Edith Stein-Gedenken: „Wozu der Mensch ohne und gegen Gott fähig ist“
Auf Einladung des Krakauer Erzbischofs Marek Jedraszewski war Bischof Meier Gast bei der internationalen Gedenkveranstaltung. „Wozu der Mensch ohne und gegen Gott fähig ist, das sehen wir an diesem Ort.“ Auschwitz sei ein Ort des Todes und auch der Ort des gewaltsamen Todes von Edith Stein, der hl. Karmelitin Teresia Benedicta vom Kreuz, so Bischof Meier.
Das Morden und Leiden, die Verzweiflung, aber auch das Hoffen gegen alle Vernunft prägten den Grund, auf dem wir stehen, betonte Bischof Meier. Er stellte dabei auch die Frage, die viele Theologen gestellt hätten: ob man nach Auschwitz noch beten könne. Dies sei möglich, ja uns aufgetragen, so der Bischof, weil unzählige Opfer des Grauens ihrerseits ihre Gebete an diesem Ort vor Gott getragen hätten. Gerade Edith Stein fordere auch heute dazu auf, das Gebet nicht zu vergessen. „Es war der Glaube an die Auferstehung von den Toten, der die Philosophin Edith Stein anzog, als sie sich dem Christentum zuwandte. (…) Dies war ihr ganz persönlicher Glaubensweg. Er darf keinesfalls zu einer voreiligen Vereinnahmung oder unzulässigen Verallgemeinerung führen. Was für Edith Stein zu einer im Letzten beglückenden mystischen Erfahrung wurde, was sie biografisch als tiefe und unlösbare Verbindung ihres Jüdischseins mit dem Glauben an die christliche Verheißung erlebte“, so Bischof Meier. Er fügte hinzu: „Weil wir wissen, wie furchtbar Edith Stein hier an diesem Ort um ihr Leben gebracht wurde, stehen wir ehrfürchtig vor dem Geheimnis ihrer innigen Gottesbeziehung. Wir können nicht anders, als kindlich zu stammeln: Heilige Teresia Benedicta, die Du dem Herrn auf seinem Kreuzweg nachgefolgt bist, hilf auch uns, Menschen zu werden, die sich für den so bedrohten Frieden einsetzen! Du Patronin Europas, stärke die Kräfte des Friedens in Europa und in der Welt!“
Edith Stein: ihrer Zeit und der Kirche weit voraus
Bischof Meier würdigte Edith Stein als Persönlichkeit, die ihrer Zeit, auch der katholischen Kirche, weit voraus war: „Sie hat uns mit ihrer Solidarität für ihre jüdischen Schwestern und Brüder und für alle Gedemütigten und Entrechteten einen Weg gewiesen. Einen Weg, der viele schmerzhafte Einsichten für uns bereithielt, da er uns als Kirche auf unser Versagen hinwies. Nach der Schoa mussten wir uns unserer Schuld stellen.“ Gerade jetzt dürfe sich die Kirche nicht ausruhen „auf den Bemühungen derer, die vor uns Verantwortung getragen haben. Immer wieder flammt der Antisemitismus in Europa, in Deutschland auf.“ Mit Blick auf die europäische Dimension betonte Bischof Meier: „Es ist sehr bedeutsam, dass wir hier heute als Polen und Deutsche gemeinsam stehen. An diesem Ort des Leidens jüdischer Menschen, des Leidens von Polen, aber auch vieler Menschen anderer Nationen. Wir erinnern das Leben der deutschen Jüdin, Philosophin und katholischen Ordensschwester Teresia Benedicta vom Kreuz – und denken zugleich an all die anderen, die hier ermordet wurden.“
Zum Abschluss unterstrich Bischof Meier: „Viele von uns sind als Repräsentanten gekommen – wir sollten immer auch Multiplikatoren sein: In uns muss das Licht brennen, das sich gegen die Dunkelheit der Unwissenheit, der Ablehnung und des Hasses stellt. Den jungen Menschen rufe ich daher zu: baut aktiv am Frieden mit, lasst Euch nicht instrumentalisieren für die Machthaber dieser Welt, übernehmt die Verantwortung für Euer eigenes Leben und sucht Euch Verbündete unter den Heiligen – den lebenden und den verstorbenen.“
(dbk - skr)
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