Ein Rom-Buch für Rom-Fans, die nicht nach Rom können
„Mystiker, Exzentriker, Märtyrer – Geistliche Spaziergänge in Rom“ bietet nicht die üblichen Sehenswürdigkeiten der Papst-Stadt, die auch Gläubige interessieren, sondern verfolgt einen anderen Zugang: Pater Gemmingen hat geistliche Kostbarkeiten Roms zusammengetragen, die er bewusst subjektiv ausgewählt hat. Der Jesuit hat fast 30 Jahre in Rom als Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan zugebracht.
„Die Idee ist, da meine Seele immer noch in Rom geblieben ist, die Leute, die leider nicht nach Rom fahren können, weil sie vielleicht alt oder krank sind, im Geist mitzunehmen zu den Plätzen und Heiligen Roms, die mich besonders angesprochen haben.“
Berühmte, erfundene und unbekannte Heilige
Auf diese Weise gelangt man in die Einsiedelei Sant´Onofrio auf dem Gianicolo, dem Nachbarhügel des Vatikans, hält inne vor der Geißelsäule Christi in Santa Prassede oder sieht bestimmte unbeachtete, aber geistlich bedeutsame Seitenkapellen berühmter römischer Kirchen mit anderen Augen. Um kunsthistorische Betrachtungen geht es dem Autor nicht. Viel lieber kommt er ins Gespräch mit den Heiligen – den Mystikern, Exzentrikern und Märtyrern, deren Geist an diesen römischen Orten präsent ist. Darunter sind hochberühmte wie Birgitta von Schweden, Kardinal Newman und Ignatius von Loyola, vom gläubigen Volk Erfundene wie die heilige Veronika und fast unbekannte wie der heilige Benedikt Joseph Labre aus Frankreich.
„Er hat sein Leben lang Lust gehabt am Armsein. Und ist dann in Rom gelandet, wo er gestorben und begraben ist. Eine exotische Figur, die einen Teil vom Christentum besonders ernst genommen hat, das Armsein, Betteln, das Angewiesensein auf die Vorsehung Gottes, dass einem trotzdem etwas geschenkt wird. Eine Figur, die ich - solange ich in Rom war - kaum gekannt habe“.
Fiktive Zwiegespräche mit Heiligen
Dem romerfahrenen Autor gibt der „heilige Penner“, wie er ihn salopp nennt, Anlass, sich mit dem Schicksal der zahlreichen in Rom gestrandeten Bettler auseinanderzusetzen und dem Heiligen eine Meditation in den Mund zu legen, die mit Teresa von Avila sagt: Wer Jesus in seiner Armut ähnlich wird, kann wirklich sagen Gott allein genügt. Überhaupt bietet Gemmingens Buch viele Zwiegespräche mit Heiligen. Die fiktiven Interviews, die der frühere Journalist mit diesen bemerkenswerten Glaubenszeugen führt, sind eine kreative Art, die Heiligen gleichsam ins Heute zu übersetzen.
„Ich lege mein Denken in den Mund der Leute, die ich „interviewe“. Das ist ein böser Trick…! Was würde dieser oder jener Heilige den Menschen heute sagen? Natürlich kann man nicht rein phantasieren, sondern muss die Person kennen, um ihnen dann eine Antwort, vor allem in heutiger Sprache, in den Mund zu legen. Ich habe noch nicht so viele Rückmeldungen auf mein Buch, aber einige wirklich gescheite Leute sagen, es ist hochinteressant, man liest darin viele Sachen, die Antworten geben auf heutige Fragen aus Sicht von Menschen, die in Rom gelebt haben oder nach Rom gekommen sind und erstaunt waren.“
Und so sind sie hier versammelt, 44 heilige Orte oder vielmehr heiligmäßige Menschen, die man so noch nie gelesen und kennengelernt hat. Nicht alle waren dauerhaft in Rom verwurzelt, etwa Frère Roger, Edith Stein, Karl Rahner, und auch nicht alle waren Heilige, etwa Caravaggio, Garibaldi oder die deutsch-jüdische Archäologin Hermine Speier; und doch gehören sie alle zum geistigen und geistlichen Erbe Roms, das sich dem gläubigen Besucher in der Ewigen Stadt erschließt. Neugier genügt.
„Mystiker, Exzentriker, Märtyrer – Geistliche Spaziergänge in Rom“, Schnell und Steiner, 25 Euro.
(vatican news – gs)
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