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Österreich: Weihbischof kritisiert „inhumanen" Strafvollzug

Der für Gefangenenseelsorge zuständige Wiener Weihbischof Franz Scharl ist in Sorge angesichts eines Trends zu härteren Strafen ohne Blick auf das Einzelschicksal. Langfristig könne Strafe allein keine Probleme lösen, vielmehr gelte es, Menschen Perspektiven zu eröffnen, so der eindringliche Aufruf des Wiener Geistlichen.

„Durch die von Politik und Medien verstärkten Rufe nach härteren Strafen werden eine menschenwürdige Behandlung von Straftätern sowie ihre Resozialisierung viel schwieriger gemacht", sagte Weihbischof Scharl im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress.  

Plädoyer für die elektronische Fußfessel

Gefängnisse seien heute häufig „Fabriken des Verbrechens" statt dazu beizutragen, dass sich Gefangene nach ihrer Freilassung wieder in die Gesellschaft integrieren können und nicht mehr rückfällig werden, kritisierte Scharl. Besser wäre es seiner Meinung nach, „Gnade der Strenge vorzuziehen und Prävention der Inhaftierung", so der Weihbischof, der hier zu einer häufigeren Anwendung der elektronischen Fußfessel aufrief: Statt Menschen in Gefängnissen zu „hospitalisieren", könne damit eine kontrollierte Arbeitstätigkeit ermöglicht und die „Entwürdigung" von Personen verhindert werden. Er rief dazu auf, „stärker auf den Einzelfall und die Entwicklung eines Menschen“ zu schauen.

Kirche kann den Menschen noch näher sein

Die Religionsgemeinschaften, allen voran die katholische Kirche, erlebten mit ihrer Gefängnisseelsorge die von dem derzeitigen System verursachten menschlichen Tragödien hautnah mit und sähen zugleich viele ihrer Aufbauarbeit etwa durch Abschiebungen von Häftlingen nach teils jahrzehntelangem Aufenthalt in Österreich zunichte gemacht, berichtete Scharl. Ein Umdenkprozess sei dennoch auch innerhalb der Kirche noch nötig: „Wir sind hinsichtlich der gesellschaftlichen Randgruppen auch in der Kirche noch viel zu selbstzentriert und müssen praxistauglicher werden, um glaubwürdig für sie einzutreten. Mitarbeit und das gute Beispiel sind hier wichtiger als große Reden."

Hintergrund

Anlass für den Appell des Wiener Weihbischofs war ein Webinar, das die „Coalition of Faith Based Organizations" - ein 2019 bei der UNO in Wien gegründeter Zusammenschluss von Religionsvertretern, Akademikern und Praktikern im Bereich Strafjustiz und Kriminalprävention - Mitte August veranstaltet hatte. Der Wiener Seelsorger Scharl hatte bei der Veranstaltung den einleitenden Impuls gehalten. Ursprünglich hätte er im Frühjahr in Kyoto sprechen sollen; aufgrund der Corona-Krise war die Veranstaltung ins Internet verlegt worden.

(kap – sst)

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25. August 2020, 11:26