Bischof Muser: „Wir brauchen ein neues Miteinander“
„Wir brauchen dringend einen Ausweg, ein neues Miteinander – auch für die Zeit nach Corona. Ohne Vertrauen gibt es keine Hoffnung und keine Zukunft“, so der Bozener Bischof. „Die Corona-Pandemie hat auch dieses Jahr geprägt – weltweit und bei uns. Die sozialen Spannungen haben besonders in diesem 2. Coronajahr zugenommen“, erinnert der Südtiroler Bischof. Wir seien unsicher geworden: unsicher im sozialen Miteinander, in den wirtschaftlichen und beruflichen Perspektiven, in der politischen Zukunft, unsicher auch in unserem Verhältnis zu Glauben und Kirche, zählte er auf. Diese Unsicherheit zeige sich auch in aggressiven Worten und Verhaltensweisen.
„Lange war unsere Gesellschaft nicht mehr so gespalten wie jetzt. Was schon vor Corona da war, ist durch Corona an die Oberfläche gekommen. Manche sagen sogar: Das erinnert an die unselige Optionszeit. Impfen – ja oder nein? Ein kleines Virus stellt uns vor eine gesellschaftliche Zerreißprobe. Unversöhnt stehen die Positionen einander gegenüber. Nicht nur in der Öffentlichkeit. Der Riss geht quer durch Familien, Freundeskreise, Schulen, Betriebe. Ich weiß von Menschen, die deswegen nicht mehr miteinander reden und die den Kontakt zueinander abgebrochen haben. Sachliches Argumentieren ist nicht mehr möglich. Positionen stehen unvermittelt neben einander. Auch die Irrationalität und damit viele Ängste, Verdächtigungen und Schuldzuweisungen haben stark zugenommen. Freiheit und Verantwortung werden einander gegenüber gestellt und gegen einander ausgespielt. Eigene Befindlichkeiten und Vorstellungen geben den Ton an.“
Vertrauen oder Misstrauen?
So viel Vertrauen sei zerbrochen, fügt der Bischof an. „Wir brauchen dringend einen Ausweg, ein neues Miteinander – auch für die Zeit nach Corona. Ohne Vertrauen gibt es keine Hoffnung und keine Zukunft.“
Letzte Gewissheiten könne niemand geben – auch nicht die Wissenschaft. Leben auf dieser Welt bleibe „brüchig, verletzlich, sterblich“ – „vor und auch nach Corona“. „Damit müssen wir uns versöhnen. Trotzdem vertraue ich denen, die in Wissenschaft und Gesellschaft eine besondere Verantwortung tragen – nicht blind, aber mit guten Gründen. Ihre Empfehlung, diese Pandemie gemeinsam zu meistern, ist eindeutig. Dieser Empfehlung schließe ich mich mit Gelassenheit, Überzeugung und Vertrauen an – und auch aus Solidarität und Verantwortung.“
Das „Fürchtet euch nicht“ der Weihnachtsbotschaft sei in dieser weltweiten Herausforderung „keine billige Durchhalteparole“. „Da geht es nicht um Zweckoptimismus oder um ein Ablenken von der Wirklichkeit. Weihnachten bedeutet: ER ist da. Nicht außerhalb unserer Unsicherheiten, Sorgen und Ängste. In dieser Welt ist ER Mensch geworden. Nichts, auch nicht diese Pandemie mit ihren eigenartigen und leidvollen Konsequenzen, kann uns trennen von IHM. Im Leben, im Sterben und über diese Welt hinaus hält ER uns in seiner Hand geborgen: Fürchtet euch nicht! Habt Vertrauen! Advent und Weihnachten stellen uns auch in diesem Jahr die Frage: Wollen und brauchen wir noch den Erlöser?“
Zum Schluss schreibt Bischof Muser: „Vertrauen brauchen wir – jetzt und weit über Corona hinaus. Vertrauen und Hoffnung auf den Erlöser: das ist Weihnachten und ein starker Schutz gegen Misstrauen, Angst vor dem Leben und vor der Zukunft.“
(pm – mg)
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