Missbrauch: Lütz nimmt Benedikt XVI. in Schutz
Im Interview mit dem „Kurier“ beurteilte Lütz die Rolle Benedikts als Papst, emeritierter Papst bzw. als Erzbischof von München-Freising differenziert. Er betonte, er wolle er Benedikt XVI. nicht rundum verteidigen. Die juristische Sprache seiner ersten Einlassungen zum Münchner Gutachten habe er etwa als unangemessen empfunden.
Er habe aber zugleich überhaupt nicht verstanden, warum die Frage, ob Ratzinger als Münchner Erzbischof an einer bestimmten Sitzung teilgenommen hat, von den Gutachtern so hervorgehoben wurde. Denn, so Lütz: „Als Erzbischof von München war er in jedem Fall verantwortlich, ob er nun da war oder nicht - zumal es in dieser Sitzung überhaupt nicht um Missbrauch ging“. Und in allen vier Fällen, die Ratzinger zur Last gelegt wurden, „gibt es keinen einzigen handfesten Beweis“, so Lütz: „Wie das dann aufgebauscht wurde, das fand ich ausgesprochen unfair“.
Benedikt habe selbst kritisch thematisiert, dass es zumindest früher vor allem um den Schutz der Institution Kirche ging. In seinem Brief an die Iren habe er schon während seines Pontifikats 2010 geschrieben, dass man der Kirche vorwerfen müsse, dass sie früher zu oft an ihr Image und nicht an die Opfer gedacht habe, erinnerte Lütz.
Wie der Psychotherapeut weiter ausführte, habe er die Kritik an Ratzinger aber vor allem deswegen als unfair empfunden, „weil ich persönlich erlebt habe, wie er zwischenzeitlich der einzige im Vatikan war, der gegen massivste Widerstände so entschieden gegen Missbrauch vorgegangen ist“. Und: „Es gibt wahrscheinlich in der weltweiten katholischen Kirche keinen einzigen Menschen, der so viel gegen Missbrauch erreicht hat wie er. Die Italiener und Franzosen wissen das, die Deutschen nicht.“
(kap – sk)
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