Für ein neues missionarisches Zeitalter
Das erklärte der Nationaldirektor für Österreich, Pater Karl Wallner, am Donnerstag in einem Interview mit Radio Vatikan.
Interview
„Es ist eine historische Vollversammlung. Wir treffen uns ja jährlich – die ungefähr 130 Nationaldirektoren, die es weltweit gibt – in Rom, und normalerweise mit dem Höhepunkt, dann dem Heiligen Vater zu begegnen. Das ist diesmal leider nicht der Fall; aber wir feiern genau 200 Jahre nach der Gründung des Werkes der Glaubensverbreitung von Pauline Jaricot (1799-1862) in Lyon, und es sind 100 Jahre vergangen, seit Pius XI. uns zu Päpstlichen Missionswerke erhoben hat. Wir spüren unserem Ursprungs-Charisma nach, und deshalb findet diese Vollversammlung erstmals in Lyon statt.
Das ist sensationell, weil wir hier wirklich der Laiin Pauline Jaricot mit ihrem Charisma begegnen! Und der Höhepunkt besteht diesmal darin, dass sie am Sonntag seliggesprochen wird. Wir sind dann alle dabei und freuen uns sehr, denn diese Frau war wichtig für die Weltkirche.“
Was war das für eine Frau?
„Sie war beseelt – sie hat einfach innerlich gebrannt. Das war in Frankreich ja lange schon vorbereitet worden, etwa durch die Herz-Jesu-Erscheinungen. Jesus sehnt sich nach der Liebe aller Menschen: Das hat sie sehr tief geprägt. Wir waren gestern in ihrem Haus, wo sie gelebt und gestorben ist; sie hat einfach gebrannt dafür, dass alle Menschen von der Liebe Christi erfahren. Und so ist es dieser Laiin gelungen, einen völlig neuen Typ von Mission zu entwickeln, der nichts zu tun hat mit Kolonisation oder Kulturisation, sondern einfach damit, die Liebe Jesu zu verbreiten.
Das hat mit dem Gebet angefangen: Sie hat den ‚lebendigen Rosenkranz‘ gegründet. 2,4 Millionen Franzosen haben dann täglich ein Gesetz des Rosenkranzes gebetet. Dann hat sie einen Cent – also umgerechnet einen ‚Sou‘, das ist heute ein Cent - pro Woche eingesammelt: kleinste Beträge, so dass alle mitmachen konnten. Dadurch wurde Weltmission zu einem Anliegen des Volkes Gottes, und deshalb ist Weltmission auch geworden. Im 19. Jahrhundert gehen Missionare von Frankreich in alle Kontinente hinaus, und es entsteht wirklich etwas Großes. Pauline Marie Jaricot, die bald Selige, ist also zu Recht Mutter der Weltmission: Es gibt kein anderes Wort, das besser ihre Rolle beschreiben würde.“
Wenn man solche Geschichten vom Aufbruch hört, dann denkt man fast wehmütig: Meine Güte, das war die gute alte Zeit, die kommt nicht wieder…
„Na ja – also, es war gestern (Mittwoch) für mich sehr berührend… Wir hatten eine Messe an ihrem Grab, und da haben sich diese ganzen Nationaldirektoren aus den afrikanischen und asiatischen Ländern, aus den südamerikanischen Ländern niedergekniet auf ihrem Grab, mit einer Dankbarkeit… Ich habe dann einen gefragt: Was bewegt Sie? Und da hat er gesagt, als Tansanier: Ja, ohne Pauline wäre der christliche Glaube nicht zu uns gekommen. Ohne Pauline wäre ich vielleicht heute nicht Christ… Also, es ist schon Aufbruchstimmung, weil die Kirche überall wächst. Wir haben eine sehr starke Kirche in den Ländern des Südens, mit großer Glaubenskraft und Begeisterung. Für mich ist es immer eine beglückende Erfahrung, Vertreter der jungen Weltkirche zu treffen: Die haben Hoffnung, und die geben Hoffnung!“
Der ‚lebendige Rosenkranz‘, den Sie erwähnt haben, ist genau 200 Jahre alt. Die Päpstlichen Missionswerke feiern 100 Jahre- und dazu kommt noch 400 Jahre Kongregation, bald Dikasterium für die Evangelisierung der Völker. Wie feiern Sie all das?
„Na ja, und es kommt noch dazu, dass die Kongregation für die Evangelisierung an erster Stelle aufrückt bei der Kurienreform und der Papst selber die Präfektur übernimmt. Das wird schon darin deutlich, dass die Kurienreform den Titel ‚Praedicare Evangelium‘ trägt – Verkündet das Evangelium. Und das genau ist unsere Grundaufgabe!
Wir Päpstlichen Missionswerke haben auch strukturelle Probleme, das sehen wir, und das ist auch Thema hier bei der Vollversammlung. Es genügt nicht, einfach die Kurie zu reformieren, sondern wir müssen auch die einzelnen Institutionen reformieren. Aber an und für sich ist die Aufgabe heute – 2022 – genauso aktuell wie 1822 – und heute vielleicht noch aktueller, weil wir ja mittlerweile diesen Einbruch in unseren alten christlichen Ländern haben. Bei uns schrumpft alles dahin, und man muss den Glauben jeder Generation wieder neu verkünden, denn den kannst du nicht in einen Koffer packen, den Glauben, den muss sich jede Generation neu erobern.
Und leider, muss man wirklich sagen, ist das missionarische Zeitalter, das man eigentlich auch hätte erwarten können nach dem Zweiten Vatikanum von den Dokumenten und den Texten her, bei uns nicht umgesetzt worden. Also ,da gibt es viel zu tun. Ich sehe das vor allem als Challenge: Weltmission ist nicht am Ende, sondern am Anfang! Und wir brauchen Weltmission, damit Weltkirche weiter den Menschen Hoffnung und Zukunft gibt.“
(vatican news – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.