ÖKT-Start in Frankfurt: „Nicht mit Spaltungen abfinden"
„Unsere Kirchen können noch nicht alle Glaubensschätze miteinander teilen. Aber Christus ist nicht geteilt. Er ist unsere Einheit“, so der Taizé-Prior bei der Eröffnungsveranstaltung.
Der Ökumenische Himmelfahrt-Gottesdienst fand auf dem Dach eines Parkhauses in der Frankfurter City unter dem Motto „Erzählt von mir!“ statt. Die in Netz und Fernsehen übertragene Veranstaltung, an der aufgrund der Corona-Pandemie keine weiteren Gäste teilnehmen konnten, bildete den Auftakt der mehrtägigen ökumenischen Kirchentags-Veranstaltungen, die vom 13.-16. Mai digital und dezentral durchgeführt werden.
Gemeinsam Unterwegs-Sein in Hoffnung
Glaube sei nicht so sehr Besitz von Gewissheiten, sondern „zuallererst ein Unterwegs-Sein in Hoffnung“, gab Frère Alois in seiner Predigt zu bedenken. Er ermutigte dazu, sich trotz aktueller Einschränkungen im Alltag gerade jetzt für andere Menschen zu öffnen: „Die Pandemie erlegt uns schmerzliche Grenzen auf, aber wir können uns schon jetzt schon darauf vorbereiten, in Zukunft offener auf andere Menschen zuzugehen, auch auf Menschen, die wir spontan nicht ansprechen würden, z.B. Migranten, die ganz in unserer Nähe wohnen.“
Mit Blick auf das ökumenische Miteinander rief der Prior der Taizé-Gemeinschaft zu mehr Gemeinschaft und einer geistlichen Erneuerung der Kirchen auf: „Kirche ist lebendige Gemeinschaft, sie lebt im Gottesdienst und im Miteinander-Teilen des Alltags, sie ist Weggemeinschaft. Eine solche Weggemeinschaft können wir in unseren Kirchengemeinden leben und auch in kleinen Gruppen. Und diese Weggemeinschaft gewinnt, wenn sich Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen zusammentun. Eine geistliche Erneuerung unserer Kirchen kommt nur gemeinsam voran.“
Vielfalt müsse dabei als „Geschenk“ angenommen werden, so Frère Alois; es gehe darum, sich noch besser kennen- und schätzen zu lernen – „auch wenn es wahr ist, dass wir unsere Vielfalt manchmal einfach geduldig ertragen müssen“, wie er anmerkte. Vielfalt dürfe dabei aber niemals in Trennung enden: „Auf keinen Fall dürfen wir uns mit dem Skandal unserer Spaltungen abfinden, den alten wie den neuen Spaltungen! Unsere Kirchen können noch nicht alle Glaubensschätze miteinander teilen, aber Christus ist nicht geteilt, er ist eins, er ist unsere Einheit. Und nur wenn wir öfter in gemeinsamem Gebet in seiner Gegenwart zusammenkommen, können wir auch unsere Einheit in Vielfalt glaubhaft leben.“
Drei Hoffnungsgeschichten
Einen emotionalen Höhepunkt des Gottesdienstes bildeten drei persönliche Hoffnungsgeschichten, die Zeugnis gaben von den besonderen Lebensumständen in Pandemie-Zeiten, vom Mangel an Miteinander und vom Aufbruch zu neuer Gemeinschaft. Die Frankfurter Online-Seelsorgerin Julia Piretzis berichtete, wie sie Jugendliche durch kleine Alltagsprobleme und große Existenzkrisen begleitet. Sandra Hofmann, Pflegerin auf einer Corona-Station, erinnerte sich an das Lachen, das trotz der aufgezwungenen Distanz im Klinikalltag Kraft verleiht. Ambote Luzolo aus der Ev. Französisch-Reformierten Gemeinde Frankfurt a.M. setzte ein starkes Signal, als sie auf ihre Erfahrungen bei der Überbrückung von Fremdheit und Distanz zurückblickte.
ÖKT-Präsidentin Bettina Limperg machte im Gottesdienst einen Grundgedanken des 3. Ökumenischen Kirchentages stark: „Schaut hin – das ist das Leitwort. Wir wollen dahin schauen, wohin auch Jesus Christus schauen würde. Dazu wollen wir auch Ihren Blick nutzen: als Schwestern und Brüder hier, bei Ihnen zuhause, in Ihrer Nähe und in der ganzen Welt. Gott ist da, wo Menschen hinschauen, einander Trost schenken und Not lindern.“ ÖKT-Präsident Thomas Sternberg zeigte sich zuversichtlich: „Wir glauben und hoffen: Gott ist dabei, wenn wir in den nächsten Tagen feiern und diskutieren. Wir laden Sie herzlich ein, dabei zu sein!“
„Wir wollen ein Stück vom Himmel mit Ihnen teilen. Denn ein bisschen Himmel kann wohl jede und jeder von uns gut gebrauchen in diesen Zeiten“, brachte die Liturgin Sarah Vecera von der Vereinten Evangelischen Mission Wuppertal den Ort des Gottesdienstes am Himmelfahrtstag mit der Pandemie-Situation in Verbindung. Die schwierige Situation im Land und auch bei den Vorbereitungen des 3. ÖKT vor Augen, ergänzte sie: „Wir kommen seit über einem Jahr immer wieder an unsere eigenen Grenzen. Mir tut es da gut, Hoffnungsgeschichten zu hören.“
Der Gottesdienst wurde neben Sarah Vecera vom Vikarbischof der griechisch-orthodoxen Metropolie in Deutschland, Emmanuel Sfiatkos, und Rosemarie Wenner, Bischöfin i.R. der Evangelisch-methodistischen Kirche Deutschland, liturgisch geleitet. Dabei wurden Gebete für Ärzte und Pfleger, Kranke und Angehörige in der Corona-Zeit vorgetragen. Auch der Menschen in Krisengebieten wurde gedacht, explizit der Menschen im Heiligen Land, die unter neuen Spannungen zwischen Palästina und Israel leiden.
Bischof Bätzing: Zeichen der Geschwisterlichkeit
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hatte im Vorfeld ausdrücklich zur Teilnahme am 3. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) eingeladen. Gerade in Zeiten der Pandemie bräuchten Menschen Zuspruch und Hoffnung, so Bätzing bei einer Pressekonferenz am Vortag in Frankfurt. Daher sei es gut, den ÖKT trotz der schwierigen Umstände durchzuführen. Der ÖKT sei „nicht nur ein Treffen von Katholiken und Protestanten, sondern ein Zeichen der Geschwisterlichkeit aller christlichen Konfessionen in unserem Land: Gemeinsam wollen wir den Glauben feiern und bezeugen. Und gemeinsam machen wir deutlich, dass wir als Christinnen und Christen die Welt mitgestalten und dabei zusammenstehen. Wir treten für Anliegen ein, die den Zusammenhalt der Gesellschaft, soziale Gerechtigkeit und weltweite Solidarität betreffen.“ Bischof Bätzing ist als Bischof von Limburg zugleich Mitgastgeber.
Mit Blick auf die aktuellen ökumenischen Fragen betonte Bischof Bätzing, dass die Kirchen hier weiter im Gespräch seien: „Ja, es wird mit Sensibilität und Leidenschaft daran gearbeitet. Wir durften in den zurückliegenden Jahren erleben, wie eng wir schon zusammengerückt sind. Ich wünsche mir, dass wir auf diesem Weg weiter vorankommen. Noch bleiben auch Unterschiede und Trennendes. Das vertrauensvolle und konstruktive Gespräch über diese Fragen wird weitergehen. Ich bin überzeugt: Der Ökumenische Kirchentag wird nachwirken.“
Digital und dezentral
Der 3. Ökumenische Kirchentag findet vom 13.-16. Mai 2021 digital und dezentral statt; rund 100 digitale Veranstaltungen werden aus Frankfurt gesendet. Begleitet von rund 300 Aktionen und Gottesdiensten in ganz Deutschland ergeben sich vielfältige Themen und Formen von Begegnung. Das Programm auf oekt.de ist frei zugänglich. Um alle Angebote vollumfänglich nutzen zu können, ist die Freischaltung eines kostenlosen, digitalen Tickets notwendig. Bei einzelnen Veranstaltungen ist die Teilnehmenden-Zahl begrenzt.
Der ÖKT wird veranstaltet vom Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Nach 2003 in Berlin und 2010 in München findet der Ökumenische Kirchentag 2021 zum dritten Mal statt. Eingeladen wurde der ÖKT vom Bistum Limburg, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen. Unterstützung erfolgt durch die gastgebenden Kirchen, der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, den Bistümern Fulda und Mainz sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hessen-Rheinhessen (ACK). Der nächste Katholikentag ist 2022 in Stuttgart.
(ökt/dbk/vatican news – pr)
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