D: Schwerter zu Pflugscharen?
Michael Hermann - Ravensburg
Mit dem Einmarsch des russischen Militärs in die Ukraine haben sich die Bedingungen der Ostermärsche schlagartig verändert. Einer der Aktiven am Bodensee ist der katholische Theologe Lothar Kuld. Zum Zustand der Friedensbewegung sagt der pensionierte Hochschullehrer:
„Die Friedensbewegung war eher am Einschlafen und hatte, auch durch die Pandemie bedingt, kaum Aktivitäten. Aber durch die jetzigen Aktivitäten ist sie eher im Aufbruch. Da laufen die Drähte heiß.“
Mobilisiert werden die Friedensbewegten, so Kuld, nicht nur durch den Krieg in der Ukraine, sondern auch durch die Politik in Deutschland:
„Es sind zwei Dinge. Einmal das Eingeständnis, dass man sich offensichtlich getäuscht hat in der Politik Putins. Das Zweite aber ist der große Aufreger: Das ist diese jetzt beschlossene Nachrüstung, der 100-Mrd-Extra-Zuschlag und der Rückfall in ein im Grunde genommen altes Reaktionsmuster von Militarisierung.“
Der aktive Katholik Lothar Kuld erwartet „erstens, dass mehr Menschen jetzt aufwachen und dass die Ostermarsch-Bewegung nicht mehr nur eine Sache von Minderheiten ist und kleinen Grüppchen, sondern dass jetzt auch aus der Bevölkerung heraus die Ostermärsche als ein Format verstanden werden, wie man seinen Protest gegen Militarisierung und Krieg ausdrücken kann.“
In der Friedensbewegung engagieren sich sowohl christliche Aktivisten als auch solche aus dem linken politischen Spektrum. Die Relevanz der Christen sei dabei rückläufig, sagt Kuld, der in Ravensburg zu Hause ist. Das habe auch mit der Enttäuschung über die Positionierung der Kirchen zu tun.
„Die Bischöfe haben ja unter anderem die Lieferung von Waffen in die Ukraine befürwortet, wenn auch mit Einschränkungen und viel Geschwurbel. Aber sie haben im Grunde sogar Teile ihrer eigenen Lehre, der Lehre vom gerechten Krieg, aus meiner Sicht nicht befolgt. Aber das ist ein anderes Thema… Auch die EKD selber läuft in einer eher regierungskonformen Linie. Und deswegen sind die kirchlichen Kräfte bei uns in der Friedensbewegung im Moment nicht die tonangebenden.“
Das beschäftigt auch Gregor Lang-Wojtasik aus Memmingen. Der Katholik ist Professor für Erziehungswissenschaft und im wissenschaftlichen Beirat von Pax Christi.
„Die Kirche muss sich gut überlegen, was sie jetzt tut“
„Die Kirche muss sich gut überlegen, was sie jetzt tut, damit sie nicht in ein Fahrwasser kommt, in dem dann wieder ‚Auge um Auge‘ gilt. Das ist nicht das, was wir in den letzten Jahren gelernt haben, was unsere Zivilisation im christlichen Sinne verdient hat.“
Gregor Lang-Wojtasik spricht sich dafür aus, dass die römisch-katholische Kirche mit der russisch-orthodoxen Kirche in Moskau im Gespräch bleibt und auf sie einwirkt. „Ich kann nur sagen: Wenn es eine Bruderkirche ist – und für mich ist da so, da bin ich beim Papst –, dann muss sie auch versuchen, auf diese Brüder zuzugehen.“ Und auch insgesamt unterstützt er die Aktivitäten des Heiligen Stuhls zur Beendigung des Kriegs:
„Das Signal des Papstes ist doch eindeutig. Der Papst selbst ist ja nicht (in die Ukraine ) gefahren, weil er mit der orthodoxen Kirche gewisse Herausforderungen hat. Aber er hat zwei hohe Kardinäle entsandt und ganz klar gesagt: Empfangt sie so, wie ihr mich empfangen würdet. Aber das ist ja nur eine Religion – es gibt ja noch ganz andere Religionen… Natürlich kann das eine Überstrapazierung sein. Aber ich würde es so sehen: Alles, was es friedlich gibt, um diesen Wahnsinn zu beenden, muss doch versucht werden.“
(vatican news - mh/sk)
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