D: 10 Jahre PID – Wann ist Leben lebenswert?
Bei der Präimplantationsdiagnostik, kurz PID, werden durch künstliche Befruchtung erzeugte Embryonen auf genetische Defekte hin untersucht, bevor sie in die mütterliche Gebärmutter eingepflanzt werden. Diese Untersuchungsmethode ist aus ethischen Gesichtspunkten höchst umstritten, wie Michael Kiworr von den Ärzten für das Leben erläutert.
„Letztendlich gibt immer mehr genetische Erkrankung, die man feststellen kann. Das liegt daran, dass das ganze Genom bekannt ist.“
Deutschland befinde sich „im Mittelfeld“, was den Lebensschutz betreffe. Eine große Rolle habe bisher die Aufarbeitung mit der eigenen Geschichte während der Nazizeit beigetragen, da damals Eugenik betrieben wurde. Dies habe dazu geführt, dass sich die heutige Politik in der Bundesrepublik mit dem ethischen Thema tiefgründig auseinandergesetzt habe.
„Daraus haben wir in Deutschland ein sogenanntes Embryonenschutzgesetz entwickelt, was es sonst in anderen Ländern so nicht gibt. Ja, da denke ich, dass wir ein stückweit dankbar sein müssen, um die Gesetzgebung.“
Eine neue Dimension
Doch vor zehn Jahren wurde mit der Einführung der PID eine neue Dimension eingebracht. Die Kant‘sche Schule lehre uns: Der Mensch sei Zweck an sich, niemals Mittel zum Zweck. Doch wer entscheide denn am Ende über den Wert des Lebens? Dr. Michael Kiworr von den Ärzten für das Leben habe eine persönliche Geschichte dazu, die er unseren Kollegen von Radio Horeb noch am Ende ihres Gesprächs verraten hat. Er hatte in der Schule einen besten Freund, der an Mukoviszidose litt, einer unheilbaren Krankheit, die damals noch mit einer Lebenserwartung von höchstens 20 Jahren einherging. Der Freund war gläubig und sagte damals schon: „Ich weiß, dass Jesus mein Erlöser ist und mein Leben hier wird demnächst zu Ende sein, aber ich weiß, wo ich hin gehe. Zu dem Zeitpunkt habe ich das auch nicht gewusst. Er hat nur 50 Jahre gelebt.“
Es dient als Ergänzung zum Embryonenschutzgesetz von 1991, welches Untersuchung an Embryonen, Klonen, Züchtung, Lagerung oder Handel sowie Patente auf embryonale Stammzellen bisher verboten hat. Durch die PID können etwa 200 schwere erblich bedingte Erkrankungen festgestellt werden. Allerdings ist im Gesetz nicht genau definiert, welche Erkrankungen als schwerwiegend gelten. Mit der selbstverständlichen Weiterentwicklung der technischen Verfahren (z. B. bessere Gefrierlagerung von entnommenen Eizellen) in der modernen Reproduktionsmedizin werden immer weiter gehende rechtliche Regelungen notwendig.
Internationale Unterschiede
Im europäischen und außereuropäischen Ausland ist die Gesetzes- und Diskussionslage zum Teil viel weitgehender. In Belgien, Großbritannien, den USA, Israel, einigen islamischen Ländern, China und Indien wird die PID großzügig und wenig reglementiert angewendet. In den USA haben die sehr liberale Einstellung zur Patientenautonomie, der Wunsch nach gleichmäßiger Geschwisterverteilung oder selbstverständliche Geschlechtsbestimmung zur Verhinderung geschlechtsbedingter Erbkrankheiten zu einer massiven Ausweitung der Verfahren geführt. In Israel gilt ungewollte Kinderlosigkeit als schweres Schicksal, welches auch künstliche Befruchtung oder Präimplantationsdiagnostik fast ohne gestzliche Reglementierung erlaubt. Ethisch hat das zu einem anderen Menschenwürdebegriff geführt, der Kindern dort erst nach ihrer Geburt zugesprochen wird. In Portugal ist PID für die Erzeugung von Spenderbabies zugelassen. Sie werden in den Mutterleib eingepflanzt, wenn ihr genetischer Code für Knochenmarks- oder Organspenden immunologisch passend für bereits geborenes, an Leukämie oder tödlichem Organversagen erkrankten Geschwisterkinder ist.
(radio horeb – mg)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.