Österreich: NGOs fordern mehr globale Covid-Hilfe
Die Arbeitsgemeinschaft appellierte anlässlich des Welttages der humanitären Hilfe (19. August) an die österreichische Regierung, zusätzliche 200 Millionen Euro an bilateralen Mitteln für internationale COVID-19-Hilfe zur Verfügung zu stellen – insbesondere für Impfprogramme. 200 Millionen Euro sei „in etwa jene Summe, die ein Tag Lockdown den österreichischen Staat kostet“, erläuterte Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, die Forderung der in der AG vertretenen NGOs.
„Während in Europa bereits über 40 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, sind es weltweit erst 16 Prozent und in Afrika haben gerade mal zwei Prozent der Menschen einen vollständigen Impfschutz gegen Covid-19“, skizzierte Vilim die Verteilungsproblematik.
„Die Menschen in den ärmsten Ländern sind mit multiplen Krisen konfrontiert, wie die Klimakatastrophe, aber auch die Erdbebenkatastrophe in Haiti oder die neuerlichen Gewaltausbrüche in Afghanistan zeigen“, betonte Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp. Zusätzlich zu diesen Krisen drohe eine weitere Covid-Welle. Das sei besonders für Menschen in Krisenregionen ein massives Problem.
So lange nicht weltweit genügend Menschen gegen Covid geimpft sind, sei man auch in Österreich nicht vor weiteren Virusvarianten geschützt, warnte Knapp: „Wir rufen deswegen die österreichische Bundesregierung dazu auf, hier ihren Beitrag zu leistet - auch aus einer moralischen Verpflichtung heraus“.
Aufklärung der lokalen Bevölkerung
Wien könne dabei jederzeit auf die Expertise österreichischer Nichtregierungsorganisationen zählen. Man habe darüber hinaus eine starke Bindung zu lokalen Strukturen in den Regionen und im Falle der Caritas, als kirchliche Organisation, eine hohe moralische Glaubwürdigkeit, wenn es beispielsweise darum gehe, der Impfskepsis unter der lokalen Bevölkerung entgegenzuwirken, schloss der Caritas-Auslandshilfechef.
Es sei aber nicht nur wichtig, Menschen über nationale Kampagnen zum Impfen zu bewegen, so Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes. entscheidend sei auch, „auf der untersten Ebene in Gemeinden über Freiwillige zu helfen, um diese Pandemie wirklich beenden zu können“. Dieses Ende „liegt leider noch in weiter Ferne“. Da in vielen Ländern zudem eine gewisse Impfskepsis herrsche, „investieren wir viel in die Aufklärung der lokalen Bevölkerung“, ergänzte Sebastian Corti, Geschäftsführer von World Vision Austria:
„Die Pandemie zeigt auf, dass eine inklusive Gesundheitsversorgung bitter nötig ist, denn Menschen mit Behinderungen sind besonders gefährdet, sich zu infizieren“, erklärte Rupert Roniger, internationaler Geschäftsführer von Licht für Welt. Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von Care Österreich, betont den ungleichen Impffortschritt zwischen Frauen und Männern: „Zwar stehen Frauen weltweit bei der Pandemiebekämpfung an vorderster Front, beispielsweise als Krankenpflegerinnen“, beim Impfen seien sie in vielen Ländern aber leider stark benachteiligt.
Kaum Impfstoffe für Vertriebene und Flüchtlinge in Camps
Auch vertriebene und geflüchtete Menschen in Camps seien von der Versorgung mit Impfstoffen weitestgehend abgeschnitten, berichtete Susanne Drapalik, Präsidentin des Arbeiter-Samariter-Bundes Wiens. In der näher rückenden kalten Jahreszeit werden die Hygienebedingungen zu einem Problem, sie würden die schnelle Ausbreitung von COVID-19 erleichtern. Man sei jederzeit dazu bereit, vor Ort Impfungen durchzuführen, aber „das ist derzeit eine Illusion, denn wo kein Impfstoff, da kein Impfen“, schloss Drapalik.
Bis Mitte August 2021 wurden laut der AG Globale Verantwortung 2,4 von 7,8 Milliarden Menschen weltweit geimpft, etwa zwei Drittel davon erst einmal. Von den Geimpften leben über 85 Prozent in den reichen Ländern der Erde. Wurden in Österreich 113,12 Corona-Impfstoff-Dosen pro einhundert Personen verabreicht, sind es in Asien lediglich 67,06 und in Afrika nur 6,29. Arme Länder wie Äthiopien (2,01), Uganda (2,55) oder der Jemen (1,04) zählen zu den Schlusslichtern. Die OECD schätzt, dass Milliarden von Menschen in armen Ländern frühestens 2023 oder 2024 geimpft werden können.
Die AG Globale Verantwortung ist ein Dachverband mit 34 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, darunter auch zahlreiche kirchliche wie u.a. Caritas, Katholische Frauenbewegung, Jugend eine Welt oder Diakonie.
(kap – sk)
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