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Heinrich Beford-Strohm  (hier auf einem Archivbild) wird sich nicht wieder als Präses zur Wahl stellen Heinrich Beford-Strohm (hier auf einem Archivbild) wird sich nicht wieder als Präses zur Wahl stellen 

D: Evangelische Kirche (EKD) startete Synode mit Feier in Bremen

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die für den 7. bis 10. November als Präsenztagung in Bremen geplant war, findet jetzt digital statt. Anlass ist die in den vergangenen Tagen deutlich verschlechterte Corona-Situation sowie ein Impfdurchbruch in einer vorgelagerten Gremiensitzung in Bremen.

Die Synode wurde am Sonntag mit einem Gottesdienst im Bremer Sankt-Petri-Dom eröffnet. Die Predigt hielt der leitende Geistliche der Bremischen Evangelischen Kirche, Bernd Kuschnerus.

In einer Pressemitteilung der EKD erklärte Präses Anna-Nicole Heinrich zur Umstellung auf Online: „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und bedauern diesen Schritt sehr, sehen aber keine andere Möglichkeit, verantwortungsvoll mit der Situation umzugehen.“ Trotz des veränderten Ablaufs gelte: Die geplanten Wahlen, bei denen u.a. der Nachfolger für den bisherigen EKD-Ratzvorsitzenden Bischof Heinrich Bedford-Strohm bestimmt wird, finden auch bei der digitalen Durchführung der Tagung statt.

Für den Rat der EKD stehen 21 Kandidatinnen und Kandidaten auf der Nominierungsliste. Der Rat ist das leitende Gremium der EKD und wird alle sechs Jahre neu gewählt. Ihm gehören 15 Mitglieder an, 14 davon werden auf der EKD-Synode in Bremen vom 7. bis 10. November gewählt. Das 15. Mitglied ist die bereits im Mai gewählte Präses der Synode, Anna-Nicole Heinrich. Sie ist qua Amt Ratsmitglied. Die 25-jährige Studentin hatte im November 2015 gerade mit ihrem Bachelor-Studium in Philosophie an der Universität Regensburg begonnen. Nun wird sie erstmals eine Synodentagung als Präses leiten.

Die EKD ist die Gemeinschaft der 20 deutschen evangelischen Landeskirchen. Rund 20,2 Millionen Einwohner Deutschlands sind Protestanten. Wichtigste Leitungsgremien der EKD sind die Synode mit 128 Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus 15 ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Ratsvorsitzender ist bis 10. November Landesbischof Bedford-Strohm. Am 10. November wird eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger für ihn gewählt.

Die EKD wurde 1945 als Zusammenschluss lutherischer, reformierter und unierter Landeskirchen ins Leben gerufen. Die einzelnen Landeskirchen sind selbstständig, die EKD koordiniert jedoch das einheitliche Handeln. Ihre Aufgaben liegen vor allem bei Fragen der öffentlichen Verantwortung der Kirche und bei den Beziehungen zu den Partnerkirchen im Ausland. Zudem ist die EKD zuständig für die Herausgabe der Lutherbibel und des Gesangbuchs. Sie veröffentlicht regelmäßig Denkschriften zu ethischen, sozialen, politischen und theologischen Themen.

Interne Konflikte in der Missbrauchsfrage

Nicht nur die Wahl, die vielleicht zum Marathon geraten könnte, steht bei der Synode an. Auch die Fälle sexualisierter Gewalt in der Kirche sollen in den Beratungen viel Raum erhalten. Im Mai erklärte die EKD, sie werde die Arbeit des Betroffenenbeirats aussetzen, der die EKD zum Umgang mit sexualisierter Gewalt in den eigenen Reihen beraten soll. Grund dafür waren interne Konflikte über die Rollenklärung und die Basis der Mitarbeit innerhalb der Gremienstrukturen der EKD. Gleich mehrere Mitglieder erklärten ihren Rücktritt.

Wie die Betroffenenbeteiligung in Zukunft gestaltet werden soll, ist bislang nicht geklärt. Offen ist auch noch eine Übereinkunft mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig. Beides sind Bestandteile des Elf-Punkte-Plans, den die EKD-Synode auf ihrer Tagung 2018 in Würzburg verabschiedete.

Ursprünglich hieß es, dass eine Vereinbarung noch vor dem Ausscheiden Rörigs aus dem Amt Anfang 2022 gelingen soll. Ob das klappt, ist fraglich. Wie mit dem Thema zukünftig in der EKD umgegangen wird, entscheidet auch der oder die neue Ratsvorsitzende.

Am Sonntag wiederholten Missbrauchs-Betroffene die Kritik an den Maßnahmen der EKD zur Bekämpfung von Missbrauch. Für Missbrauchsopfer habe sich in den vergangenen Jahren auf Ebene der Landeskirchen „nichts oder nur wenig geändert“, erklärte Katharina Kracht. Der „halbherzige Versuch“ der Kirche, Betroffenenpartizipation über einen Beirat zu etablieren, sei nach nur einem halben Jahr „fulminant gescheitert“. Kracht gehörte dem jetzt ausgesetzten Betroffenenbeirat der EKD an.

Kracht betonte, die Aussetzung sei einseitig und gegen den Willen der Mehrheit des Beirats geschehen. Betroffene wollten eine „reale, angemessene, transparente und nachvollziehbare Anerkennung ihres Leids“. Dies werde aber durch die von der EKD eingesetzte Musterordnung nicht geleistet. Stattdessen versuchten die Landeskirchen, die „ausgezahlten Summen durch Trickserei gering“ zu halten, indem Betroffene unter Druck gesetzt würden und sie etwa ein institutionelles Versagen nachweisen müssten. Zudem gebe die evangelische Kirche Opfern von Missbrauch nicht die Möglichkeit sich zu vernetzen, obwohl ihnen dies zugesagt worden sei.

Auch Regierungsbeauftragter Rörig hatte den Umgang der EKD mit Betroffenen zuletzt kritisiert. Derzeit gebe es noch keinen partnerschaftlichen Umgang mit ihnen, sagte er in Berlin. Die neue EKD-Leitung sollte die Bekämpfung und Aufarbeitung von Missbrauch künftig zur Chefsache machen. Die „einseitig beschlossene Aussetzung“ des Beirats habe neben dem Vertrauensverlust von Betroffenen auch „enorme Auswirkungen auf die Aufarbeitungsprozesse“ gehabt, sagte Rörig in einem KNA-Interview weiter. So sei etwa die Erarbeitung einer „Gemeinsamen Erklärung“ zur Aufarbeitung ins Stocken geraten.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hatte eine „Gemeinsame Erklärung“, in der sie sich zur Aufarbeitung verpflichtet, im vergangenen Jahr unterzeichnet. Sie setzte im Anschluss einen Betroffenenbeirat ein.

Auch der scheidende Ratsvorsitzende Bedford-Strohm ist unzufrieden mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in seiner Kirche. „Wir sind manchen Schritt vorangekommen, aber dennoch muss ich an dieser Stelle auch selbstkritisch sagen: Wir sind noch nicht so weit gekommen, wie wir wollten“, sagte Bedford-Strohm am Sonntag in seinem letzten Ratsbericht.

„Zu groß ist die moralische Fallhöhe, wenn das mit sexualisierter Gewalt verbundene Unrecht in einer Institution geschieht, deren ureigener Auftrag es ist, das Doppelgebot der Liebe zu leben“

Die Kirchen stünden mit Recht im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit, ergänzte der bayerische Landesbischof: „Zu groß ist die moralische Fallhöhe, wenn das mit sexualisierter Gewalt verbundene Unrecht in einer Institution geschieht, deren ureigener Auftrag es ist, das Doppelgebot der Liebe zu leben - Gott lieben und den Nächsten und die Nächste lieben.“ Viel zu oft sei das mit sexueller Gewalt verbundene Unrecht in den eigenen Reihen nicht gesehen worden, „oder man wollte es nicht sehen“, räumte der Ratsvorsitzende ein.

Mit Blick auf die Ökumene dankte Bedford-Strohm den katholischen deutschen Bischöfen für ihren „Mut und die damit zum Ausdruck kommende ökumenische Geschwisterlichkeit“ beim Ökumenischen Kirchentag. Das Frankfurter Christentreffen habe „die Tür dafür geöffnet, dass auch evangelische Christen nach Prüfung ihres Gewissens an der katholischen Eucharistie teilnehmen konnten“, sagte er. Dass die Bischöfe „hier den Weg mit uns trotz aller Einsprüche von außen weitergegangen sind, war alles andere als selbstverständlich und wäre ohne die ökumenischen Impulse des Reformationsjubiläums vermutlich so nicht geschehen“, fügte der bayerische Landesbischof hinzu.

Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, dankte Bedford-Strohm und der früheren Synoden-Präses Irmgard Schwaetzer für ihre Arbeit in den zurückliegenden Jahren. „Sie haben den 500. Jahrestag der Reformation in einer Weise gestaltet, die uns auch ökumenisch einander nähergebracht hat“, bescheinigte er dem bayerischen Landesbischof.

(kap - cs)

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07. November 2021, 15:47