Unser Sonntag: Gebt Ihr ihnen zu essen!
Prof. Dr. Johannes Grohe
Joh 6,1-15
Lesejahr B
Das Evangelium des heutigen Sonntag nach Johannes erzählt uns, wie der Herr Mitleid hat, als er sieht, dass die Menschen zu ihm kommen, beseelt von einem großen Verlangen, ihn vom Himmelreich reden zu hören und ihre Kranken heilen zu lassen. Dabei verweilen sie lange bei ihm.
Markus weist darauf hin, dass Jesus lange Zeit blieb, um die Menge, die ihm folgte, zu lehren, weil sie wie Schafe ohne einen Hirten waren. Es wird spät. Die Jünger beginnen, ein gewisses Unbehagen zu empfinden und fühlten sich genötigt einzugreifen: Sie sagen - der Ort ist abgelegen, und es ist schon spät. Schick sie weg, damit sie in die umliegenden Gehöfte und Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können (Mk 6, 35-36). Ein zweifelsohne vernünftiger Vorschlag.
Gebt Ihr ihnen zu essen!
Doch der Herr, der sich um die Seinen kümmert, um die, die ihm folgen, und das auch in ihren materiellen Nöten tut, wenn es nötig ist, sagt ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! (Mk 6,37). Er versetzt sie damit in Erstaunen, denn sie sind nicht darauf vorbereitet, so vielen Menschen Nahrung zu geben: Wo sollen wir in dieser unbewohnten Gegend so viel Brot hernehmen, um so viele Menschen satt zu machen? (Mt 15, 33).
Aber, das ist eindrucksvoll, die Apostel gehorchen und tun, was sie können: Sie sammeln fünf Brote und zwei Fische. Es handelt sich um etwa fünftausend Männer, – die Frauen und Kinder nicht mitgezählt –, wie Markus hinzufügt. Jemand macht eine Rechnung auf: Zweihundert Denare Brot hätten nicht gereicht, damit jeder auch nur ein Stück bekommen konnte. Der Herr vollbringt hier ein außergewöhnliches Wunder mit diesen wenigen Broten und Fischen – und mit dem Gehorsam seiner Jünger, weil sie, vom Herrn dazu aufgefordert, die Versammlung anweisen, sich in Gruppen von fünfzig zu setzen.
Bange Erwartung der Jünger
Versuchen wir uns vorzustellen, mit welchen Gefühlen die Jünger ans Werk gingen: Erstaunen, vielleicht mit der bangen Erwartung, die Sache könnte schiefgehen. Das mag alles sein, doch ist da vor allem in ihren Herzen der Glaube an Jesus und ein unbegrenztes Vertrauen in den Meister, dass er weiß, was er tut.
Das, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wiederholt sich immer wieder, wenn man dem Herrn nachfolgt, damals – damals wie heute. Mit Worten des Heiligen Josemaría: Hilfst du Ihm auch nur mit einer Kleinigkeit, wie die Apostel es getan haben, dann ist Er bereit, Wunder zu wirken: Brote zu vermehren, den Willen eines Menschen zu verwandeln, einen verfinsterten Verstand zu erleuchten und durch eine besondere Gnade es möglich zu machen, daß unlautere Menschen fortan gerade Wege gehen. All das und mehr noch tut Er, wenn du Ihm auch nur ein wenig mit deinem eigenen Einsatz zu Hilfe kommst (Im Feuer der Schmiede 675).
Bild für die Eucharistie
Die Apostel hatten eine Gelegenheit, ihren guten Willen nicht nur dadurch zu beweisen, als sie dem Meister bei der Verteilung der wenigen Brote halfen, die sich vermehrten, indem sie sie brachen und an die Menge verteilten. Für den Herrn ist dieses Wunder nicht nur ein Beweis seiner Barmherzigkeit – der göttlichen Barmherzigkeit – gegenüber Bedürftigen, es ist vor allem ein Bild für die Eucharistie, von der er kurz darauf in der Synagoge von Kapernaum sprechen wird. Als da alle empört sind, bleiben die zwölf Apostel dem Herrn treu: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.
Glaube befähigt, an der Brotvermehrung teilzunehmen
Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes (Joh 6, 68-69) wird Petrus im Namen der anderen antworten. Der Glaube befähigte sie, an der Brotvermehrung teilzunehmen. Durch den Glauben empfangen sie das Geschenk der Eucharistie. Es wird beim letzten Abendmahl sein, wo die Apostel aus den Händen des Herrn seinen Leib und sein Blut empfangen, so wie der Meister es in Kapernaum angekündigt und bei der Brotvermehrung vorbereitet hatte –nun wird es Wirklichkeit unter dem Zeichen von Brot und Wein.
Alle Gaben des Herrn müssen mit Glauben empfangen werden. Aber das gilt besonders für die Gabe der Eucharistie. Sie ist immer, wenn sie gefeiert wird, ein Wunder der göttlichen Liebe. Wie bei der wunderbaren Brotvermehrung gibt es die kleine und arme Entsprechung von unserer Seite: Bei der Gabenbereitung bringen wir für die Feier Brot und Wein zum Altar, eine kleine, materielle Gabe: die Frucht der Erde, die Frucht des Weinstocks und der menschlichen Arbeit – Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde, den Kelch, damit er uns der Kelch des Heiles werde.
Unsere Vorbereitung auf die Eucharistie
Wir beschränken uns nicht nur auf diese Vorbereitung, auch nicht andere Dinge zur Vorbereitung der Feier – den Ort für die Eucharistiefeier würdig vorzubereiten und die Feier selbst mit ihren Lesungen, Gebeten und Liedern: Vor allem uns selbst können wir Augenblick der Gabenbereitung anbieten – mit unseren Freuden und Sorgen, mit unserer Arbeit für den Herrn, unseren Gebeten und unseren Anliegen: Alles, Herr, was ich tue, soll für dich sein. Der Glaube gibt uns die Gewissheit: dass der Herr dieses Opfer zum Lob und Ruhm seines Namens annimmt, zum Segen für uns und seine ganze heilige Kirche. Was bringen wir? Vielleicht unsere Arbeit, Werke der Barmherzigkeit, Zuwendung zu anderen?
Die wunderbare Zeitvermehrung
Oder die Gabe der Zeit, die uns in unserer Gegenwart besonders kostbar erscheint? Ich erinnere mich aus meinen Studienjahren noch an ein Buch des Priesters und Schriftstellers, der im vergangenen Jahr verstorben ist und der eines seiner Bücher betitelte: Die wunderbare Zeitvermehrung. Und er verfremdete das Evangelium ein wenig, um es besser verständlich zu machen. Und tatsächlich, wenn wir vor den Herrn hintreten und so wie die Jünger sagen, wir haben nur fünf Brote und zwei Fische, Herr, ich habe so viel Zeit nicht, um mich demjenigen oder derjenigen zu widmen, Zeit bei einem Kranken zu verbringen, jemandem zuzuhören, der jemanden braucht, bei dem er sich aussprechen kann, dann könnten auch wir sagen: Herr, es ist wie mit den Broten und den Fischen - ich habe nur fünf Minuten und zwei Augenblicke - Du musst sie segnen, dann wird aus denen Gnade und Frieden und Glück für mich selbst und für den anderen erwachsen.
Jesus lädt uns ein, mit dem Wenigen, das wir haben, mitzuwirken. Er wird seine Wunder wirken. Wir wollen die Eucharistie empfangen mit demselben Glauben, mit dem die Apostel sie empfangen haben. So wie sie sollten wir den Herrn mit größerem Glauben empfangen als die Menschenmenge, die zwar die Worte des ewigen Lebens aus seinem Mund hören wollte, aber im Moment der Prüfung dieses Glaubens Anstoß nahmen. Der Empfang der Heiligen Kommunion mit dem Glauben der Apostel wird immer eine Quelle der Gnade sein, ein neues Licht für unser Leben, ein erneuter Impuls, der uns, manchmal, ohne dass wir es bemerken, Kraft für unser tägliches Leben gibt, um es mit menschlichen und übernatürlicher Gnadengaben zu meistern.
(radio vatikan - claudia kaminski)
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