D: Für ein kritisches Nachdenken der Kirche
Es sei „überraschend“, wie viele Gemeinden „zügig und kreativ“ auf die Herausforderungen eines abrupten Shutdowns reagiert hätten, etwa durch liturgische Angebote im Netz, so Müller. „Andere Gemeinden aber waren wie gelähmt und vermittelten den Eindruck, die Kirche sei in Corona-Zeiten abgetaucht.“ Gemischt sei das Bild auch, was etwa die Ebene der Bistümer betreffe.
„Jetzt besteht die Gefahr, dass die leeren Kassen ein solches Maß an Kräften absorbieren, dass für grundsätzliche Reflexionen keine Zeit und Energie mehr bleibt“, fürchtet der Pastoraltheologe. „Dies wäre fatal, denn eine gute Reflexion des Getanen ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Weichen für die Zukunft richtig gestellt werden können.“
„Ernstfall von Pastoral“
Alle Bereiche der Kirche, auch die wissenschaftliche Theologie, müssten sich prüfen, ob sie auf den „Ernstfall von Pastoral“ die richtigen Antworten gefunden hätten. Dabei solle das Nachdenken aber „weder im reinen Verteidigungsmodus erfolgen noch den Charakter der Selbstzerfleischung annehmen“.
Müller weist darauf hin, dass angesichts der Pandemie in der Kirche einiges Neue entstanden sei, vor allem in den Pfarreien. „Es wäre bedauerlich, wenn solche Initiativen bei der Rückkehr zur gesellschaftlichen und pastoralen Normalität wieder im Sande verlaufen würden.“
Nicht zu schnell von Chance sprechen
Allerdings sollte man jetzt nach Müllers Dafürhalten auch nicht allzu schnell von einer „pastoralen Chance“ sprechen. Da sieht er nämlich die „Gefahr, die Notsituation von Menschen für eine bessere kirchliche Reputation verzwecken zu wollen“. Das sei eine „Verlockung, der eine durch den Missbrauchsskandal arg ramponierte Kirche keinesfalls erliegen sollte“.
(katholisch.de – sk)
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