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Die Schweizergrenze in Chiasso Die Schweizergrenze in Chiasso 

Schweiz: „Fratelli tutti“ ist Auftrag für eine politische Kirche

Für die Kirche in der Schweiz ist die Enzyklika ein Auftrag, politisch zu sein. Das schreibt der kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch in einem Kommentar.

Für Franziskus stehe fest: Die Kirche sei nicht privat, sondern politisch, so Rauch. Und Politik sei nicht nur Sache der Laien. Auch ein Kleriker könne „nicht auf die politische Dimension verzichten“.

Papst Franziskus sei „verzaubert von der Musik des Evangeliums, die er im Ohr hat, und die bei ihm nicht so schnell verstummt“, führt der Redaktionsleiter des katholischen Nachrichtenportals weiter aus. Die Musik des Evangeliums müsse auch in der Schweiz stärker hörbar werden.

Nicht nur Flucht ist legitim – auch Migration

Es könne nicht sein, „dass rechte Parteien Zuwanderung begrenzen wollen – und Katholiken an der Basis das kalt lässt“. Die Kirche dürfe hierzu nicht schweigen. „Es kann nicht sein, dass Flüchtlinge auf Lesbos um ihr Leben bangen – die Bischofskonferenz aber zu lange mit einer Reaktion auf sich warten lässt“, führt er weiter aus.

Dem „Flüchtlingspapst Franziskus“ sei Migration ein Herzensanliegen. Er selbst sei Kind italienischer Einwanderer in Argentinien. In der Enzyklika sei auch nachzulesen, wie sehr Italiener und Juden das Leben in Buenos Aires positiv aufmischen.

Viele Politiker hätten sich damit abgefunden, nur politisch Verfolgten Asyl zu gewähren. Hier gehe Franziskus weiter: „Nicht nur Krieg, Verfolgungen und Naturkatastrophen sind ein Grund, das eigene Land zu verlassen, sondern auch der Traum von einer besseren Zukunft berechtigt dazu.

„Kleine Schritte reichen. Wir müssen die Welt nicht alleine retten. Auch der barmherzige Samariter suchte einen Gastgeber, der sich um jenen Menschen kümmern konnte.“

Papst will keine bequeme Kirche

Franziskus wolle keine bequeme, sondern eine aktive Kirche. Im Neuen Testament seien es die Priester und Leviten, die Hilfe verweigern. Auch die Schweizer Kirche kenne Priester und Leviten, die sich für Diakonie zu schade seien.

„Dabei stellt der Papst klar: kleine Schritte reichen. Wir müssen die Welt nicht alleine retten. Auch der barmherzige Samariter suchte einen Gastgeber, der sich um jenen Menschen kümmern konnte.“

Plädoyer für die KVI

Wichtiger als nationale und wirtschaftliche Interessen sei das globale Gemeinwohl, schreibt Rauch. Die Unterstützer der Konzernverantwortungsinitiative (KVI) würden so so Auftrieb erhalten.

Auch wenn es bürgerliche Kirchenleute nicht hören wollten: „Fratelli tutti“ sei ein impliziter Aufruf, die Konzernverantwortungsinitiative zu unterstützen. Franziskus geißele den Primat der Wirtschaft.

Solidarität endet nicht in Chiasso

Mit einem mutigen Einsatz für die KVI könne die Kirche in der Schweiz zeigen, dass sie Geschwisterlichkeit lebt. Und dass Geschwisterlichkeit nicht in Chiasso ende – und auch nicht am Ende der Welt.

Die Sprache der Enzyklika sei verständlich. In den Fußnoten stünden nicht nur Augustinus und Benedikt XVI., sondern auch der Filmemacher Wim Wenders. Franziskus’ Begeisterung für Franz von Assisi könne das Kino ohnehin ergreifender erzählen als ein Text, so der Redaktionsleiter.

(kath.ch - mg)

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06. Oktober 2020, 07:29