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Abtreibung: Grund ist oft Druck durch Dritte auf Schwangere

Frauen in einem Schwangerschaftskonflikt werden häufig durch Dritte aus ihrem Umfeld unter Druck gesetzt, besonders oft durch den Kindesvater. Das zeigen deutsche Medizinethiker in einer Studie, die jetzt im Fachjournal „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ erschienen ist.

Angesichts des hohen Anteils von äußeren Zwängen, die Frauen zu einem Schwangerschaftsabbruch drängen, sollten Ursachen und Motive von konflikthaft erlebten Schwangerschaften umfassend erhoben werden, empfehlen die Forscher laut einem Bericht des in Wien ansässigen Instituts für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE). So könne man betroffene Frauen besser unterstützen.

Anders als in Österreich werden in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche statistisch erfasst. Es sind jährlich rund 100.000, wobei die Datenlage zu Gründen des Schwangerschaftskonflikts vorerst dünn ist. Eine Beratung vor einer Abtreibung ist in Deutschland verpflichtend, Ursachen oder subjektive Gründe für den Schwangerschaftskonflikt müssen aber keine angegeben werden und sind somit nicht erfasst. Für ihre Erhebung entschieden sich die Forscher um Axel W. Bauer vom Institut für Ethik, Geschichte und Medizin an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg deshalb auf Protokolle der Telefon- und Onlineberatungsstelle Vita-L.

Vita-L sieht sich als Ergänzung zu den klassischen Beratungsstellen, hat eine 24-Stunden-Hotline und berät Frauen aus einem systemischen Ansatz heraus. Dies beinhaltet die Aufklärung über einen Schwangerschaftsabbruch und die Stärkung von Ressourcen. Selbstbestimmung werde „nicht von jeder Frau als Privileg", sondern könne „auch als Belastung empfunden" werden, heißt es seitens der Einrichtung. Entsprechende Beratungsgespräche müssen daher möglichst gründlich die Ursachen für den Konflikt eruieren, um zu erkennen, auf welche Hilfen die betroffene Frau angewiesen ist, um ein Austragen des Kindes überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Beziehung häufigster Konfliktgrund

Das Forschungsteam untersuchte anonymisierte Protokolle von 1.668 Konfliktfällen der Beratung aus den Jahren 2012 bis 2018. Dabei zeigte die systematische Analyse, dass „Partnerschaftsprobleme" am häufigsten genannt wurden, gefolgt mit deutlichem Abstand von biografischen Gründen, Überforderung und äußerem Druck. Allerdings schreiben die Autoren: „Die Konfliktgründe 'Kindesvater will das Kind nicht', 'Druck durch Familie' und 'Druck durch Umfeld' haben gemeinsam, dass sie eine druckausübende Beeinflussung Dritter auf die Frau und ihre Schwangerschaft darstellen". Addiere man diese Konfliktgründe zu einer gemeinsamen Gruppe („Druck durch Dritte"), so ergebe sich, dass mehr als 30 Prozent aller Hauptgründe für den Schwangerschaftskonflikt durch den Einfluss Dritter auf die Schwangere bedingt sind.

Ein eher geringer Anteil der Frauen nannte materielle Sorgen und medizinische Gründe. Vergewaltigung war der am seltensten genannte Konfliktgrund. Im Jahr 2021 war bei 99.948 Abtreibungen in Deutschland in 0,00029 Prozent (29 Fälle) eine Vergewaltigung Grund für die Entscheidung dazu.

Nicht selten scheinen Frauen also einen Schwangerschaftsabbruch zu erwägen, weil sie nicht die notwendige Unterstützung ihres Umfeldes - insbesondere die des Kindesvaters - erhalten oder sogar zu einem Abbruch genötigt werden, stellen die Autoren fest. Damit relativiere sich die einseitige Argumentation, wonach Abtreibung vor allem eine selbstbestimmte Entscheidung von Frauen sei.

Restriktive Regeln auch Schutz von Frauen

Restriktive Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs und eine Konfliktberatung, die versucht, die Gründe für den Konflikt zu eruieren und Alternativen zu einem Abbruch zu eröffnen, seien daher nicht eindimensional zu betrachten: Sie würden nicht nur das ungeborene Kind schützen, sondern auch die Interessen einer nicht unbedeutenden Anzahl von Frauen im Schwangerschaftskonflikt, so die Studienautoren.

(kap – gs)

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29. Juli 2022, 11:28