10 Jahre nach Fukushima: „Nicht auf neue Katastrophen warten“
Der 11. März 2011 ist wohl vielen noch gut in Erinnerung. Die schrecklichen Bilder des Erdbebens und Tsunamis, die im japanischen Fukushima eine Reaktorkatastrophe auslösten, gingen um die Welt. Deutschland entschied daraufhin sogar den Ausstieg aus der Atomenergie. Wohl in keinem anderen Land der Welt hat Fukushima eine so radikale Energiewende eingeleitet wie in Deutschland. In Japan selbst zum Beispiel ist von einem Atomausstieg keine Rede. Umweltbischof Rolf Lohmann, Weihbischof im Bistum Münster, erklärte zum 10. Jahrestag von Fukushima:
„Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat großes menschliches Leid und gravierende Umweltschäden verursacht und ist tief in unserem Gedächtnis verankert. Der zehnte Jahrestag ist für uns Anlass, der vielen Opfer und Betroffenen zu gedenken. Er hält uns aber auch dazu an, über die Fragen nachzudenken, die den Umgang von uns Menschen mit der Natur ganz wesentlich berühren.“
Sorge um Kernkraftwerke
Die Frage, wie wir Menschen mit der Schöpfung umgehen, ist für Weihbischof Lohmann noch längst nicht zufriedenstellend beantwortet. Kernenergie nennt er als Beispiel für die Ambivalenz der Technik und erinnert daran, dass die von der Bundesregierung eingesetzte Ethik-Kommission Sichere Energieversorgung im Mai 2011 zu dem Ergebnis kam: Der Ausstieg aus der Kernkraft in Deutschland sei „nötig“ und „möglich“.
„Heutzutage stimmt es sorgenvoll, dass in manchen Ländern neue Kernkraftwerke gebaut und Laufzeiten verlängert werden, um vermeintlich klimaneutrale Energie zu produzieren, obwohl nukleare Unfälle nie völlig auszuschließen sind und die Endlagerproblematik nicht gelöst ist“, gibt der Umweltbischof zu bedenken. Auch wenn die Katastrophe von Fukushima der Energiewende in Deutschland einen Schub gegeben hat, sei es bis zur Klimaneutralität „noch ein weiter Weg“. Auch sind noch längst nicht alle Länder bei der Energiewende – und auch in Deutschland könnte es insgesamt noch besser gehen, findet der Münsteraner Weihbischof:
„Der Druck und die Ambitionen in Politik und in Unternehmen, in der Zivilgesellschaft und im Privaten, aber auch in unserer Kirche, dürfen nicht nachlassen. Fukushima bleibt eine Mahnung. Warten wir nicht auf neue Katastrophen, um die nötigen Schritte zum Wohl unseres gemeinsamen Hauses zu gehen!“
Es sei nötig, sich weiter anzustrengen, um den Treibhausgasausstoß zu verringern. Der Ausbau erneuerbarer Energien müsse beschleunigt werden. Der Umweltbischof ruft auch dazu auf, sparsamer mit den Ressourcen umzugehen und den Energieverbrauch zu senken. Die Kirche könnte hier eine Vorbildfunktion übernehmen. Das Thema Energie, da ist sich Bischof Lohmann sicher, bleibt in den nächsten Jahren von zentraler Bedeutung. Er und seine Bischofskollegen befassen sich daher auch ausführlich damit:
„Die deutschen Bischöfe haben sich in den Jahren nach der Reaktorkatastrophe zu Wort gemeldet und unter anderem dargelegt, dass die Energiefrage auch eine Gerechtigkeitsfrage ist, das heißt, es geht darum Lebensstile einzuüben, die mit weniger Energie- und Ressourcenverbrauch auskommen. Das Ziel ist klar: Wir wollen als Gesellschaft nachhaltig leben und wirtschaften, um Gottes gute Schöpfung zu bewahren.“
Es gelte, klug vorzugehen und auch in Zukunft unter Beteiligung aller gesellschaftlichen Akteure zusammenzuarbeiten – „national, europäisch und global“, so der Münsteraner Weihbischof Rolf Lohmann. Er ist in der Deutschen Bischofskonferenz für Umwelt- und Klimafragen zuständig und Vorsitzender der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen.
[ Photo Embed: Papst Franziskus besuchte Japan 2019]
Auch Papst Franziskus sorgt Kernenergie
Papst Franziskus hatte Japan im November 2019 besucht. In Tokio traf er dabei auch Überlebende des Unglücks von Fukushima. Wie zuvor bereits in Nagasaki und Hiroshima zeigte sich der Papst mit Blick auf den Atomunfall von Fukushima besorgt über die Nutzung von Kernenergie. Der technologische Fortschritt sei keineswegs das Maß für den „menschlichen Fortschritt“. Nach der Dreifach-Katastrophe vor 10 Jahren aus Erdbeben, Tsunami und Kernschmelze konnten mehr als 36.000 Menschen noch immer nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die Sperrzone um das Kernkraftwerk in Fukushima, die etwa so groß ist wie die Stadt München, wird noch lange nicht bewohnbar sein.
(dbk/bistum münster: Die O-Töne für diesen Beitrag stellte das Bistum Münster zur Verfügung - sst)
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