D: Wie der Glaube half, Corona zu überwinden
DOMRADIO.DE: War von Anfang an klar, dass sie an Covid-19 erkrankt sind?
Jörg Pütz (Katholik aus Bad Honnef): Nein. Ich bin aktiver Karnevalist und da hat man häufig nach Karneval schon mal eine Erkältung. So war das auch im vergangenen Jahr. Ich war aber doch so schlecht dran, dass ich im Bett geblieben bin, was nicht so meine Art ist. Dann war ich beim Doktor und der fragte: Bist du in Ischgl gewesen Skifahren oder hattest du Kontakt zu Covid-Patienten? – Nein, hatte ich nicht. Ich habe Medikamente bekommen, habe die fleißig und brav genommen und einen Tag später so gut wie keine Symptome mehr gehabt.
Dann bekam ich am Sonntag, den 22. März, aber plötzlich wieder ganz hohes Fieber, kriegte keine Luft mehr, habe den Arzt angerufen, da sagte der: Sofort mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus. Und da nahm das Unheil seinen Lauf.
DOMRADIO.DE: Da wurde die Lage ernst. Wie ist es denn weitergegangen mit Ihnen?
Pütz: Ich bin nach Bonn ins Johanniter-Krankenhaus gekommen, wurde getestet und habe nachts noch die Nachricht bekommen, dass ich positiv getestet war. Am anderen Tag bin ich ins Waldkrankenhaus verlegt worden. Da wurde es immer schlechter. Ich bin dann auch ins Koma versetzt worden. Fünf Wochen habe ich insgesamt im Koma gelegen.
Am Ostermontag war es so schlecht, dass die Ärzte mir bzw. meiner Familie eine unter 10-prozentige Überlebenschance prognostizierten. Meine Frau hat den Pastor angerufen, einen Funkenfreund, der dafür kämpfen musste, zu mir zu kommen. Er wurde in Schutzkleidung eingepackt, hat mir die Krankensalbung gespendet und hat sich von mir verabschiedet mit dem Glauben, mich nicht mehr lebend zu sehen.
DOMRADIO.DE: Aber das ist ja jetzt anders gekommen. Was war denn dieses Wunder an Ostern?
Pütz: Auferstehung. Es ist medizinisch nicht erklärbar gewesen, dass es mir in der Nacht und am Folgetag auf einmal besser ging. Der Pastor hat gesagt: "Mir brauchst du nicht zu danken, das kommt von oben. Er wollte dich noch nicht." – Und so hat mir der liebe Gott eine zweite Chance gegeben. Ich kann es leider oder Gott sei Dank nicht anders erklären. Das ganze Beten meiner Familie, meiner Freunde, meiner Bekannten hat da geholfen und ich habe es, Gott sei Dank, überlebt.
DOMRADIO.DE: Was machen Sie jetzt mit so einer zweiten Chance, wenn sie sagen, er wollte sie noch nicht?
Pütz: Ich versuche erst mal mein altes Leben wieder hinzubekommen. Ich habe nach wie vor Einschränkungen mit dem Laufen. Mein rechtes Bein macht noch Schwierigkeiten. Die Hände schlafen ein und ich habe Taubheitsgefühl in den Fingern. Das Aufnehmen von Kleinigkeiten auf einer Tischplatte oder so etwas fällt mir noch schwer. Gott sei Dank ist aber meine Luft wieder da und ich trainiere fleißig. Ich habe nahezu bis heute 9 Monate danach immer noch jeden Tag Physiotherapie und ich mache Kraftsport.
Nach Ostern, als ich wach geworden bin oder als die mich wach gemacht haben, war ich mehr oder weniger wie gelähmt im Bett, wurde künstlich beatmet und mit künstlicher Niere. Ich konnte vier Finger an der linken Hand bewegen. Das war in dem Moment alles. Wenn man alleine auf der Intensivstation liegt und nicht weiß, was kommt und was war und was ist, dann lernt man auch wieder das Beten und hofft eben, dass es gut geht.
DOMRADIO.DE: Es gibt also Nebenwirkungen, die bis heute bleiben. Was sagen Sie dazu, dass noch immer viele Menschen Corona nicht ernst nehmen?
Pütz: Das bringt mich zur Weißglut und ich kann es nicht verstehen. Mit Tränen in den Augen gucke ich mir die Berichte an und würde jeden einladen, sich entweder mit mir zu unterhalten oder eben auch mal sich eine Nacht auf eine Intensivstation, wo Coronapatienten liegen und um ihr Leben kämpfen, hinzusetzen oder auch zu legen, um dann immer noch sagen zu können: Das gibt es nicht und das ist nur ein Schnupfen oder eine Lungenentzündung.
Ich habe Schnupfen gehabt, ich war erkältet. Ich habe auch schon zweimal eine Lungenentzündung gehabt. Das ist nicht schön und das ist auch schlimm. Aber ich gönne heute meinem schlimmsten Feind nicht das, was ich durchmachen musste.
Das Interview führte Katharina Geiger.
(domradio - mg)
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