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Die Taufe Jesu Die Taufe Jesu 

Unser Sonntag: Jesus steigt ganz hinab

Für unsere Erlösung begibt sich Jesus ganz herab auf unsere menschliche Ebene, auf unser Niveau, so Florian Wörner, Weihbischof in Augsburg. Der Hirte erläutert zudem, warum die Stelle der Taufe des Herrn am Jordan so bedeutsam ist.

Fest Taufe des Herrn

Florian Wörner, Weihbischof in Augsburg

Hier können Sie die Betrachtung zum Sonntagsevangelium von Weihbischof Wörner nachhören

Mk 1, 7–11

Wo wollen wir hin? Welches Ziel haben wir vor Augen? Was treibt uns an, was beflügelt uns, und was ist der entscheidende Motor bzw. Motivator in unserem Alltag? Die meisten wollen es in ihrem Leben zu etwas bringen. Sie wollen, dass es vorwärts- und aufwärtsgeht. Manche möchten hoch hinaus und Karriere nach oben machen. Keiner möchte unter Niveau leben, alle wollen oben auf, up to date sein. In uns allen steckt ein großes Verlangen nach mehr. Das, wonach wir uns im tiefsten sehnen, ist allerdings etwas, was wir uns nicht selber zurechtlegen, kaufen oder produzieren können. Wir dürfen es uns schenken lassen.

Jesus begibt sich ganz nach unten...

Jesus geht zunächst einmal nicht nach oben. Er begibt sich auf den Weg nach unten. Er kommt von Gott herab auf unsere menschliche Ebene, auf unser Niveau. Im Evangelium des heutigen Festes „Taufe des Herrn“ erfahren wir, dass er noch weitergeht, hinunter an den Jordan. Von Nazareth in Galiläa braucht man zu Fuß etwa zwei Tage, um dort am Unterlauf des Jordan, wo Johannes taufte, anzukommen. Das Gebiet, wo der Jordan in das Tote Meer hineinfließt, liegt ca. 400 Meter unter dem Meeresspiegel: also sehr tief unten. Für mich ist das ein sprechendes Zeichen: Der Herr geht ganz tief hinein in diese Welt, in unser Menschsein. Er spart das Unterste, das, wo sich nur Wenige hin trauen, wo Menschen auf dem Boden liegen, down sind, am Boden zerstört sind, nicht aus. Nein, er nimmt es auf sich, bis dahin, dass wir im Credo bekennen: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes.“

Johannes predigte Umkehr...

Die Frage ist ja berechtigt, warum Johannes der Täufer damals die Menschen dorthin an den Unterlauf des Jordan pilgern ließ, eine Gegend, die ja gerade nicht sehr attraktiv und einladend wirkt. Hätte es da nicht andere Gewässer in Jerusalem und Umgebung für die Taufe gegeben, die einfacher zu erreichen gewesen wären? Manchmal ist es wichtig, dass man aufbricht und sich auf einen längeren Weg macht, die gewohnte Umgebung und die alltäglichen Abläufe zu Hause bewusst zurücklässt, weil sie einen möglicherweise daran hindern, dass sich etwas verändert. Und genau darum ging es Johannes dem Täufer: Er predigte Umkehr.

...es ging ihm um echtes Umdenken

Seine Taufe war eine Buß-Taufe, die auf echte Bekehrung abzielte und nicht nur ein paar belanglose Neujahrsvorsätze hervorbringen sollte, die dann nach ein paar Tagen schon wieder vergessen und „Schnee von gestern“ sind. Ihm ging es um echtes Umdenken, was Demut abverlangt und echtes Heruntersteigen vom „hohen Ross“. Man vermutet, dass die Leute da unten sogar so etwas wie eine Beichte, ein Sünden-Bekenntnis abgelegt haben. Dazu gehörte, dass sie in das Jordan-Wasser hineintauchten, um - soz. ganz unten angekommen - ihre Sünden abzuwaschen. Man kann sich bildlich vorstellen, wie schmutzig das Jordan-Wasser geworden ist, im übertragenen Sinn. Eintauchen, sich waschen und dann neu anfangen - man sagt ja manchmal, wenn man an einem heißen Tag aus der Dusche kommt oder aus dem See steigt: „Jetzt bin ich wie neu geboren“.

Jesus gesellt sich zu den Sündern

Johannes der Täufer bereitet die Menschen damals vor; er steht sozusagen an der Schwelle zwischen Altem und Neuem, und er verweist auf den, der größer und stärker ist als er. „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“, sagt er (Mk 1,7). Und jetzt kommt dieser Große, dieser Stärkere auch da hinunter an diesen tiefen Punkt des Jordan-Unterlaufs und reiht sich ein in diese „Gesellschaft“, die sich dort unten einfindet. Er gesellt sich zu denen, die bekennen müssen, dass sie Sünder sind, Menschen wie du und ich. Unglaublich! Jesus, der uns in allem gleich war außer der Sünde, er, der ohne Sünde ist, reiht sich ein in die Gruppe derer, die sagen: „Ich gebe es zu, dass ich tief gesunken und ein Sünder bin und wieder aufstehen möchte.“ In diese Niederungen steigt Jesus ein, wie gesagt 400 m unter dem Meeresspiegel.

Johannes tauft den Herrn
Johannes tauft den Herrn

Unterlauf des Jordan: Schwelle vom Alten ins Neue

Es gibt wohl noch einen weiteren Grund, warum Johannes der Täufer ausgerechnet dort am Unterlauf des Jordan wirkt und tauft. Hunderte Jahre vorher hat Josua das Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten und der 40-jährigen Wüstenwanderung dort am Unterlauf des Jordan hinübergeführt über den Fluss, hinein in das lang ersehnte „Gelobte Land“. Damals schon war diese Stelle eine Schwelle vom Alten ins Neue, hinein ins „Gelobte Land“. An dieser Schwelle sammelt Johannes der Täufer die Leute erneut. Jesus Christus soll sie gewissermaßen dort abholen und hineinführen in das neue „Gelobte Land“, in das Reich Gottes, ja, in den Himmel! Und darum muss Jesus da hinunter und sich einreihen in die Warteschlange der Umkehr- und Tauf-Willigen, obwohl es Johannes dem Täufer laut Auskunft des Matthäus-Evangeliums zunächst einmal gar nicht recht ist: „Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir“ (Mt 3,14), wendet er ein. Der Plan Gottes muss erfüllt werden. Die „Gerechtigkeit Gottes“, so im Matthäus-Evangelium wörtlich, sie muss sich ganz erfüllen.

„Und diese ,Taufe' seines Todes und seiner Auferstehung zeichnet sich hier in diesem Geschehen am Jordan bereits ab“

Es muss so sein, dass Jesus in diese schmutzige „Sünden-Brühe“ des Jordan – um es mal drastisch zu formulieren - hineinsteigt, um deutlich zu machen, was er später bei einer anderen „Taufe“ für uns tun wird. Jesus spricht in Bezug auf das Kreuz und die Auferstehung von seiner eigentlichen „Taufe“. Und diese „Taufe“ seines Todes und seiner Auferstehung zeichnet sich hier in diesem Geschehen am Jordan bereits ab. Da beginnt sein öffentliches Wirken und mündet dann ein in sein Leiden und Sterben am Kreuz. Sein Eintauchen in den Jordan ist ein Hinweis auf sein Eintauchen in das Leiden und Sterben, in den Tod am Kreuz, wodurch er uns herausgeholt hat aus dem schmutzigen Fahrwasser der Sünde: „…der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen“, heißt es im 4. Gottesknechtslied bei Jesaia (Jes 53,6); und im 2. Korintherbrief: „Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht“ (2 Kor 5,21).

Jesus wurde für uns zur Sünde

Was für Aussagen - Jesus wurde für uns zur Sünde! Die Sünde entfremdet uns von Gott und führt uns weg von ihm, sodass wir ihm gegenüber anfangen zu „fremdeln“. Viele von uns kennen das, wie das ist, wenn wir Dinge tun, die dem Evangelium nicht entsprechen, dass wir dann „fremdeln“, dass uns das, was heilig ist, irgendwie abstößt. Man möchte dann nichts mehr damit zu tun haben. Es ist einem lästig. Vielleicht kennen wir das Gefühl. Das ist dann der Moment, wo es höchste Zeit wird, vor Gott hinzutreten und zu sagen: „Herr, verzeih mir“, am besten im Sakrament der Beichte, damit das „Fremdeln“ weicht und die Nähe zu Gott wieder Freude und Zuversicht schenkt. Der Herr hat dafür die totale Entfremdung auf sich genommen.

„Er, der ohne Sünde ist, wurde für uns zur Sünde und nahm damit die totale Gottes-Ferne auf sich“

Er, der ohne Sünde ist, wurde für uns zur Sünde und nahm damit die totale Gottes-Ferne auf sich. Das muss die Hölle gewesen sein, schlimmer als all die Nägel, die Geiselschläge und die Dornenkrone. So tief steigt Jesus ein, damit er alles aushebeln kann, was uns abhält von ihm und vom Leben in Fülle, das er uns schenken möchte. Wer tief ansetzt, der hat eine optimale Hebelwirkung. Und wenn es gegen die Sünde, die Macht des Bösen und gegen den Tod geht, dann ist eine optimale Hebelwirkung nötig.

Jesus erwirkt uns durch seine „Taufe“ (Taufe kommt von tief), d.h. durch seinen Tod und seine Auferstehung das Leben in Fülle. Er stößt den Himmel für uns auf. Und siehe da: Tatsächlich tut sich bei der Taufe Jesu im Jordan, bei seinem Heraussteigen aus dem Wasser der Himmel auf (vgl. Mk 1,10). Der Geist kommt auf ihn herab, Gott meldet sich zu Wort! Gott ist hörbar; er sagt: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“ (Mk 1,11)

Gott hat uns als geliebte Kinder angenommen

Dieses Wort dürfen wir auch auf uns beziehen: Als wir getauft wurden, hat Gott auch uns als seine geliebten Kinder angenommen. Der Himmel tat sich auch bei unserer Taufe auf, und Gott sagte und sagt zu dir und zu mir: „Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter, an dem/an der ich mein Wohlgefallen gefunden habe.“

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Ausgangsfrage war: Wo wollen wir hin, was treibt uns an, wohin geht unser Sehnen und Verlangen? Unsere Sehnsucht ist auf etwas ausgerichtet, was wir uns nicht selber besorgen können. Wir können und sollen uns allerdings dafür öffnen, damit es uns geschenkt wird. Gott ist das Ziel unserer Sehnsucht, die Gemeinschaft mit ihm und das Leben in Fülle, das er für uns bereithält. Alles, was weniger ist als er, reicht uns nicht. Wenn wir uns als Kinder Gottes mit dem begnügen, was weniger ist als er, werden wir das früher oder später spüren und gewissermaßen „Energiekrisen“ erleiden. Wirklich vorwärts und aufwärts geht es dann, wenn das Ziel klar ist und angestrebt wird. Jesus Christus sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh 14,6) Lassen wir uns von Jesus an der Hand nehmen und helfen, seinen Weg zu gehen, der zum Ziel führt.

Anderen die Füße waschen - und nicht den Kopf...

Es ist ein Weg, der mit Bilderbuchkarrieren im Sinne dieser Welt reichlich wenig zu tun hat, dafür aber Erfüllung und Freude schenkt. Man braucht Rückgrat, um ihn zu gehen, weil man sich wie Jesus bücken und hineinknien muss, um unten anzusetzen. Anderen die Füße zu waschen und nicht den Kopf, für die da zu sein, die am Boden liegen, und nicht nur mit denen zu verkehren, die obenauf sind, in die Wahrheit über sich selbst hinunterzusteigen – wer sich dazu nicht zu schade ist und dafür das nötige Rückgrat besitzt, so weit unten anzusetzen, der begegnet Gott und erreicht sein Niveau und damit das Ziel. Der hl. Augustinus versichert: „Die Demütigen ergreifen den demütigen Herrn … sie werden zu den Höhen Gottes aufsteigen.“ Scheuen wir uns nicht, in diesem Sinn mit Jesus „unten“ anzusetzen, damit sich der Himmel auch für uns endgültig und für immer auftut. Das wird weit mehr als eine glänzende Karriere oder ein Spitzengehalt unserer Würde und Sehnsucht entsprechen.

Jesus tauchte in den Tod am Kreuz, um unserem Leben Höhe zu geben

Gott kam zu uns, er stieg mit Jesus Christus tief ein in unser Leben bis dahin, dass er eintauchte in den Jordan, eintauchte in den Tod am Kreuz, um unserem Leben Höhe und Niveau zu geben und uns den Himmel zu schenken, das Leben in Fülle. Großartig! Wir haben allen Grund, Gott von Herzen dafür zu danken durch unser Beten und Handeln.

(radio vatikan – claudia kaminski)

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09. Januar 2021, 10:38