D: Koalition darf Lebensschutz nicht aufweichen
Bischof Georg Bätzing schrieb in der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag), die beabsichtigten Änderungen nähmen den Schutz des ungeborenen Lebens zurück und könnten „nicht für sich in Anspruch nehmen, fortschrittlich und modern zu sein“. Die bestehenden Standards für den Lebensschutz seien keine Restbestände einer verkrusteten Gesellschaft, betont der Limburger Bischof mit Blick auf die Ankündigung der Ampelkoalition, mehr Fortschritt zu wagen. Vielmehr seien sie der Ausweis für eine umsichtige und verantwortungsvolle Gesellschaft.
Bätzing äußerte sich kritisch zu mehreren Projekten des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP. Mit Blick auf den Paragrafen 218 des deutschen Strafgesetzbuchs über den Schwangerschaftsabbruch schrieb der Bischofskonferenz-Vorsitzende, die Kirche habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass ihr der Schutz des ungeborenen Kindes nicht weit genug gehe. Die bestehende Regelung sei nach harten Konflikten ausgehandelt worden. „Diesen seit einigen Jahrzehnten bestehenden Kompromiss nun aber aufzuschnüren, bedeutet, den gesellschaftlichen Aushandlungsprozess erneut zu führen.“
Bätzing verwies darauf, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht den Spielraum des Gesetzgebers begrenzt habe: „Der Staat hat eine Schutzpflicht für das ungeborene Leben.“ Der Limburger Bischof plädiert ferner dafür, das umstrittene Werbeverbot für Abtreibungen beizubehalten. Es trage zu einer objektiven und seriösen Beratung und Information bei. „Dem würde entgegenstehen, wenn der Schwangerschaftsabbruch in jeder Form angeboten und beworben werden darf“, betonte der Vorsitzende der Bischofskonferenz.
Mit Blick auf die Konfliktberatung kritisierte Bätzing die im Koalitionsvertrag vorgesehene Einführung der Online-Beratung. Eine „persönliche Beratung in Präsenz“ werde der schwierigen Situation der Frauen viel stärker gerecht. „Die Konfliktberatung darf nicht den Charakter einer Formalie annehmen, die sich online abhandeln lässt.“
Grundsätzlich wandte sich der Bischof gegen die Absicht der Ampelkoalition, eine „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ einzusetzen und in ihr unter anderem zu prüfen, ob die Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs möglich sei. „Wir halten eine solche außerstrafrechtliche Regelung mit Blick auf den Schutz des Lebens für unzureichend“, schrieb Bätzing. Die Verortung des Schwangerschaftsabbruchs im Koalitionsvertrag unter der Zwischenüberschrift „Reproduktive Selbstbestimmung“ deute „auf eine problematische Verschiebung“ hin.
Gegen Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen
Auch die deutsche Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa sprach sich gegen die Abschaffung des Werbeverbotes für Abtreibungen aus. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) sagte sie: „In der letzten Legislaturperiode wurde dazu eine neue Regelung geschaffen. Listen mit Arztpraxen, die diese Leistung anbieten, sind mittlerweile im Internet abrufbar. Aus meiner Sicht reicht das.“
Die Caritas-Präsidentin fügte hinzu: „Ich habe miterlebt, wie der Kompromiss zum Paragrafen 218 errungen wurde. Die Forderung nach Streichung des Paragrafen 219a StGB stellt diesen mühsam erreichten Kompromiss infrage. Ich bin dafür, vorsichtig damit umzugehen.“
Das Werbeverbot für Abtreibungen, der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch, untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Abtreibung nicht als normale Dienstleistung angesehen wird. SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Paragrafen zu streichen.
(kna – mg)
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