Offener Brief von Skeptikern des „Synodalen Wegs“
Die meisten der Unterzeichner stammen aus den USA; unter ihnen sind der frühere Kurienkardinal Raymond Burke und Erzbischof Charles Chaput von Philadelphia. Aus Australien hat der frühere Kurienkardinal George Pell den Offenen Brief unterzeichnet; ein Gleiches taten auch viele Bischöfe aus afrikanischen Ländern, darunter der frühere Kurienkardinal Francis Arinze aus Nigeria und Kardinal Wilfried Napier aus Südafrika.
Die Autoren räumen ein, dass es „die Notwendigkeit von Reform und Erneuerung“ in der Kirche gebe: „Das Verlangen danach ist prinzipiell lobenswert und kein Grund zur Angst.“ Viele der am deutschen Reformprozess Beteiligten seien „zweifellos von den besten Absichten geleitet“. Doch drohe der „Synodale Weg“ in eine „Sackgasse zu führen“.
Sieben Kritikpunkte
Der Brief nennt sieben Kritikpunkte. Erstens überhöre der deutsche Reformprozess „die Stimme des Heiligen Geistes und des Evangeliums“. Zweitens seien seine Texte weniger „vom Wort Gottes und der Tradition“ und mehr „von soziologischen Analysen und zeitgenössischen politischen Ideologien, einschließlich der Genderideologie, inspiriert“. Drittens trete auf dem „Synodalen Weg“ ein fehlgedeutetes Verständnis christlicher Freiheit zutage; viertens fehle „die Freude des Evangeliums“, fünftens sei der Prozess zu „bürokratielastig“, „nach innen gerichtet“, sechstens gehe es zu sehr um „Macht“. Und siebtens drohe der Prozess die Idee der „Synodalität“ bei den Gläubigen in Misskredit zu bringen.
Die genannten Kritikpunkte decken sich teilweise mit den Vorbehalten der Bischofskonferenzen Polens und Nordeuropas, die schon zuvor den „Synodalen Weg“ kritisiert hatten. Die Reform führe „unweigerlich“ zu einem „drohenden Schisma im Leben der Kirche“.
Bätzing warnt vor „Weiter so“
Im „Synodalen Weg“ beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal verschärft hat. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche. Für September ist die vierte Synodalversammlung geplant, die fünfte und letzte für März 2023.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat den Reformprozess in den vergangenen Monaten immer wieder auch gegen Kritik aus der Weltkirche verteidigt. Nach dem Missbrauchsskandal würde ein einfaches „Weiter so“ die katholische Kirche zerstören, schrieb er zuletzt in einem Antwortbrief auf ein Schreiben der Nordischen Bischofskonferenz. Zugleich wies der Limburger Bischof Sorgen vor einer Anpassung an den Zeitgeist und einem Ausscheren der deutschen Katholiken aus der Weltkirche zurück.
(nzz – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.