Deutschland: Georg Ratzinger ist tot
Georg Ratzinger wurde 96 Jahre alt und war der letzte enge Familienangehörige des früheren Kirchenoberhaupts. Von 1964 bis 1994 war der Priester Domkapellmeister sowie Leiter der Regensburger Domspatzen.
Der drei Jahre jüngere Joseph Ratzinger war am 18. Juni überraschend aus dem Vatikan zu einem fünftägigen Besuch seines Bruders nach Regensburg gereist, nachdem sich dessen Gesundheitszustand in den Tagen zuvor verschlechtert hatte. Täglich verbrachten die beiden Geschwister, die sich seit jeher sehr nahe standen, jeweils mehrere Stunden miteinander.
Das Familiengrab der Ratzingers befindet sich auf dem Ziegetsdorfer Friedhof am Regensburger Stadtrand. Dort sind die Eltern der Brüder und ihre Schwester Maria begraben.
Laufbahn
Georg Ratzinger wurde 1924 in Pleiskirchen bei Altötting geboren. Seit er elf Jahre alt war, spielte er in seiner Heimatgemeinde die Orgel. 1935 trat er in das kleine Seminar von Traunstein ein, wurde aber 1942 für den Reichsarbeitsdienst und anschließend die Wehrmacht rekrutiert. Als Gefangener der Allierten verbrachte er seit März 1945 einige Monate in Haft in Neapel, bevor er nach seiner Freilassung wieder zu seiner Familie zurückkehren konnte. 1947 trat er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Joseph in Seminar Herzogliches Georgianum in München ein. 1951 erhielt er zusammen mit seinem Bruder vom Münchner Kardinal Michael von Faulhaber die Priesterweihe.
Neben seinem priesterlichen Dienst studierte Georg Ratzinger Kirchenmusik an der Münchener Musikhochschule. Nach seinem ersten Engagement als Chordirektor in Traunstein wurde er 1964 als Domkapellmeister an den Regensburger Dom berufen, wo er damit auch den Domspatzen vorstand. In Ratzingers Amtszeit, die 1994 endete, fiel unter anderem das 1.000-jährige Jubiläum des berühmten Knabenchors. Er war mit zahlreichen Konzerten auf Welttournee und leitete viele Aufnahmen für die Deutsche Grammophon, Ars Musici und andere wichtige Plattenfirmen mit Produktionen, die der Musik Bach, Mozart, Mendelssohn und anderer Autoren gewidmet sind.
Am 22. August 2008 dankte Benedikt XVI. dem Bürgermeister von Castel Gandolfo, der Georg die Ehrenbürgerschaft verliehen hatte, und sagte dabei über seinen Bruder: „Seit Beginn meines Lebens war mein Bruder für mich immer nicht nur ein Begleiter, sondern auch ein verlässlicher Führer. Er war für mich ein Orientierungs- und Bezugspunkt mit der Klarheit, der Entschlossenheit seiner Entscheidungen. Er hat mir immer den Weg gezeigt, den ich einschlagen musste, auch in schwierigen Situationen".
Wirklich begeistert war Georg von der Wahl seines Bruders zum Papst nicht, hatte er in Interviews und Gesprächen mehrfach bestätigt. Zerplatzte damit doch der Traum vom gemeinsamen Lebensabend in der bayerischen Heimat und auch die gegenseitigen Kontakte mussten sich dem Arbeitsprogramm des Papstamtes unterordnen. Dennoch akzeptierte Georg den „Willen Gottes“, der sich in der Entscheidung der Kardinäle für seinen Bruder als Papst zeigte. Auch in den kommenden Jahren hörten sich die Brüder regelmäßig. Wie Georg Ratzinger selbst erklärt hatte, hatte er ein Telefon, dessen Nummer nur sein Bruder kannte...
Stete Begegnungen im Vatikan
Einen möglichen Rücktritt des Papstes, sollten seine Kräfte nicht mehr für das Amt ausreichend sein, hatte Georg Ratzinger schon frühzeitig nicht ausgeschlossen. Und er sollte auch unter den ersten sein, die Monate vor der öffentlichen Verkündigung von den Rücktrittsabsichten seines Bruders in Kenntnis gesetzt wurde. Kurz nach der Bekanntgabe erklärte er gegenüber den Medien, dass das Alter sich eben bemerkbar mache – und sein Bruder sich einen ruhigeren Lebensabend wünsche. Trotz seiner gesundheitlichen Probleme fand er noch jahrelang die Kraft, immer wieder von Regensburg nach Rom zu reisen – und seinem Bruder im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan Gesellschaft zu leisten.
Nun, in den letzten Tagen seines Lebens, war es sein Bruder Joseph gewesen, der angesichts des sich verschlechternden Zustands seines Bruders die Strapazen der Reise auf sich genommen hatte, um sich in langen persönlichen Begegnungen von ihm zu verabschieden.
(vatican news – gs)
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