Österreich: „Niemand ist ausgeschlossen“
Beim Geburtsfest von Jesus Christus gehe es im Kern darum, „dass Gott für alle Menschen gekommen ist“, formulierte etwa Kardinal Christoph Schönborn in seiner Freitagskolumne der Gratiszeitung „Heute“. Deshalb müsse gelten: „Keiner ist ausgeschlossen. Niemand soll ohne Trost und Freude bleiben“, so der Wiener Erzbischof, der die Christmette mit von Obdachlosigkeit und Armut betroffenen Menschen in der Wiener Caritas-Gemeinde feiern wird.
Er selbst tue sich bei einer Antwort auf die Frage nach seiner schönsten Weihnachtserinnerung schwer, schrieb Schönborn. Als Kind habe es zu Weihnachten für ihn nicht nur die Vorfreude auf das Glöcklein und die Geschenke, sondern auch schmerzlich spürbare Spannungen in der Familie gegeben. „Ich weiß, dass Weihnachten auch mit viel Stress verbunden sein kann: Einsamkeit, Wunden der Erinnerung, Trauer um einen lieben Menschen.“
Glettler: Dunkelheit erhellen lassen
Bischof Hermann Glettler beschrieb in der Tiroler Tageszeitung das Weihnachtsgeschehen als Licht Gottes, das in „dunkle Orte“ des Menschen strahlt und dabei hilft, diese zu verlassen. Nicht von ungefähr komme, dass orthodoxe Weihnachtsikonen die Geburt Christi in einer Höhle verorteten, so der Innsbrucker Oberhirte. Auch Ängste, Bedrohungsszenarien, Unsensibilität für andere infolge von Wohlstand, jedoch auch Gewalt, Süchte und Lebenslügen könnten derartige Höhlen sein; sowie auch die heutige „Diskursunfähigkeit“, bei denen sich Menschen in „Kommunikationshöhlen“ bewegten, von denen nur Vorwürfe, Unterstellungen und Empörung nach außen dringen und Informationen jenseits eigener Vorstellungen einfach ignoriert würden.
Weihnachten bedeute, „wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden“, so Glettler weiter. In Jesus sei Gott höchstpersönlich und verlässlich da und wende sich dem Menschen zu, „unabhängig von Leistung und in aller Bedürftigkeit“. Weihnachten sei auch der beste Moment, um im Innenleben „aufzuräumen“, denn: „Das Licht Gottes ist heilsam. Und alles, was ans Licht kommt, kann heil werden.“
Elbs: Kirche als „Hoffnungs-Abteilung“
Gerade in der Corona-Zeit erlebe jeder Mensch Ängste, Not und Unsicherheiten, ebenso wie auch Erschöpfung und Müdigkeit, sagte Bischof Benno Elbs im Interview mit der „Krone“. Zugleich gebe es aber auch ein Bethlehem für jeden Menschen, was bedeute, „dass Hoffnung und Zuversicht in diese menschlichen Situationen kommen“. Die Zuversicht zu erhalten sei eine wichtige Aufgabe der Religionen, weshalb die katholische Kirche die „Abteilung für Hoffnung, Zuversicht und Freude“ sein müsse, erklärte Elbs.
Auch für nicht im Glauben verankerte Menschen habe das Weihnachtsgeschehen viel zu sagen, betonte Elbs. „Wir werden beim Blick auf ein Kind im Herzen berührt“, so der Feldkircher Diözesanbischof, der riet: „Schau ein Kind an und lass das, was es bei dir auslöst, auf dich wirken. Die Haltung eines Kindes kann die Welt verändern.“ Spürbar werde Weihnachten auch durch „weihnachtliche“ Menschen und durch weihnachtliche Atmosphäre, zu der auch die Geschenke zählten.
Krautwaschl: Sich selbst verschenken
Ähnlich der Tipp von Bischof Wilhelm Krautwaschl in der steirischen „Woche“ an Glaubensferne für Weihnachten: „Etwas schenken. Nicht sich selbst ins Blickfeld nehmen, sondern den anderen. Zu entdecken, dass ich nicht alleine glücklich bin, sondern dann, wenn ich etwas schenke, wenn ich gebe, wenn ich liebe. Von dort ist der Weg zu Gott gar nicht mehr so weit.“
Auch der Grazer Bischof nimmt sich laut seinen Angaben vor, er wolle „neugierig werden wie ein kleines Kind“. Besonders gehe es darum, „im Jetzt zu leben“ und die Gegenwart wichtig zu nehmen, was eben Kindern besonders gut gelinge. Weihnachten helfe dabei als „Zeichen, dass Gott da ist“.
Die jüngsten gesellschaftlichen Verwerfungen im Zuge der Pandemie beschrieb der Bischof als Erkenntnisprozess: „Ich glaube, dass wir in den letzten Jahren, wo es uns sehr gut gegangen ist, das herrschende Nebeneinander als Miteinander interpretiert haben. Jetzt wird uns bewusst, dass wir es verlernt haben, miteinander zu reden, aufeinander zu hören.“
Marketz fordert „Weihnachtsamnestie“
Eine „gegenseitige Weihnachtsamnestie in der Gesellschaft“ wünschte Bischof Josef Marketz im Interview mit der „Presse“, und appellierte: „Probieren wir es miteinander, vertrauen wir einander, gehen wir den Weg gemeinsam in eine gute Zukunft!“ Er selbst sei dreimal geimpft, habe aber auch Freunde, „die ganz gegen die Impfung sind“ und bleibe mit ihnen im Gespräch, sagte der Bischof von Gurk-Klagenfurt. Dass es in der Vergangenheit nach großen Krisen auch den größten Wandel in Gesellschaften gegeben habe, sei für ihn dabei „fast ein Hoffnungszeichen“. Dies gelte auch für die Kirche, denn „wir in der Kirche brauchen den Wandel“, so Marketz.
Als gefährlich empfinde er an der gegenwärtigen Situation, „dass das Vertrauen in die Autoritäten schwindet“, sowie auch die „lautstarken Extreme“, sagte der Kärntner Bischof. Dass Spaltungen entstünden, sehe er in der Dauer der Pandemie begründet. Zudem machten Menschen die Erfahrung, mit ihren Befürchtungen nicht angenommen zu werden und empfänden sich als „Objekte von der Politik und der Medizin“. Die Kirche müsse sich hier um ein „Begleiten aus dem Evangelium heraus“ bemühen, befand der Bischof. Er selbst glaube dabei nicht, dass Jesus Gebetsprozessionen anführen würde. „Er würde sich den Menschen zuwenden, und zwar allen. Er würde wohl sagen: Habt mehr Vertrauen, fürchtet euch nicht!“, so Marketz.
Scheuer: Option für das Leben
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer wies in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ auf die Aktualität der Krippenfiguren ein. Die Hirten stünden dabei für „Zu-kurz-Gekommene, Ausgestoßene, Stumme, Verzweifelte und Randexistenzen“, sowie auch für Kranke und Sterbende, die alle auf das Wunder hofften, „dass ihr Leben eine gute Wendung nimmt“. Sie hätten an der Krippe Hoffnung geschöpft, denn dort könne „Resignation überwunden werden“, so der Diözesanbischof. Engel seien Stellvertreter für jene, die „Gott zu den Menschen bringen“ oder auch „das Gefühl des unbedingten Geliebtseins geben“.
Die Figur des heiligen Josef stehe für jenen Menschen, dessen Pläne stillschweigend überholt würden, der aber dennoch „ging und da war, als er gebraucht wurde“. Scheuer weiter: „Die Ankunft Gottes braucht Menschen, die bereit sind, sich in Gottes Spur zu begeben. Und ganz einfach zupacken und tun, wenn es Not tut.“ Die heilige Maria wiederum sei Zeugin dafür, „dass das freie Ja zu Gott die menschliche Freiheit nicht zerstört, sondern ihr einen Grund gibt“, sowie auch eine Vertreterin der „Option für das Leben“. Notwendiges Zentrum der Krippe sei schließlich das Kind, das Gottes Menschwerdung anzeige.
Das Weihnachtsgeschehen schließe unterschiedlichste Biografien und Lebensentwürfe mit ein, erklärte der Bischof. „Weihnachten ist dann, wenn es Zusammenhalt und Solidarität gibt und auch die Bereitschaft, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, einander zuzuhören und nicht zu verurteilen. Weihnachten ist dann, wenn es Nächstenliebe und auch die Bereitschaft zu Verzicht gibt. Weihnachten ist dann, wenn wir bereit sind, Leben zu ermöglichen und die Option für das Leben in den Vordergrund stellen.“ Verbieten lasse sich Weihnachten nicht.
(kap – sk)
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