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D: Studienergebnis zur Missbrauchsaufarbeitung in Paderborn

Das Erzbistum Paderborn hat die Ergebnisse der Studie zur Aufarbeitung der Missbrauchsfällen in ihrer Erzdiözese vorgestellt. Demnach hätten die amtierenden Geistlichen von 1941 bis 2002 Beschuldigte geschützt und ihnen teils auch schriftlich Mitgefühl bekundet, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Zwischenergebnis einer im vergangenen Jahr begonnenen Studie der Universität Paderborn.

Den früheren Paderborner Erzbischöfen Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degenhardt attestiert die Studie demnach gravierendes Fehlverhalten im Umgang mit geistlichen Missbrauchstätern. Betroffenen wurde oft nicht geglaubt.

Nicht alle Opfer wurden ermittelt

Das Erzbistum hatte das auf vier Jahre angelegte Projekt in Auftrag gegeben, das von der Kirchenhistorikerin Nicole Priesching und ihrer Mitarbeiterin Christine Hartig betreut wird. Bisher identifizierten sie 160 Beschuldigte zwischen 1941 bis 2002.

Da rund 43 Prozent von ihnen mehrfach beschuldigt worden seien, gebe ihre Zahl nicht einfach die Zahl der Betroffenen wieder. Auch seien nicht alle Opfer ermittelt worden, so Priesching. „Da ist also noch viel stärker als bei den nicht erfassten Beschuldigten mit einer Dunkelziffer zu rechnen.“

Einschlägige Kleriker seien immer wieder versetzt worden, so Priesching. Dadurch habe man „in Kauf genommen, dass sich Dinge wiederholen“, fügte sie an. In manchen Fällen seien auf Bewährung verurteilte Täter entgegen den Vereinbarungen mit Staatsanwaltschaften doch wieder in Gemeinden eingesetzt worden.

Dünne Aktenlage

Laut Hartig taucht in den Personalakten das Thema sexueller Missbrauch manchmal selbst dann nicht auf, wenn das Generalvikariat Kenntnis von einem solchen Fall hatte. Relativ umfangreich seien dagegen die Akten bei den Fällen, in denen kirchliche Strafverfahren stattfanden.

Während es in der Nazi-Zeit „eine hohe politische Aufmerksamkeit“ für sexuelle Gewalt von Klerikern gegeben habe – um gerade der katholischen Kirche zu schaden – und die Verurteilung vor einem weltlichen Gericht in etwa der Hälfte der Fälle ein kirchliches Strafverfahren nach sich gezogen habe, sei das in der Bundesrepublik nicht mehr so gewesen. „Da wurden vom Erzbistum Sanktionen eher auf dem Verwaltungsweg verhängt“, so Hartig.

Kindern wurde nicht geglaubt

Nicht nur die Kirche, auch die Gesellschaft habe systematisch weggesehen und Straftaten hingenommen, so die Forscherinnen. Weder die Kirche noch Gerichte seien davon ausgegangen, dass Kinder von Taten unterhalb der Vergewaltigung Schaden nehmen.

Zudem hätten viele Eltern den missbrauchten Kindern nicht geglaubt. Wenn es doch Strafanzeigen gab, seien Familien oft an Ermittlungsbehörden geraten, „die ihnen nicht geglaubt und den Kindern gedroht haben“. Häufig hätten sich Gemeindemitglieder für beschuldigte Kleriker eingesetzt, in mindestens einem Fall sogar für einen Verurteilten.

(kna/domradio – mg)

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07. Dezember 2021, 09:35