Köln: Staatsanwalt wirft Priester 118 Fälle von Missbrauch vor
Zusammen mit den bereits bekannten Anschuldigungen aus der ursprünglichen Anklageschrift soll sich der Geistliche an insgesamt neun minderjährigen Mädchen vergangen haben, vielfach als sie 14 und jünger waren. Die Vorwürfe beziehen sich auf die Zeit zwischen 1993 und 2018. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, würde der 70-Jährige als Serienstraftäter gelten.
Über die nun verlesene Nachtragsanklage bezieht das Gericht Anschuldigungen gegen U. in das Verfahren ein, die erst im Laufe des Prozesses bekannt wurden. Demnach soll sich der Geistliche zwischen 2002 und 2008 in 85 Fällen an fünf minderjährigen Mädchen vergangen haben, wobei es in 21 Fällen zum Beischlaf kam. Allein 60 Fälle beziehen sich auf eine einzige mutmaßliche Betroffene. Ihr gegenüber soll U. ein „äußerst manipulatives Verhalten" an den Tag gelegt haben, so die Staatsanwaltschaft. Der Priester habe mit der Familie einen „Therapievertrag" geschlossen: Das pubertierende Mädchen musste regelmäßig Zeit mit U. verbringen und auch bei ihm übernachten, um ihren „Jähzorn" in den Griff zu bekommen.
Hintergrund
Der ehemalige Gummersbacher Priester und Krankenhausseelsorger in Wuppertal steht seit November vor Gericht. Laut ursprünglicher Anklageschrift soll er sich zwischen 1993 und 1999 in 31 Fällen an seinen drei minderjährigen Nichten vergangen haben - davon in drei Fällen schwer. Zudem soll er im Januar 2011 zwei Mal eine Elfjährige missbraucht haben. Nachdem im Prozess offenbar wurde, dass U. auch in der jüngeren Vergangenheit Missbrauchstaten begangen haben soll, wurde er Ende Januar wegen Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft genommen. Mindestens einen Teil der Vorwürfe hat der Geistliche bereits gestanden. Am Mittwoch stimmte U. der Einbeziehung der Nachtragsanklage zu, was gesetzlich vorgesehen ist. Weiter äußerten sich er und sein Verteidiger jedoch nicht zu den Vorwürfen.
Im Prozess war es vergangene Woche zu einer Verzögerung gekommen, da sich der Priester mit Corona angesteckt hatte. Trotzdem soll das Urteil nach wie vor um den 24. Februar gesprochen werden. In dem Prozess hatten auch prominente Kirchenvertreter wie der Hamburger Erzbischof und frühere Kölner Personalchef Stefan Heße sowie der ehemals oberste Kölner Kirchenrichter Günter Assenmacher als Zeugen ausgesagt.
(kna-sst)
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