders als beim Turmbau von Babel. Damals ging es um die eigene Bravour, einen Turm zu bauen. Die Menschen vertrauten lediglich auf ihre eigene Kraft. Es ging um ihre eigene Ehre. Gott hatte da nichts zu sagen. Und so kam es, dass sich die Menschen von einander trennten und zerstreut wurden.
Der Heilige Geist schafft die Herzen neu
Hier geschieht das Gegenteil. Der heilige Geist zerstreut nicht, nein, er führt zusammen in der neuen Gemeinschaft.
Der Heilige Geist schafft die Herzen neu. Er bewirkt, dass das Wort der Apostel auf fruchtbaren Boden fällt. Die Menschen nehmen das Wort auf. Sie lassen sich taufen und finden zu Gott Vater, durch Christus im Heiligen Geist. Es entsteht die neue Gemeinschaft der Kirche.
Dieses im Heiligen Geist sein, hinterlässt Einheit, die Einheit der Kirche, wie sie von Christus gedacht ist. Es hinterlässt aber eine weitere wertvolle Frucht der Gegenwart dieses Geistes, welche der neuen Gemeinschaft der Kirche gegeben ist: Es ist der Friede, den Jesus seinen Aposteln im heutigen Evangelium wünscht.
Ja, der Gruss Jesu im soeben gehörten Evangelium ist nicht einfach irgendein Gruss. Es ist nicht einfach irgendein frommer Wunsch, dass es den Jüngern wohlergehen möge. Nein. Wenn Jesus sagt: «Friede sei mit euch»(Joh 20,21), dann meint er damit, dass die Gegenwart des heiligen Geistes einen wahren, inneren Frieden in der Tiefe des menschlichen Herzens hinterlässt. Es ist ein Friede, der die Welt nicht geben kann (vgl. Joh 14,27). Es ist das Bewusstsein und die Freude, in Gemeinschaft mit Gott zu sein. Es ist der Friede, der sich durch die Vergebung der Sünden im eigenen Herzen einstellt. Es handelt sich um den Frieden Gottes, der alles Verstehen übersteigt (Phil 4,7). Es handelt sich um den Frieden, der Jesus Christus selber ist (vgl. Eph 2,14). Der Schweizer Landespatron, der hl. Bruder Klaus, drückt dies mit den Worten aus: «Fried ist allweg in Gott, denn Gott ist der Fried».
Neuer Friede mit Gott durch das Sakrament der Beichte
Der Friede ist aber nicht einfach mit einer Gefühlsduselei zu verwechseln. Nein, er ist eine innere Ruhe, die das Bewusstsein schenkt, in Gemeinschaft mit Gott zu sein, in der Gnade Gottes zu sein. Jeder Einzelne der Gemeinschaft der Glaubenden ist gerufen, diesen Frieden Gottes im eigenen Herzen immer aufrecht zu erhalten, ihn neu zu suchen, wenn er verloren gegangen ist. Immer und immer wieder wird er uns neu zu gesprochen und erneuert in der Liturgie der Kirche. So spricht etwa der Priester bei der Eucharistiefeier die Worte: «Herr Jesus Christus, schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche und schenke ihr nach deinem Willen Einheit und Frieden». Und dann ruft er den Menschen zu: «Der Friede des Herrn, sei allezeit mit euch».
Sollte der Friede zerstört worden sein, so wird er auf erbaut und neu empfangen durch den regelmässigen Empfang des Bussakramentes, durch welches Jesus Vergebung schenkt und von dessen Einsetzung durch Christus wir im heutigen Evangelium vernommen haben: «Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben. Wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert. (Joh 20,23)» Die Kirche, die an Pfingsten entsteht, soll also Werkzeug des Friedens sein. Dies nicht nur durch Friedensinitiativen und Dialog in angespannten Situationen, welche es selbstverständlich auch braucht; nicht nur durch gute Taten, Zuhören und Respekt, welche zu Einheit und Frieden beitragen und zu welchen uns der Herr als Christen auffordert.
Der Heilige Geist baut Gemeinschaft auf
Die Kirche soll auch Werkzeug des Friedens sein, ganz zentral, durch die Gabe Gottes, den heiligen Geist selbst, der an Pfingsten auf die Menschen herabkam und der auch heute immer wieder neu durch den Auftrag der Apostel und seiner Nachfolger und Mitarbeiter, durch das sakramentale Wirken, das ihnen von Christus aufgetragen wurde, ausgegossen wird und so die Gemeinschaft aufbaut.
Möge auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, der Braut des hl. Geistes und der Königin des Friedens, dieser heilige Geist, gerade in schwierigen Zeiten, in Zeiten der Ungewissheit und des Verlustes, in Zeiten des Schmerzes und der Entbehrung jedem von uns, der jetzt diese Gedanken hört, den Frieden schenken, einen tiefen, inneren Frieden, der tröstet und Herzenswärme schenkt und so das Bewusstsein verleiht: Wir gehören zusammen. Wir sind miteinander in Gott verbunden. Wir sind sein Volk. Wir sind seine Kirche, die gemeinsam vorwärts geht, trotz aller Stürme unserer Zeit, denn der Heilige Geist ist uns gegeben und er wirkt auch heute.
(radio vatikan - claudia kaminski)
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