D: Kirche will Menschenhändler und Ausbeuterei stoppen
Ziel der Online-Veranstaltung mit mehr als 100 Teilnehmenden aus 23 Staaten war es, die Zusammenarbeit zwischen der Kirche, der Polizei und anderen Akteuren zu fördern, teilte die Bischofskonferenz diesen Donnerstag zur ersten Europäischen Tagung der Santa Marta Gruppe gegen Menschenhandel mit. Die Konferenzteilnehmer erarbeiteten demnach einen Aktionsplan mit Handlungsempfehlungen zu acht Bereichen des Opferschutzes und der Verbrechensbekämpfung. Die Santa Marta Gruppe und die Deutsche Bischofskonferenz wollen diesen Plan Vertretern der Politik vorstellen und ihn in die nächste internationale Konferenz der Santa Marta Gruppe einbringen. Die Umsetzung der im Aktionsplan empfohlenen Schritte soll in den nächsten Jahren begleitet und evaluiert werden.
Konkrete Handlungsbeispiele aus aller Welt
Referenten von Polizei, Opferhilfe, Wissenschaft und Politik wie etwa Wolfgang Spadinger (Task Force Menschenhandel im österreichischen Außenministerium), stellten die Bedeutung von Kooperationen in allen Bereichen der Bekämpfung des Menschenhandels heraus. Die Koordinatorin der EU gegen Menschenhandel, Diane Schmitt, schlug einen Bogen vom zeitgleich stattfindenden „Safer Internet Day“ zur Ausbeutung und betonte, dass die Anonymität des Internets auch Ausbeutung und kriminelle Strukturen des Menschenhandels erleichtere.
Auch der Finanzsektor könne durch Anonymität und weltweite Vernetzung den Profiteuren des Menschenhandels nützlich sein. Daniel Thelesklaf von der United Nations University New York stellte mit der FAST Initiative ein Projekt vor, das international tätige Banken bei der Suche nach effektiven Gegenmitteln gegen illegale Geldströme unterstützen soll. Joachim von Braun (Präsident der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften) wies darauf hin, dass die Aktivitäten zur Bekämpfung von Menschenhandel auf vielen Feldern verstärkt werden müssten.
In die Tagung führten der Präsident der Santa Marta Gruppe und Vorsitzende der Bischofskonferenz von England und Wales, Kardinal Vincent Nichols, und der langjährige Sonderberater der Santa Marta Gruppe, Kevin Hyland (OBE), irisches Mitglied der Expertengruppe gegen Menschenhandel des Europarates (GRETA), ein. Hyland forderte eine stärkere Beachtung der Auswirkungen des Menschenhandels im alltäglichen Leben, um die Aufmerksamkeit für die Opfer zu erhöhen, und betonte die Bedeutung europäischer und nationaler Lieferkettengesetze. Das Ziel der Santa Marta Gruppe fasste er in die knappe Formel „leadership by example“ – mit gutem Beispiel vorangehen und so viele überzeugen.
Der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Stefan Heße (Hamburg) bilanzierte: „Die Vielfalt der Perspektiven in der Tagung hat uns deutlich gemacht, wie wichtig dieser Austausch ist. Zugleich kann die Kirche als weltweites Netzwerk ein wichtiger Impulsgeber für den Austausch sein.“
30 – 45 Millionen Betroffene weltweit
Menschenhandel ist weltweit verbreitet und findet in vielen Branchen statt. Er betrifft Menschen, die unter erbärmlichen Bedingungen in der Nahrungsmittelindustrie arbeiten, oder solche, die in der sogenannten 24-Stunden-Pflege tätig sind, ebenso zum Beispiel Bauarbeiter und Saisonarbeiter. Ein besonderes Feld stellt die Prostitution dar. Genaue Zahlen sind schwer zu erheben, Schätzungen gehen von 30 – 45 Millionen betroffener Menschen weltweit aus.
Papst Franziskus und die Santa Marta Gruppe
Papst Franziskus hat die Bekämpfung der Sklaverei und des Menschenhandels zu einem Schwerpunkt seines Pontifikats gemacht. So sind 2019 die „Pastoralen Orientierungen zum Menschenhandel“ des vatikanischen Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen erschienen, die wertvolle Hilfen für die internationale Arbeit in diesem Bereich liefern.
Die Santa Marta Gruppe ist eine Kooperation von hochrangigen kirchlichen Vertretern und Organisationen sowie Polizeibeamten aus mehr als 30 Ländern sowie weiteren staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, die sich seit 2014 auf Einladung von Papst Franziskus und auf Initiative der Bischofskonferenz von England und Wales zweijährlich im Vatikan getroffen haben. Ziel der Gruppe ist es, „gemeinsame und effektive Strategien“ von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren gegen den Handel mit und die Ausbeutung von Menschen zu entwickeln.
(pm-sst)
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