Österreich: Mehr Bedenkzeit über Suizidbeihilfe gefordert
Die Zeitspanne sei viel zu knapp, um Betroffenen ernsthafte Verbesserungen der Lebensbedingungen bieten und eine positive Lebensperspektive aufzeigen zu können, erklärte Huainigg im Interview mit den „Salzburger Nachrichten" (Donnerstag). Der Gesetzesvorschlag zum neuen Sterbeverfügungsgesetz, das die Sterbehilfe in Österreich neu regelt, sieht eine Wartefrist von zwölf Wochen nach der ärztlichen Aufklärung vor, im Fall der Endphase einer Krankheit nur zwei Wochen.
Die Genehmigungsfristen für Hilfsmittel wie Beatmungsmaschine und Rollstuhl, für persönliche Assistenz oder die Schaffung einer anderen Wohnsituation benötigten weit mehr Zeit, so der selbst darauf angewiesene Ex-Politiker aus seiner eigenen Erfahrung. „Die Ermöglichung von selbstbestimmtem Leben muss vor selbstbestimmtem Sterben stehen. Das fehlt mir im Gesetz völlig", bemängelte Huainigg.
Hilfsmittel überzeugten Mann doch leben zu wollen
Bereits vergangene Woche hatte Huainigg im „Standard" auf den Fall eines Mannes aus Polen verwiesen, der vor Gericht für die Möglichkeit der Abschaltung seines Beatmungsgeräts kämpfte, auf das er angewiesen war. Bekäme er ein mobiles Beatmungsgerät, einen Elektrorollstuhl, eine persönliche Assistenz und einen Job, würde er wieder leben wollen, teilte der Mann damals auf Huainiggs Anfrage hin mit. Die Wünsche hätten sich wenige Jahre später erfüllt, berichtete der Ex-Behindertensprecher: „Er konnte zu studieren beginnen, als Berater für Menschen in Lebenskrisen arbeiten und verhalf damit anderen zu Lebensperspektiven, die er selbst wieder gefunden hatte."
Auch „Aktion Leben“ kritisiert Wartefrist als zu kurz
Dass die vorgeschlagene gesetzliche Wartefrist nicht ausreicht, kritisiert auch „Aktion Leben"-Generalsekretärin Martina Kronthaler in der „Ganzen Woche" (aktuelle Ausgabe): Zwölf Wochen seien „zu kurz, um alles probiert und angeboten zu haben, was einem Menschen zum Weiterleben helfen könnte. Denn was ist, wenn der Mensch, der jetzt sterben will, zu wenig weiß über Alternativen und diese auch nicht so rasch verfügbar sind und greifen?" Besonders bei seelischen Erkrankungen, Demenz und nicht erkannten Depressionen seien „drei Monate nichts", zudem seien neben Pflegeassistenz auch Termine bei Psychiatern und Therapeuten in Österreich "Mangelware".
Ein „fahrlässiges Manko" ist laut Kronthaler auch, dass das Gesetz keine psychosoziale Beratung und suizidpräventive Beratung verpflichtend vorsieht.
(kap – gh)
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