Kardinal Schönborn nach Syrien-Reise: „Marschall-Plan" nötig
Der Kardinal zeigte sich tief bewegt von der Not des Großteils der Bevölkerung. Nach zehn Jahren Krieg liege nun die Wirtschaft darnieder. Das sei zum einen natürlich die Folge des Krieges, zum anderen aber auch die Folge der westlichen Wirtschaftssanktionen. Man wolle damit die syrische Regierung treffen, treffe aber ausschließlich die Bevölkerung, so Schönborn: „Die Armen werden noch ärmer, der Mittelstand wird ruiniert."
Ökumenisches Friedensgebet
In der syrisch-orthodoxen Patriarchatskathedrale in Damaskus stand Schönborn gemeinsam mit Patriarch Afrem II., dem melkitischen Patriarchen Youssef Absi und Nuntius Kardinal Mario Zenari einem ökumenischen Friedensgebet vor. Dabei zeigte sich Schönborn in einer kurzen Ansprache selbstkritisch. Der Westen verschließe die Augen vor der unvorstellbaren Not der Menschen in Syrien. Die Aufgabe der politischen Führer sei es, endlich Frieden zu schaffen. Der Wiener Erzbischof erinnerte zudem daran, dass es in den vergangenen Jahren gelungen war, 2.500 syrische Flüchtlinge über Resettlement-Programme in Österreich aufzunehmen. Doch letztlich müsse es darum gehen, dass niemand dazu gezwungen werde, seine Heimat zu verlassen.
Bei Flüchtlingen und Hilfsprojekten
Tief betroffen vom Leid der Bevölkerung zeigte sich Schönborn bei einer Begegnung in Damaskus mit Flüchtlingen und Menschen in Not. Familien, christliche wie muslimische, erzählten ihm von ihrer Flucht vor den Kämpfen, vom Tod der Familienangehörigen oder ihren zerstörten Häusern. Manche konnten inzwischen zurückkehren und ihre Häuser wieder notdürftig einrichten, andere leben weiterhin als Binnenvertriebene in Damaskus. Viele werden von der Kirche unterstützt. Die Geschichten der Binnenflüchtlinge gleichen jenen in den Flüchtlingslagern in Syriens Nachbarstaaten.
Zudem wurde in Maarat Sadnaya bei Damaskus eine Universität gegründet und vor gut drei Jahren eröffnet. Das Angebot für die derzeit rund 400 Studentinnen und Studenten ist breit gestreut und reicht von Elektrotechnik über Informatik bis zu Wirtschaftsfächern und Jus. Im Endausbau soll die Universität Platz und Lehrangebote für 5.000 junge Leute bieten: Christen und Muslime. Das Beste, was sie für sich und ihr Land machen könnten, sei ein engagiertes Studium, ermutigte der Kardinal die Studenten bei einer kurzen Begegnung.
Gebet in Homs
Ein geraubter Kelch als Geschenk
Mit dem Kelch feierte er Sonntagabend in syrisch-orthodoxen St. Ephraim-Kloster in Maarat Sadnaya Gottesdienst. Zu dem Gottesdienst waren u.a. auch der Apostolische Nuntius Kardinal Mario Zenari, der syrisch-orthodoxe Patriarch Aphrem II. und der melkitische Patriarch Absi gekommen.
In Maarat Sadnaya besichtigt Schönborn zudem das griechisch-orthodoxe Marienkloster, das von Christen und Muslimen gleichermaßen aufgesucht wird.
Klöster in Malula
Hintergrund
Kardinal Schönborn war von Samstag bis Montag auf Einladung des syrisch-orthodoxen Patriarchen Aphrem II. und weiterer syrischer Kirchenoberhäupter in Syrien zu Besuch. Auf dem Programm standen Begegnungen mit Kirchenvertretern sowie Gläubigen der verschiedenen Kirchen, aber auch mit Binnenvertriebenen und Menschen in Not. Der kleinen österreichischen Delegation mit Kardinal Schönborn an der Spitze gehörten auch Pro Oriente-Präsident Alfons Kloss und der Vorsitzende der Salzburger Pro Oriente-Sektion, Prof. Dietmar Winkler, an.
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