Bischof Meier: „Wir können viel von Polen lernen“
Im schlesischen Gleiwitz ist diese Woche die Kontaktgruppe der deutschen und polnischen Bischöfe zu einem Austausch zusammengekommen. Das erste Treffen der Gruppe seit 2019, Vorsitzender der Gruppe von deutscher Seite ist der Augsburger Bischof Bertram Meyer. Mit ihm sprachen am Rande des Treffens die Kolleginnen und Kollegen von Radio Horeb:
„Also zunächst mal haben wir hier den polnischen Bischöfen gedankt und eine ganz große Wertschätzung ihnen gegenüber ausgesprochen, weil hier eine ganz andere Dimension von Flüchtlingszahlen da ist und weil hier nicht nur Soforthilfe geleistet worden ist, sondern auch versucht wurde, Kinder und Jugendliche möglichst rasch nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern auch menschlich zu integrieren. Also das ganze Thema etwa der Schulbildung, der Kindergärten, Integration ist von den polnischen Bischöfen ganz, ganz groß gemacht worden. Wir haben das auch noch mal hier deutlich gemacht, auch politisch. Da geht es ja nicht nur um Regierung. Hier geht es auch um die Kirche, dass nicht nur die Herzen, sondern die Hände, ja auch die Füße in Bewegung gekommen sind.“
Thema „Waffenlieferung“
Und dass Deutschland vor allem von den Polen jetzt lernen könne, sei ein großes Anliegen des Treffens fügt der Augsburger Bischof an. Auch das Thema „Waffenlieferung“ wurde angesprochen:
„Also es ist so, dass wir ganz klar gesagt haben, dass es sich um einen Angriffskrieg handelt von Seiten Putins und dass das reine Motto ,Frieden schaffen ohne Waffen´ nachjustiert werden muss. Es ist ganz entscheidend wichtig, dass die Ukraine sich wehren darf, weil sie attackiert worden ist und dass die Ukraine eine Art Stellvertreterkrieg auch führen muss. Denn wir befürchten, dass es am Ende nicht bei der Ukraine bleibt. In der Art der Waffenlieferungen haben wir uns nicht und groß unterhalten. Wir sind Bischöfe und keine Politiker. Aber wir haben ganz klar gemacht, dass ein rein pazifistischer Ansicht Ansatz Frieden schaffen ohne Waffen zu kurz greift.“
Ein weiteres Thema sei der Synodale Weg gewesen. Da wisse man, dass die polnischen Bischöfe dem Reformprozess in Deutschland kritisch gegenüberstünden. Konnte da noch mal eine Art versöhnliche Annäherung auch stattfinden?
„Also wir haben uns überhaupt nie auseinanderdividiert vorher. Wir haben, denke ich, zwei Schienen. Die erste Schiene ist die formale Schiene, dass wir sagen, wir wollen künftig auch schauen, dass Gespräche nicht immer gleich durch offene Briefe stattfinden. Also das Thema öffentliche Gespräche sind manchmal das Gegenteil von einem offenen Gespräch. Das ist das erste formal. Das zweite aber ist der Inhalt. Ich glaube, dass wir hier sehr viel voneinander auch lernen können. Zunächst mal: Die Probleme, die bei uns zum Teil sehr konstruktiv in Deutschland diskutiert werden, sind in Polen nicht ganz fremd. Aber wir müssen deutlich unterscheiden und das geben uns auch die polnischen Bischöfe mit auf den Weg. Was ist Kern und was ist Schale auch der katholischen Lehre und Moral. Und da haben wir, denke ich, auch noch eine Möglichkeit, auf dem synodalen Weg in Deutschland uns ein wenig neu auch zu justieren: was steht ganz oben, was ist unveränderlich, was ist der Kern – und von dem zu unterscheiden, was wir auch in der Kirche ändern können, müssen sollen? Hier differenzierter heranzugehen, das glaube ich, nehme ich auch mit aus diesem Gespräch der letzten zwei Tage.“
Der briefliche Austausch
Und der briefliche Austausch zwischen dem Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, Bischof Stanislaw Gadecki und Bischof Georg Bätzing hat ja noch mal eine Rolle gespielt. Bischof Meier:
„Das war der Ansatz des Formalen. Der hat aber keine Rolle gespielt in dem Sinne, dass wir hier Textanalyse gemacht hätten, sondern diese beiden Briefe stehen im Raum, sie sind öffentlich, und wir haben aber nicht eine Analyse der beiden Briefe vorgenommen, sondern wir wollten der Sache dienen. Und wir haben versucht, den synodalen Weg in Deutschland auch in den Kontext des kirchlichen synodalen Prozesses einzuordnen, den ja der Papst von allen katholischen Ortskirchen, sprich in allen Ländern sich wünscht. Das war unser Ansatz, weniger das Formale als vielmehr das Materiale, also der Inhalt einer geistlichen Reform der Kirche auch auf der Ebene der Neuevangelisierung.“
Der Augsburger Bischof weist auch darauf hin, dass die Zahl der geistlichen Berufungen in Polen enorm zurückgegangen sei, so wie dies in Deutschland der Fall sei. Die polnischen Bischöfe hätten auch beklagt, dass Seminarien, in denen mehr als 100 oder 200 Seminaristen waren, mittlerweile zur kleineren Kommunität geworden seien. „Also da sitzen wir auch in einem Boot. Aber ich denke, dass wir auch hier voneinander lernen können. Ich denke, dass wir den polnischen Mitbrüdern, aber auch der Kirche in Polen das weitergeben können, was kooperative Pastoral ist“, so Bischof Meier:
„Wir haben viele Berufsgruppen in Deutschland, für die wir dankbar sind, die wir aber natürlich auch bezahlen können. Das kann die polnische Kirche so gar nicht. Aber das ist auch ein Punkt, dass wir diesen Kranz, diesen Strauß von Berufsgruppen haben. Gleichzeitig können wir aber von den Polen einiges lernen, nämlich die Wertschätzung für geweihte Seelsorge, sprich für Priester. Und das könnte sein, dass das gerade bei uns in Deutschland etwas in den Schatten gerückt worden ist mit der Frage „Braucht es überhaupt noch Priester?“ Das ist in Polen selbstverständlich. Es braucht Priester, es braucht Priester, die den Menschen das Wort Gottes authentisch verkündigen, die ihnen die Sakramente spenden und auch im Dienst an den Nächsten am Beispiel Jesu sich orientieren, eben handeln. Also das, glaube ich, können wir auch lernen von unseren Brüdern, von der Kirche in Polen. Wie wichtig auch ein sakramentales Amt in einer Kirche ist, die sich katholisch nennt und wohl auch weiterhin katholisch bleiben will und soll.“
(radio horeb – mg)
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