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Dreifaltigkeitssonntag - Nationalheiligtum Johannes Paul II., Washington Dreifaltigkeitssonntag - Nationalheiligtum Johannes Paul II., Washington 

Unser Sonntag: „Gott mit uns“

Die Dimensionen Gottes zu verstehen - damit hat sich schon die frühe Kirche abgemüht, meint Sr. Christine Rod. Aus den ignatianischen Exerzitien ist ihr besonders die „Konferenz der Trinität“ in Erinnerung.

Sr. Christine Rod

Dreifaltigkeitssonntag: Mt 28, 16-20
Lesejahr B

Die Osterzeit geht endgültig dem Ende zu. Nach dem langen Reigen von österlicher Bußzeit und schließlich festlich-leuchtender Osterzeit sind wir fast am Ende dieser Feier-Zeit angekommen. In wenigen Tagen werden wir noch Fronleichnam begehen. Wir werden den gegenwärtigen Herrn feiern, den wir durch unsere Straßen und Lebensorte tragen, und dann geht es endgültig in den „normalen“ Zyklus des Jahreskreises zurück.

Hier zum Nachhören

Was auch dem Ende zugeht, ist das Matthäusevangelium. Das heutige Evangelium ist das Schlusswort des Matthäusevangeliums. Und wie beinahe jedes Schlusswort ist auch dieses Schlusswort eine Art Paukenschlag: Vieles von dem, was dem Autor bzw. seiner jungen Christengemeinde wichtig war, wird noch einmal auf den Punkt gebracht. Da wird – flapsig gesagt – vom Evangelisten Matthäus alles zusammengefasst, „was der Mensch so braucht“, also in knapper Form die ganze Botschaft Jesu.

„Gott steht mit sich selbst, mit seinen Dimensionen von Vater, Sohn und Geist in Beziehung und Berührung.“

Diese Verdichtung hat dem heutigen Sonntag auch den Namen „Dreifaltigkeitssonntag“ eingebracht. Seit den ersten Jahrhunderten wird die Dreifaltigkeit verehrt. Im 14. Jahrhundert wurde der Dreifaltigkeitssonntag dann endgültig feierlich bzw. offiziell beschlossen.
Wir hören in diesem Evangelium etwas davon, wie Gott sich versteht und wie er uns Menschen versteht (so weit wir es begreifen können): Gott ist in sich vielfältig, dreifaltig. Gott steht mit sich selbst, mit seinen Dimensionen von Vater, Sohn und Geist in Beziehung und Berührung. Und Gott will auch uns Menschen in diese Beziehung und Berührung mit hineinnehmen.

Ein großer Auftrag

Der Auftrag, das Zutrauen und die Zumutung Gottes an uns sind wahrlich nicht klein: In seinem Namen taufen und Menschen zu Ihm einladen. Wenn das nicht auch grenzüberschreitend ist, größer als alles, was wir bisher gehört und begriffen haben? Der Text ist relativ kurz. Schauen wir einmal genauer hin, Schritt für Schritt, beinahe Satz für Satz. Das lohnt sich, denn immerhin sind da ja gleichsam im Telegrammstil entscheidende Themen unseres Glaubens angesprochen.

Die elf Jünger

Zunächst kommt die Darstellung der Ausgangssituation. „Die elf Jünger gingen nach Galiläa.“ „Die elf“. Schmerzlich kommt ins Bewusstsein, dass einer der ehemals Getreuen nicht mehr da ist. Die Wiederherstellung der Zwölfzahl mit der Nachwahl des Matthias hat noch nicht stattgefunden. Irgendetwas, nein, einiges, ist bruchstückhaft und unfertig. Sie gingen also nach Galiläa. D.h. sie gingen an ihren Ursprung zurück, dorthin, wo alles begonnen hatte, wo sie doch eigentlich zuhause waren, wo sie sich auskannten, wo sie ihre Familien hatten und wo die meisten wahrscheinlich auch wieder ihrem vertrauten Beruf als Fischer nachgehen konnten. Vertrautheit tut gut in Krisenzeiten, und einen solchen Balsam für ihre Seelen hatten sie vermutlich in dieser Situation nötig. Wenig später werden sie aus der bergenden Vertrautheit über alle Grenzen und über alle Vorstellungen hinaus geschickt werden.

Der Berg ist Schauplatz der Geschichte mit Gott

„Sie gingen auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.“ Aha, Jesu hat sie also irgendwo „hinbestellt“. Wie diese Zusammenkunft zustande kam, wissen wir nicht. Und wir wissen auch nicht, von welchem Berg eigentlich die Rede ist. Aber was wir wissen, ist, dass ein Berg in der Bibel nicht irgendein Ort ist. Wieder einmal ist ein Berg der Schauplatz für eine Geschichte mit Gott; auch im heutigen Evangelium. Es sind Berge, auf denen sich Gott schon im Alten Testament in besonderer Weise mitteilt. Es sind Orte der Gottesoffenbarung, der „Theophanie“ oder „Christophanie“, wie man derartige Offenbarungen nennt.
Auch bei Jesus im Neuen Testament ist es so, dass sich auf Bergen Entscheidendes ereignet: da gibt z.B. den Berg der Verklärung, es gibt die Bergpredigt auf dem Hügel oberhalb des Sees Genesareth, und jetzt ist wieder von einem Berg die Rede, ebenfalls in Galiläa. Es muss also um etwas besonders Wichtiges gehen. Und so ist es auch.

Niederfallen und Anbeten

„Als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder.“ Das Erkennen Gottes, das für Menschen zugleich beglückend und erschreckend ist und das Niederfallen, das Sichniederwerfen vor Gott und die damit verbundene Anbetung, sind wesentliche Elemente der Theophanie. Dieses Erkennen Gottes mutet schon archaisch an. Aber dann kommt auch noch, dass Jesus ganz nahetritt und dass er von der Macht, von der Vollmacht spricht, die ihm gegeben ist. Einem in der Geschichte des Volkes Gottes geübten Ohr klingt die Verfügung des Königs Kyros an, der im 6. Jahrhundert das verbliebene Volk aus dem babylonischen Exil in die Freiheit entlassen hat. „Alle Reiche der Erde hat Jahwe, der Himmelsgott, mir gegeben.“ Kyros, der mit Vollmacht ausgestattet ist, ist also in gewisser Weise der große Vorläufer dessen, der selber ein souveräner Herrscher ist und dennoch diesem Volk die Freiheit gewährt.

„Gott teilt sich mit als einer, der größer ist als alle unsere bisherigen Denkmuster von Raum und Zeit“

„Darum“ (also weil Gott der Herr ist) – „darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern“. Das ist der Auftrag, aus dem kleinen Galiläa hinauszugehen, im Namen Gottes alle Grenzen zu übersteigen, zu allen Völkern, zu allen Menschen, in alle Lebenswelten und in alle Lebensbereiche hineinzugehen und allen den Glauben anzubieten und zu verkünden. Gott teilt sich mit als einer, der größer ist als alle unsere bisherigen Denkmuster von Raum und Zeit: alle Macht im Himmel und auf der Erde, alle Völker, alle Menschen, alle Tage. Gott sprengt alle nur irgendwie vorstellbaren Grenzen.

Taufe gab es schon im Alten Testament

„Und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. So etwas wie Taufe gab es schon im Alten Testament. Jesus selber hat sich ja von Johannes im Jordan taufen lassen. Gerade im späten Judentum waren rituelle Bäder, Reinigungsbäder, Teil der Tempelarchitektur und der Tempelrituale. „Taufe“ hat etymologisch mit „Eintauchen“ ins Wasser zu tun. Später ist dann ein Überschütten mit Wasser und das Initiationssakrament für unseren Glauben daraus geworden.

„Gott wird sie begleiten, er wird mit ihnen sein, wo auch immer sie sind.“

Bevor ich auf die Dreifaltigkeit zu sprechen komme, gehe ich zunächst zum letzten Satz des Evangeliums: „Siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Die Jünger werden nicht einfach hinausgeschickt in unbekannte Fernen, sondern sie gehen mit der Zusage des „Gott mit uns“. Gott wird sie begleiten, er wird mit ihnen sein, wo auch immer sie sind.

Im Text ist ein Dreischritt erkennbar: 1. Jesus hat die Vollmacht, d.h. er ist der Herr über Himmel und Erde. 2. Jesus beauftragt, in seinem Namen hinauszugehen und Menschen zu Jüngerinnen und Jüngern zu machen. Und 3. Jesus schickt sie nicht einfach weg – alleine umherirrend wie verstoßene Kinder, sondern er gibt ihnen seine Verheißung mit, er verspricht ihnen, immer mit ihnen zu gehen.

Ein Gott in drei Personen

Und nun zur Taufe auf den dreifaltigen Gott: „Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Flapsig ausgedrückt würde ich sagen: Wie soll man bloß die verschiedenen Aspekte Gottes verstehen, wie soll man alle Dimensionen Gottes „auf die Reihe“ und „unter einen Hut“ bringen? Die frühe Kirche hat sich in den ersten Jahrhunderten immer wieder und bei mehreren Synoden und Konzilien mit dieser Frage abgemüht. Schließlich ist sie auf den Begriff der „Dreifaltigkeit“ oder „Dreieinigkeit“ gekommen: Gott ist nicht in einem schnellen Wurf zu definieren. Gott ist und bleibt vielfältig. Er zeigt sich in verschiedenen Gestalten und Personen. „Ein Gott in drei Personen“ heißt es.

„Gott Vater, der Urheber des Lebens - Jesus Christus, der Heiland, der alles löst und erlöst - der Heilige Geist, die Lebenskraft, die alles bewegt und erneuert“

Die Person, die „Persona“, war im antiken griechischen Theater die Maske eines Schauspielers, mit der er jeweils in eine andere Rolle geschlüpft ist. Gott ist kein Schauspieler, aber die Parallele ist, dass auch er in verschiedenen Erscheinungsformen, in unterschiedlichen Gestalten und „Rollen“ zu uns kommt. Einmal ist er Gott Vater, der Urheber des Lebens, der alles erschafft und erhält. Einmal ist er Jesus Christus, der Heiland, der alles löst und erlöst. Und einmal ist er der Heilige Geist, die Lebenskraft, die alles bewegt und erneuert, die jeden, der ihn sucht, tröstet und ihm beisteht.

Als christlich und kirchlich sozialisierter Mensch bin ich mit der Dreifaltigkeit sozusagen aufgewachsen: Mit der eigenen Taufe, mit dem Kreuzzeichen, mit dem Dreifaltigkeitssonntag im Kirchenjahr usw. Ich hatte nie die Mühe, mir selbst oder anderen erklären zu müssen, dass es ja nicht drei Götter sind, sondern dass es eben ein Gott in drei Personen ist. Es war so.

Empfang der ignatianischen Exerzitien

Eines Tages habe ich noch einmal einen ganz neuen Zugang bekommen, der mir geholfen hat, ein wenig mehr von der Dreifaltigkeit zu begreifen. Ich habe in meinem Noviziat die dreißigtägigen Exerzitien in der Tradition des heiligen Ignatius von Loyola gemacht. Bzw. ich habe sie empfangen, wie Ignatius selber das in seinem Exerzitienbuch genannt hat. Und ich habe damals in diesen Wochen des Schweigens und Betrachtens wahrlich viel empfangen. Eine dieser Betrachtungen, die mir besonders in Erinnerung ist, ist die – wie ich es nenne – „Konferenz der Trinität“. Ignatius empfiehlt im Rahmen des Menschwerdungs-Kapitels folgende Betrachtung: Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist sind beisammen und schauen auf die Erde hinunter. Sie sind tief berührt von dem, was sie da sehen, sie sind betroffen von der Erlösungsbedürftigkeit der Menschen. Und sie beschließen, dass doch einer von ihnen da hinuntersteigen und diese herum-irrenden Menschen retten muss. Wir wissen, wie die Geschichte ausging. Wir wissen und glauben, dass Jesus Mensch geworden ist und diese Welt gerettet, erlöst hat.

„Ja, das ist es, was wir für diese Welt ersehnen“

Und nicht genug damit. Als ich dann ein paar Jahre später im Auftrag meiner Ordensgemeinschaft in Bayern gelebt habe, bin ich eines Tages nach Oberammergau und auch in die dortige Pfarrkirche gekommen. Ich konnte meinen Augen kaum trauen. In dieser wunderbaren barocken Kirche gibt es einen Seitenalter mit einem geschnitzten Altarbild. Es ist, als ob es die in Form und in Bewegung gesetzte Fortsetzungsgeschichte zu der Szene im Exerzitienbuch wäre: Vater und Sohn sitzen auf der Weltkugel, einander zugewandt, offensichtlich ins Gespräch vertieft. Der Sohn macht sich schon bereit zum Hinabsteigen, er streckt schon sein Bein aus und weist hinunter, immer noch in innigem Blickkontakt mit dem Vater. Der Geist schwebt als Taube darüber, als der Vater zum Sohn etwas spricht. Wir wissen nicht, was er spricht, aber auf jeden Fall ist es eine Szene innigster Verbundenheit und Kommunikation. Ich stelle mir vor, dass sich die beiden oder die drei noch einmal vergewissert haben: „Ja, das ist es, was wir für diese Welt ersehnen.“
Da habe ich noch einmal neu und dankbar verstanden, was Dreifaltigkeit bedeuten könnte.

Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt

Ich komme noch einmal zum Text zurück. Jesus schickt seine Jünger und Jüngerinnen, um die Menschen zu taufen. Wir sind getauft, das heißt wörtlich, wir sind eingetaucht in alle Dimensionen Gottes: In den Vater, also in den, der alles schafft und am Leben erhält. In den Sohn, in den, der so wie wir Fleisch und Blut geworden ist und der uns in allem heilt, befreit und erlöst. In den Geist, in die Kraft und den Atem Gottes, „der Herr ist und lebendig macht“ (wie das alte Glaubensbekenntnis sagt).
Irgendwie ist es unglaublich und unfassbar, was uns in dieser Taufformel alles zugesagt ist, in so konzentrierter Form.
Das Schlusswort Jesu bringt die ganze Kraft der Ermutigung und des Trostes mit sich: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“
Ja, wenn das so ist, wenn Gott wirklich immer gegenwärtig ist, dann habe ich den Mut und das Vertrauen, an den großen, dreifaltigen Gott zu glauben.

(radio vatican - claudia kaminski)
 

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29. Mai 2021, 11:00