Rom: Anima-Rektor will Klima zwischen Vatikan und Ortskirchen fördern
Gudrun Sailer – Vatikanstadt
Michael Max, der kommende Woche seinen 50. Geburtstag feiert, hat seinen Dienst als Rektor von Santa Maria dell‘Anima zum 1. September angetreten. Der aus Gmunden gebürtige Priester hat unter anderem in Rom studiert und war in früheren Jahren schon einmal Vizerektor der Anima.
Michael Max: Der erste Eindruck war, ich bin eigentlich nie weg gewesen! Es ist ein Stück wie nach Hause kommen. Ich freue mich, jetzt wahrscheinlich auf längere Zeit in der Anima sein zu können. Es ist ein großes Geschenk für mich.
Sie waren zuletzt in Salzburg, ebenfalls als Rektor, nämlich des katholisches Bildungshauses St. Virgil, und haben die katholische Hochschulgemeinde geleitet. Beides bereitet Sie gut auf die Aufgabe in Rom vor, worin genau besteht die?
Michael Max: Die Aufgaben des Anima-Rektors sind dreifach. Das eine ist, für das Priesterkolleg zuständig zu sein. Das ist eine Aufgabe für studierende Priester, die ihr Doktoratsstudium in Rom machen, hat mit Bildung zu tun und mit Horizonterweiterung, und es ist gemeinschaftsfördernd. Die zweite Aufgabe ist, für die deutschsprachige Gemeinde zuständig zu sein, gemeinsam mit dem Kuraten. Und die dritte Aufgabe ist für die Stiftung, das Päpstliche Institut, das es seit 600 Jahren gibt, ein guter Verwalter zu sein.
Was davon liegt Ihnen am meisten am Herzen?
Michael Max: Die ersten beiden. Das Priesterkolleg, von dem ich selber ein Teil sein durfte, das bestimmt auch den Alltag hier im Haus. Wir feiern zusammen die Messe, wir beten gemeinsam, wir essen gemeinsam. Aber natürlich von meiner ganzen Herkunft her, von den 25 Jahren, die ich jetzt Priester sein darf: die Pastoral, bei den Menschen – das hoffe ich, dass mit das auch in Rom nicht fehlen wird.
Anima-Rektoren werden für – verlängerbare - sechs Jahre ernannt. Was erwarten Sie sich in den kommenden sechs Jahren von „Rom“, also dem Vatikan?
Michael Max: So im Herzen hätte ich den Wunsch, dass man einmal zu Hause im deutschen Sprachraum sagt: es ist doch gut, dass es Rom gibt! Es ist gut, dass es die Zentrale gibt, wo uns geholfen wird, wo die Leute Verständnis haben. Wo auch manchmal auf etwas hingewiesen wird, wo wir merken, hoppala, da müssen wir halt auch einmal etwas ändern, um in der Gemeinschaft gut miteinander auszukommen, muss manches zurechtgerückt werden. Wenn wir in diesen Diskurs kommen könnten zu sagen: gut, dass es Rom gibt!, dann glaube ich wäre viel geschehen.
Santa Maria dell‘Anima hat immer eine Mittlerfunktion zwischen den Ortskirchen deutscher Sprache und dem Vatikan gehabt. Wie sah das aus, und wie sieht das aus heute?
Michael Max: Das kommt aus einer Zeit des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Kommunikationswege andere waren als heute. Die Anima hatte damals die „Agenzia“, eine Abteilung, die tatsächlich die offizielle Post und die offiziellen Wege von deutschen Bischöfen und deutschen Diözesen in den Vatikan und zurück zu erledigen hatte. Heute geht das auf direktem Weg, vieles über Mail. Auf der anderen Seite bleibt aber das Atmosphärische. Und da ist es gut, wenn man so eine Einrichtung hat wie die Anima, die ein bisschen dazwischen steht und auf informeller Ebene vermitteln kann, wo man sich treffen kann, Dinge vorbesprechen, sondieren und abstecken kann, bevor es dann offiziell wird. In dieser Tradition versteht sich das Haus. Diese Einstellung, diesen Umgang, diese Arbeitsweise wollen wir auch den Priestern vermitteln, die hier studieren. Es braucht immer Leute, die auch atmosphärisch zwischen Ortskirche und Zentrale vermitteln können.
Corona in Rom: „Diese Betroffenheit sitzt ganz tief"
Sie kommen im Corona-Jahr 2020 nach Rom, ein Datum, das uns als Chiffre noch lange begleiten wird. Die Anima galt in den letzten Monaten mit Blick auf Anti-Corona-Maßnahmen als Ort, an dem oft Gnade vor Recht ergangen ist. Wie wollen Sie das in Zukunft bei den Gottesdiensten halten?
Michael Max: Ich habe bei meiner Ankunft in Italien gemerkt, dass im Unterschied zu Deutschland und Österreich die Betroffenheit eine ganz andere ist als zu Hause. Italien war als erstes Land und am schwersten betroffen. Wir hatten den Vorteil, ein bisschen davon lernen zu können. Aber man sieht es den Leuten hier an: Diese Betroffenheit sitzt ganz tief. Auch wenn die Vorschriften hier strenger sind und manches anders gehandhabt wird als in Österreich oder Deutschland: Es ist schon auch ein Akt der Solidarität und ein Zeichen, wir teilen diese Situation mit euch, wir stehen da auch mitten drin, wenn wir uns daran halten und die Vorschriften übernehmen, so wie sie in Italien vorgesehen sind.
Sie kommen von der Liturgiewissenschaft her. Liturgie ist etwas Lebendiges, das sich aus der Tradition heraus immer neu verwirklicht und auch entwickelt. Wenn Sie einen vergleichenden Blick auf die liturgische Kultur werfen, die Sie hier in Rom vorfinden, und die, die Sie im deutschsprachigen Raum gibt, was zeichnet die beiden aus?
Michael Max: Beide kommen aus der gleichen Wurzel. Es ist und bleibt die römische Liturgie, die sich in verschiedenen Kulturen verwirklicht. Das hat mir der Geschichte zu tun und mit der Mentalität. Im deutschen Sprachraum haben wir vielleicht mehr das Gefühl für die geprägten Zeiten, der Advent ist bei uns etwas ganz Wichtiges, vielleicht in der Fastenzeit gewisse Feste, die Volksfrömmigkeit, wie sie bei uns groß geworden ist, durch das Barock geprägt, durch die Jahrzehnte nach dem Konzil, wo Gemeinden auch Selbstbewusstsein aufgebaut haben im gemeinsamen Feiern. In Rom merkt man auch das, aber natürlich: Man ist im Zentrum, näher an dem, wie es grundsätzlich gedacht und vorgesehen ist. Im Guten ergänzt sich das. Ich bin sehr gern in der Liturgie in Rom, aber fahre auch gerne nach Hause und feiere dort. Es sind Unterschiede da, aber die dürfen auch da sein, denn es ist in Deutschland anders als in Frankreich, in Polen, überall sonst.
Was ist für Sie eine schöne Messe?
Michael Max: Eine schöne Messe, eine schöne Liturgie ist für mich ein Gottesdienst, in dem spürbar wird, was wir feiern. Dieses Christus-Ereignis: dass Christus mit uns auf dem Weg ist, sich für uns verschenkt und uns Menschen Mut macht, uns selber füreinander und für ihn zum Geschenk zu machen. Wenn das in der Verkündigung des Wortes, in den Feiern, Riten und Symbolen, in der Weise wie gesprochen wird, erlebbar wird, zum Ereignis wird, dann berührt das die Menschen. Egal wie groß die Tradition ist, egal wie lang das her ist: Dann ist das hier und heute. Und das ist dann schön.
(vatican news)
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