Österreich: Kircheneinheit muss „sichtbar“ sein
Wichtig sei dabei das Wort „sichtbar“, betonte der emeritierte Dogmatikprofessor im Interview mit dem steirischen Sonntagsblatt. „Was nämlich die geistliche Einheit betrifft, hat schon Papst Johannes Paul II. darauf hingewiesen, dass es eigentlich keine größere Einheit gibt als die, welche zwei Christinnen oder Christen verbindet, die ihr Leben für den Glauben an Christus geben - unabhängig, welcher Kirche sie angehören“, so der Theologe wörtlich. Körner äußerte sich anlässlich der anstehenden Gebetswoche für die Einheit der Christen (18. bis 25. Januar).
Mist ausführen an Fronleichnam
Körner räumte ein, dass das Interesse an Ökumene in den vergangenen Jahren abgenommen habe. Aus mehreren Gründen. Zum einen sei das Thema für viele über weite Strecken selbstverständlich geworden. Körner: „Ich erinnere mich zurück an meine Eltern, die überhaupt nicht feindselig waren, aber in eine evangelische Kirche sind wir nie hineingegangen.“ Als er in Deutschland studierte, sei ihm von evangelischen Bauern erzählt worden, „die zu Fronleichnam Mist ausgeführt haben, um die Prozession zu stören. Man war unfreundlich zueinander - auch von katholischer Seite.“ Davon sei man heute „zum Glück im Großen und Ganzen weit weg“. Aber es gebe immer noch Befürchtungen, dass die Offenheit für „die Anderen“ vom wahren Glauben wegführe.
Zugleich schwinde das Interesse an Ökumene auch wegen zunehmender religiöser Unkenntnis. Für viele Menschen seien die Fragen, die hinter den Anliegen der Ökumene stehen, nicht mehr verständlich. Auch ernsthafte Christinnen und Christen fragten sich, weshalb man wegen vermeintlicher „Kleinigkeiten“ streiten sollte. Sie wüssten aber nicht, „welches Gewicht Kleinigkeiten oft haben können“.
Bahn fahren mit dem Superintendenten
Körner hielt im Interview vier Aspekte des ökumenischen Dialogs fest: Den Dialog des Lebens, „dass wir als Nachbarn ganz selbstverständlich miteinander leben“. Den Dialog des Handelns, „dass wir uns gemeinsam für Verbesserungen in unserer Gesellschaft einsetzen“. Außerdem den theologischen Austausch unter Fachleuten sowie viertens den spirituellen Austausch, „dass Christinnen und Christen über ihren Glauben und ihre geistlichen Erfahrungen sprechen und miteinander beten“.
Besonders diese letzte Form des Dialogs sei ihm persönlich sehr wichtig, so der Theologe. Ein Beispiel: „Ich war öfter mit dem ehemaligen Superintendenten der Evangelischen Kirche Steiermark, Hermann Miklas, zusammen im Zug zu den ökumenischen Versammlungen unterwegs. Dabei haben wir nicht nur als Theologen an so manchem Problem gefeilt, sondern er hat mir auch seine persönliche Glaubensgeschichte erzählt - von Christ zu Christ. Sowas ermutigt im eigenen Christsein ungemein.“
Wenn das Ziel aus den Augen gerät
Ein aktuelles Problem in der Ökumene bestehe darin, dass keine einheitliche Vorstellung darüber bestehe, was letztlich das Ziel der Ökumene ist. Dazu kämen vor allem Fragen, die die Kirche, das Amt in der Kirche und die Feier der Eucharistie betreffen. Aber, so Körner: „Die Ökumene lebt!“ Sie sei kein homogener Vorgang, sondern geprägt durch vielfältige Bemühungen auf vielfältigen Ebenen. Der Grazer Theologe verwies auf die drei großen Europäischen Ökumenischen Versammlungen in Basel, Graz und Sibiu, auf internationale theologische Studiengruppen, aber genauso auf „selbstverständliche Ökumene in Pfarren, Schulen, in Gebetskreisen und Familienrunden“.
(kap – sk)
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