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Kardinal Woelki auf seiner Pressekonferenz am Dienstag Kardinal Woelki auf seiner Pressekonferenz am Dienstag 

D: Kardinal Woelki lehnt Rücktritt ab

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki lehnt einen Rücktritt ab, gesteht aber eigene Versäumnisse ein. Das sagte er an diesem Dienstag auf einer Pressekonferenz in Köln, bei der weitere Konsequenzen aus einem kürzlich veröffentlichten Missbrauchs-Gutachten vorgestellt wurden.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

„Die moralische Verantwortung einfach mitnehmen und gehen zum Schutz des Ansehens von Bischofsamt und Kirche - das ist mir zu einfach. Und in meinen Augen ist es auch falsch.“ Denn die Probleme würden durch einen Rücktritt ja nicht zum Verschwinden gebracht, so Woelki.

„So ein Rücktritt wäre nur ein Symbol, das nur für eine kurze Zeit hält.“ Stattdessen wolle er im Amt bleiben und seine „moralische Verantwortung“ wahrnehmen. „Ich werde hier und heute und in Zukunft alles dafür tun, dass hier möglichst keine Fehler mehr passieren können.“

„Das hätte so nie passieren dürfen“

Der Kölner Erzbischof hat am vergangenen Donnerstag ein Gutachten über den Umgang des Erzbistums Köln mit Fällen sexuellen Missbrauchs veröffentlicht. Die Studie habe aufgedeckt, „dass viele, zu viele Fehler gemacht wurden“, wiederholte er jetzt auf der Pressekonferenz: „Der Ruf der Kirche wurde höher bewertet als das Leid der Betroffenen… Generell fehlte es an Mitgefühl, an Empathie mit den Betroffenen.“

Hinzu kämen „Chaos in der Verwaltung“ und „systembedingte Vertuschung“. Woelki sprach von einem „System aus Schweigen, Geheimhaltung, mangelnder Kontrolle und unklarer Verantwortung“. „Das hätte so nie passieren dürfen. Es ist höchste Zeit, dass wir diese Ursachen beseitigen, soweit noch nicht geschehen. Da muss im Zweifelsfall auch rigoros gehandelt werden.“

Woelki wehrt sich gegen Vorwurf, er habe dem Ruf der Kirche geschadet

Viele sagten ihm jetzt: Um zu erkennen, dass die Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen schwere Schuld auf sich geladen habe, hätte man gar kein Gutachten gebraucht. „Jeden, der so denkt, will ich daran erinnern, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Dass Gerichte als einzige urteilen und verurteilen dürfen. Wir haben deshalb alle Akten und beide Gutachten an die Staatsanwaltschaft übergeben.“

Der Kardinal wehrte sich auch gegen den Vorwurf, er habe durch das monatelange Tauziehen um die Gutachten, von denen das erste zunächst nicht veröffentlicht wurde, dem Ruf der Kirche nachhaltig geschadet. „Aber ist das nicht genau der Grund allen Übels – das Ansehen der Kirche über alles andere zu stellen?“ Jetzt sei ein „Perspektivwechsel“ in der Kirche nötig: „Es geht um einen echten Wandel in unserer Haltung und um eine Begegnung mit Betroffenen auf Augenhöhe.“

„Biete allen Opfern ein Gespräch an“

Das am letzten Donnerstag publizierte Gutachten habe mehr als dreihundert Missbrauchsopfer im Erzbistum Köln ermittelt. „Ihnen allen biete ich ein persönliches Gespräch an. Kommen Sie, wenn Sie möchten, und ich werde versuchen, Ihnen zuzuhören.“

Moralische Verantwortung liege zunächst bei den Missbrauchstätern, dann aber auch bei denen, die im Erzbistum an verantwortlicher Stelle säßen. „Moralische Verantwortung liegt damit natürlich auch bei mir als dem verantwortlichen Erzbischof!“

Übergabe des Missbrauchs-Gutachtens am letzten Donnerstag
Übergabe des Missbrauchs-Gutachtens am letzten Donnerstag

Kardinal gesteht ein, Schuld auf sich geladen zu haben

Woelki gestand ein, im Umgang mit Missbrauchsfällen Schuld auf sich geladen zu haben. Zwar wisse er durch das Gutachten, dass er etwa im Fall des beschuldigten Priesters O. pflichtgemäß und rechtssicher gehandelt habe. „Aber ich habe nicht alles Menschenmögliche getan. Ich hätte nicht nach Rom melden müssen, aber ich hätte es tun können und auch tun sollen!“

Auch in einem weiteren Fall hätte er einen beschuldigten Geistlichen schon viel früher suspendieren sollen, als es tatsächlich geschah. „Auch wenn der Fall, an den ich denke, 2011/12 schon verjährt war, und auch wenn die Glaubenskongregation erklärt hatte, dass dieser Priester wieder in begrenztem Umfang – unter Auflagen – eingesetzt werden könne, hätte ich ihn vielleicht sogar gegen dieses Recht, das durch die Kongregation gesetzt worden ist, suspendieren müssen. Die Frage ist eben: Hätte ich nicht einfach aus moralischen Gründen so entscheiden müssen?“

„Das ist ein beschämendes Beispiel für meine persönliche Unzulänglichkeit“

Das habe er sich gefragt, als er das Gutachten gelesen habe, so Kardinal Woelki. „Ich weiß, dass ich meine rechtliche Pflicht getan habe – aber ich frage mich, ob ich mit Blick auf diesen besonderen Fall alles richtig gemacht habe. Das beschäftigt mich und lässt mich zweifeln. Das ist ein beschämendes Beispiel für meine persönliche Unzulänglichkeit…“

Zum Nachhören: Kardinal Woelki von Köln lehnt Rücktritt ab, will Einsatz gegen Missbrauch verstärken

Woelki sowie der Kölner Generalvikar Markus Hofmann kündigten eine Reihe von Maßnahmen an, um das Erzbistum im Einsatz gegen Missbrauch weiter auf Kurs zu halten. So sollen künftig keine Personalakten mehr in regelmäßigen Abständen vernichtet werden - obwohl das gegen geltendes Kirchenrecht verstoße, so der Kardinal. Beschuldigte Priester sollten besser kontrolliert, der Betroffenen-Beirat des Erzbistums wieder vollständig besetzt, die charakterliche Reife von Priesteramtskandidaten auch psychologisch geprüft werden.

Woelki trat für Verschärfungen im Kirchenrecht ein, was den Umgang mit Missbrauchsfällen betrifft. Außerdem kündigte er bessere Schulungen für Personalverantwortliche an. Und: „Ich werde die unverbindlichen Empfehlungen des römischen Vademecums in ein für uns verbindliches Partikulargesetz umsetzen.“

Zwei Bischöfe haben dem Papst ihren Rücktritt angeboten

Das am Donnerstag vorgestellte Gutachten hält in 24 von 236 ausgewerteten Aktenvorgängen insgesamt 75 Pflichtverletzungen durch acht Amtsträger des Erzbistums Köln fest, darunter Erzbischöfe, Generalvikare und Personalchefs. Zu den Beschuldigten zählen unter anderem der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße (54) sowie der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp (53), die dem Papst bereits ihren Rücktritt angeboten haben, sowie der verstorbene Kölner Erzbischof Joachim Meisner (1933-2017). Woelki selbst wurde kein Fehlverhalten nachgewiesen.

(domradio/vatican news)

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23. März 2021, 11:35