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Bodhan Dzyurakh (links) im Gespräch mit Bischof Bätzing und dem ukrainischen Bischof Stepan Suss (rechts) auf dem Katholikentag Bodhan Dzyurakh (links) im Gespräch mit Bischof Bätzing und dem ukrainischen Bischof Stepan Suss (rechts) auf dem Katholikentag 

D/Ukraine: Brot und Salz als Zeichen offener Herzen

Offene Grenzen und offene Herzen: Von der Solidarität und herzlichen Aufnahmebereitschaft der deutschen Gesellschaft gegenüber den Menschen aus der Ukraine zeigte sich der Exarch für die katholischen Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien, Bohdan Dzyurakh, sehr beeindruckt. Im Gespräch mit Radio Vatikan schildert er die Herausforderungen, die mit dem Kriegsausbruch in seiner Heimat einhergehen.

Svitlana Dukhovych und Christine Seuss - Vatikanstadt

Erstmals hatte der am 18 Februar 2021 durch Papst Franziskus ernannte Exarch in diesem Jahr den deutschen Katholikentag miterlebt, bei dem auch der Situation in seinem Land große Aufmerksamkeit gewidmet worden war. Für ihn sei seine Versetzung nach Deutschland zunächst wegen der neuen Kultur und der neuen Aufgaben eine große Herausforderung gewesen, so der ukrainische katholische Bischof. Doch mit dem Angriff durch Russland auf die Ukraine am 24. Februar hätten sich diese Herausforderungen rapide gewandelt.

„Aber ich bin froh, dass wir hier in Deutschland eine enorme Hilfsbereitschaft erfahren haben und unsere deutschen Brüder und Schwestern, die ganze deutsche Gesellschaft hat uns mitgetragen und uns geholfen“, meint Dzyurach. In den ersten Tagen und Wochen sei es vor allem darum gegangen, die humanitäre Hilfe für die Ukraine zu organisieren und ins Land zu schicken. Dabei habe ihn beeindruckt, wie stark und konstruktiv die deutsche Gesellschaft bei der Bereitstellung der Hilfe reagiert habe: „Bei unserer Pfarrei haben sich Tausende von Menschen gemeldet, sie haben Tag und Nacht humanitäre Hilfe, Lebensmittel, Hygieneartikel mitgebracht, aber auch viel gespendet, so dass wir wochenlang jeden Tag mehrere LKWs nur aus unserer Pfarrei in die Ukraine schicken konnten. Unser Rekord war neun LKWs, die wir an einem Tag in die Ukraine geschickt haben!“

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Neun LKWs an Hilfen an nur einem Tag

Momentan gebe es etwa 1800 registrierte ehrenamtliche Mitarbeiter allein in seiner Pfarrei in München. Unter den freiwilligen Helfern seien überwiegend Deutsche, die zur Seite stehen und helfen, bemerkt Dzyurakh dankbar. „Das war die erste Herausforderung, die mit dem Krieg verbunden war. Zweitens: Wir haben natürlich an erster Stelle das Gebet um Frieden und um ein Ende des Krieges gestellt. Denn wir verstehen alle, dass Menschen die Kriege machen, aber der Friede kommt von oben, von Gott. Deshalb haben wir alle – und auch ich persönlich - an vielen Veranstaltungen, Gottesdiensten, Gebeten für Frieden in der Ukraine teilgenommen, nicht nur hier in München, sondern auch in vielen anderen Städten Deutschlands.“

„Wir verstehen alle, dass Menschen die Kriege machen, aber der Friede kommt von oben, von Gott“

Auch Benefizkonzerte ukrainischer Sänger und Musiker hätten zu großzügigen Spenden geführt, die der Unterstützung für die Opfer des Krieges in der Ukraine dienten. Doch viel gebe es auch für die Menschen zu tun, die den beschwerlichen Weg über die Grenze geschafft hätten, berichtet Dzyurakh: „Wir begleiten sie, wir beten für sie, wir organisieren für sie die Samstagsschule und so weiter. Deshalb: Wir fühlen uns jetzt einfach vereint, sowohl mit unseren deutschen Brüdern und Schwestern, als auch miteinander, um der Ukraine zu helfen, und auch den Ukrainerinnen und Ukrainern, die hierherkommen.“

„Wir sind für jedes Zeichen der Solidarität unserer Brüdern und Schwestern hier in Deutschland sehr sehr dankbar“

Für die Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, sei es nun äußerst wichtig, in Sicherheit zu leben, betont der Bischof, der für die Gläubigen in Deutschland und Skandinavien zuständig ist. Und genau diese Sicherheit fänden sie zum Glück in Deutschland: „Und das hilft ihnen auch, zu innerer Ruhe zu kommen, obwohl sehr viele noch weiterhin in Gedanken dort in unserer Heimat, in der Ukraine, sind. Zweitens, sie werden auch sehr gut versorgt und begleitet, vom Staat, aber auch von kirchlichen Gemeinden. Es ist eindrucksvoll, wie offen und großzügig sich Leute hier in Deutschland unseren Flüchtlingen gegenüber zeigen. Das ist etwas ganz Besonderes und es berührt uns sehr tief. Wir sind für jedes Zeichen der Solidarität unserer Brüdern und Schwestern hier in Deutschland sehr sehr dankbar.“

Ein Willkommen, das zu Tränen rührt

Eine junge Frau habe ihm erzählt, dass sie zwar erst vor zwei Monaten mit ihrer zehnjährigen Tochter hierhergekommen sei, doch dank der schnellen und unbürokratischen Hilfe bereits voll krankenversichert sei und auch eine Wohnung erhalten habe. „Und sie sagte, dass eines Tages, nachdem sie in diese Wohnung eingezogen war, an die Türe geklopft wurde. Das waren die Nachbarn, die Brot und Salz gebracht haben, um diese Familie auf diese ukrainische Weise zu begrüßen. Die Frau hat mir gesagt, dass sie in diesem Moment nur weinen konnte, denn das war so menschlich, so tief, so lieb… Und das sind keine Ausnahmen, im Gegenteil, alle unsere Leute finden hier in Deutschland nicht nur offene Grenzen, sondern auch und vor allem offene Herzen der Menschen, die hier leben. Und wir freuen uns, dass wir zumindest auf diese Weise diese Schrecken lindern können und dazu beitragen können, dass Ihre Wunden geheilt werden.“

Ukraine als Schwerpunktthema auf dem Katholikentag

Sein erster Katholikentag überhaupt habe ihn sehr beeindruckt, so der Ukrainer noch mit Blick auf das katholische Großereignis, das an diesem Wochenende in Stuttgart zu Ende gegangen war. Dzyurakh hatte unter anderem mit dem Rottenburger Bischof Gebhard Fürst das Friedensgebet für die Ukraine am Freitag geleitet. Nach einhelliger Meinung vieler Teilnehmer stellte dies einen der Höhepunkte des Katholikentages dar. Seine Gemeinschaft hätte sich jedenfalls sehr gründlich auf das Treffen vorbereitet, so Dzyurakh: „Seit einem Jahr hatten wir ein Organisationskomitee gebildet und wir haben das ganze Jahr hindurch sehr tüchtig gearbeitet. Unser Programm war sehr dicht, wir haben hier Mitarbeiter und Mitwirkende gefunden, die ihre Talente gezeigt haben, aber es ist uns auch gelungen, sehr talentierte Menschen aus der Ukraine zu gewinnen, die hierhergekommen sind, um auf verschiedenen Ebenen die Ukraine und ukrainische Anliegen zu vertreten.“

„Die Ukraine war überall anwesend, weil sich die Menschen hier in Deutschland betroffen fühlen von dem, was dort in unserer Heimat passiert“

Die Ukraine war angesichts des russischen Angriffskrieges eines der Schwerpunktthemen des Katholikentages geworden. Bei der Göttlichen Liturgie in der Kathedrale von Stuttgart habe es fast keine Plätze mehr gegeben, berichtet Dzyurakh stolz. „Die Ukraine war überall anwesend, weil sich die Menschen hier in Deutschland betroffen fühlen von dem, was dort in unserer Heimat passiert und sie wollen uns auf verschiedene Weise ihre Solidarität, ihre Nähe und ihr Mitgefühl zeigen. (…) Und das war sehr beeindruckend, wie tief die Menschen diese Tragödie miterleben, die unser Volk in der Ukraine jetzt erleiden muss.“

(vatican news)

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30. Mai 2022, 13:44