D: Marx und Bedford-Strohm: Haltung zeigen gegen Antisemitismus
Wer sich den „Gräueln der Geschichte" nicht stelle, der verschließe auch „die Augen vor den Aufgaben der Gegenwart", mahnte Marx. Die vermeintlich „alten Geister" des Hasses und der Ausgrenzung seien immer wieder präsent. Sie kämen manchmal in neuem Gewand daher, aber letztlich seien es doch dieselben, wenn man an die antisemitischen Verschwörungstheorien denke, „die heute wieder verstärkt im Umlauf sind".
Marx forderte, diese „alten Geister" notfalls mit dem Strafrecht zu verbannen. Vor allem aber sollten die Menschen mit Zivilcourage dagegen Stellung beziehen: „Da ist in erster Linie eine Haltung von uns gefordert." In seinem Grußwort nannte es der Kardinal „eine eminente Aufgabe unserer Religionsgemeinschaften, dass wir Formen, Zeiten und Orte des lebendigen Erinnerns schaffen". Dies könne am besten gemeinsam geschehen in der persönlichen Begegnung.
Erinnerung an Münchner Juden
Der Landesbischof erinnerte an die ledige Münchner Lehrerin und Schriftstellerin Elisabeth Braun. Die 54-Jährige stand unter Nummer 975 auf der Deportationsliste. Am 20. November 1941 war sie zum Güterbahnhof Milbertshofen getrieben und fünf Tage später in Kaunas ermordet worden. Braun stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie, war mit 33 Jahren in die evangelische Kirche eingetreten. 1938 hatte sie in ihr Stadthaus in Bogenhausen, dem Hildebrandhaus, 15 verfolgte Christen und Juden aufgenommen. Als sie erfuhr, dass sie enteignet werden sollte, setzte sie die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern als Alleinerbin ein.
Ihr Erbe sollte zur Unterstützung von antisemitisch verfolgten Christen eingesetzt werden, so Bedford-Strohm. Nach dem Krieg habe die evangelische Kirche das Erbe angetreten und setze es bis heute für Projekte ein, „von denen wir hoffen, dass sie im Sinne von Elisabeth Braun sind". Der Landesbischof räumte ein, dass einst nur einzelne mutige Christen und Netzwerke für antisemitisch Verfolgte eingetreten seien; die Kirchenleitungen seien nicht bereit gewesen, „den von der Deportation bedrohten Menschen beizustehen".
In den frühen Morgenstunden des 20. Novembers 1941 fuhr vom Güterbahnhof Milbertshofen der erste Deportationszug nach Osteuropa ab mit 1.000 Juden, darunter 130 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Wenige Tage später wurden die Menschen erschossen.
(kap/kna - sst)
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